Angela Merkel wird immer beliebter
Obschon die Deutsche Bundeskanzlerin das konkrete Aussagen vermeidet und sich bei Auseinandersetzungen absetzt und gleichsam von der Metaebene aus regiert, wächst bei der Bevölkerung der Beliebtheitsgrad.
Merkel ist fleissig, intelligent und pflegt ihren Brand ganz bewusst in den Medien. Sie kleidet sich uniform-mässig, wie man es in der DDR gewohnt war. Jetzt sind es Blazer in verschiedenen Farben.
Ich verfolgte ihr Erscheinungsbild während ihrer politischen Laufbahn und werde mich später darüber ääussern.
MERKELS KOALITIONSBILANZ
Die Alles-ist-gut-Kanzlerin
Sommertheater 2008: Der Außenminister stichelt gegen die Kanzlerin, Parteifreunde spekulieren schon mal über ein vorzeitiges Ende der Regierung. Doch Angela Merkel hält eisern durch - und lässt sich die Große Koalition ja nicht kleinreden.
Pünktlich vor der Sommerpressekonferenz der Kanzlerin hat der Außenminister und Vizekanzler noch einmal nachgelegt. In der "Zeit" wird Frank-Walter Steinmeier an diesem Tag mit dem Satz zitiert, er halte die Debatte über Barack Obamas Rede vor dem Brandenburger Tor "für kleinlich". Es ist eine erneute Stichelei gegen die Kanzlerin. Angela Merkel hat sich bekanntlich gegen einen Auftritt des demokratischen US-Senators vor dem Symbol der deutschen Einheit ausgesprochen.
Sie habe ihre Meinung "einfach zum Ausdruck gebracht, das wird ja in einem freien Land möglich sein", sagt die Kanzlerin dann im Saal der Bundespressekonferenz. Und fügt hinzu:
"Manchmal wird ja gesagt, ich hab' keine Meinung."
Merkel gegen Steinmeier - es ist auffällig, wie oft in den vergangenen zwei Wochen beide öffentlich auseinanderlagen. Deshalb wird die Kanzlerin gleich zu Beginn ihres Auftritts danach gefragt, warum sie eigentlich nicht mit dem Vizekanzler erschienen ist. Schließlich sei sie mit Franz Müntefering am selben Ort dreimal aufgetreten. Es ist eine verfängliche Frage, denn Steinmeier könnte der nächste Spitzenkandidat der SPD sein.
Angela Merkel lässt sich nicht beirren. Sie wolle einen Auftritt mit ihrem Vize in Zukunft nicht ausschließen, aber das sei auch immer "von der Sache abhängig". Heute sei sie in der "Tradition der Einzelpressekonferenz" hier. Im Übrigen habe sie heute "ausführlich mit dem Vizekanzler gesprochen", auch habe es eine "harmonische und intensive Kabinettssitzung" gegeben.
Alles ist gut, lautet die Botschaft. Oder in den Worten Merkels: Alle Minister bekämen die Gelegenheit, sich zu profilieren.
Nur nicht die Koalition kleinreden lassen
Auftritte der Kanzlerin vor der Bundespressekonferenz sind für Journalisten immer eine Gelegenheit, all das zu fragen, was sich angestaut hat. Und so wird Merkel auch mit Bemerkungen ihres Parteifreundes Peter Müller konfrontiert, der vor fast zwei Monaten öffentlich über ein vorzeitiges Ende der Großen Koalition nachgedacht hatte. Auf den saarländischen Ministerpräsidenten angesprochen sagt Merkel, sie erwarte, dass sich nicht nur SPD und Union "zusammensetzen und zusammenraufen". Das gelte auch für das Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Wenn man die "Kraft und den Willen" dazu nicht aufbringe, dann würden die Wähler bei den nächsten Wahlen den Verantwortlichen "wenig Ernsthaftigkeit" vorwerfen.
