Mittwoch, 3. Januar 2007

Deutsche in der Schweiz nicht willkommen?

Nicht alle Deutsche werden wie Gerhard Schröder in der Schweiz mit offenen Armen empfangen. Immer noch gibt es Ressentiments auf die "Sauschwaben", die uns sagen, wo's lang geht. In den Führungsetagen, in Spitälern und Universitäten besetzen immer mehr deutsche Einwanderer Schlüsselpositionen. Ob dies vielen Schweizern Angst macht?

In 20 Min lesen wir heute:

Die Deutschen sind die am schnellsten wachsende Einwanderergruppe in der Schweiz. Bei vielen Schweizern weckt das tief liegende Ängste. So haben es Deutsche oft schwer, sich in der Schweiz zu integrieren. Nicht selten stossen sie auf Ablehnung