Eines wird an diesem Mittwoch schnell klar - die Kanzlerin will sich vor ihrem Urlaub die Große Koalition nicht kleinreden lassen. Merkel liegt offenbar auch daran, in der Bundespressekonferenz dem unterschwelligen Vorwurf zu begegnen, die Große Koalition verwalte nur noch den Stillstand. Und so zählt sie eine Reihe von Projekten auf, die noch anstehen:
- Da gebe es die Gesundheitsreform mit dem Gesundheitsfonds, die zwar angeschoben, aber noch nicht umgesetzt sei,
- im Herbst sei über die Erhöhung des Kindergeldes und Kinderfreibetrags zu entscheiden,
- da sei die Erbschaftsteuerreform,
- die Fortsetzung der Haushaltspolitik
- sowie der Bildungsgipfel zwischen Bund und Länder
Merkel, die arbeitende Kanzlerin - das ist eine der Botschaften, die an diesem Tag vermittelt wird. "Mein Ziel ist es, die Sacharbeit weiterzuführen." Diese Voraussage könne sie für den Herbst machen, fügt sie ironisch hinzu.
Von der Innen- zur Außenpolitik und zurück
Die Kanzlerin in der Bundespressekonferenz, das ist aber auch immer Angela Merkel als CDU-Vorsitzende. Ihr größter Wunsch für dieses Jahr? Dass die CSU "50 plus X" erreiche.
Wen sie lieber habe als Konkurrenten ums Kanzleramt, SPD-Chef Kurt Beck oder Steinmeier? Antwort: "Ich nehme die Dinge so, wie sie kommen."
Erst am Wochenende hatte Merkel erneut für eine schwarz-gelbe Koalition nach 2009 geworben. FDP-Chef Guido Westerwelle hat darauf eher verhalten reagiert.
Es ist, wie bei Sommerpressekonferenzen der Kanzler üblich, ein buntes Repertoire an Themen, das abgefragt wird - an diesem Tag geht es von Mindestlöhnen und Umfrageergebnissen zu Managergehältern und Atomkraft, von der Lage im Libanon zum drohenden Arbeitsplatzabbau bei Siemens in Tschechien, von den Problemen auf dem Balkan zur künftigen Leitung der Wagner-Festspiele in Bayreuth. Eines aber durchzieht das Frage-Antwort-Spiel - der kommende Auftritt von Barack Obama. Am Donnerstag wird der designierte US-Präsidentschaftskandidat vor seinem abendlichen Auftritt an der Siegessäule am Vormittag von der Kanzlerin empfangen.
"Wichtige Erfahrung" mit Obama
Auf die Frage nach seiner Persönlichkeit sagt sie diplomatisch, wer sich durch den US-Vorwahlkampf geschlagen habe, der sei "durchaus mit guten Kräften ausgestattet - physisch, psychisch und politisch".
Für Merkel ist die Zusammenkunft mit Obama eine Premiere. Den republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain kenne sie aus der Vergangenheit von der Münchner Sicherheitskonferenz, sagt sie. Insofern sei ihr morgiges Treffen mit Obama "eine wichtige Erfahrung".
Was wird sie ihm sagen, falls Obama sie auf ein verstärktes deutsches Engagement in Afghanistan anspricht? Auf die tausend zusätzlichen Soldaten hinweisen, die Deutschland nach Afghanistan nun schicken wolle, sagt sie. Deutlich machen, dass sich Deutschland verstärktem Engagement nicht entziehe. Aber auch "unsere Begrenzungen" aufzeigen - so wie sie es auch gegenüber dem jetzigen US-Präsidenten tue.
Wenn Obama in Berlin um 19 Uhr spricht, wird die Kanzlerin nicht mehr in der Hauptstadt sein. Dann sei sie "hoffentlich schon in Bayreuth", sagt sie. Dort will Merkel, eine bekennende Opernliebhaberin, der Eröffnung der Wagner-Festspiele beiwohnen. Aufgeführt wird "Parsifal". "Vielleicht" schalte sie um 19 Uhr den Fernseher ein, sagt sie und fügt nach einer Pause hinzu: "Um natürlich die 'Heute'-Nachrichten zu sehen."
Da lacht der Saal.
Kommentar: Die Bundeskanzlerin gelang es, der Bevölkerung das Gefühl zu vermitteln: Ich habe alles im Griff. Ich kann deshalb beruhigt in die Ferien fahren.
Wenn ich zurückkomme, werde ich das Land weiter so regieren, dass alle gut schlafen können.
Die Journalisten wurden mit Merkels Art des Kommunizierens besänftigt. Die Pressfotografen werden sich beim bevorstehenden Opernbesuch wieder dem Outfit der Kanzlerin widmen und rätseln, weshalb sie welchen Ausschnitt gewählt hat.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen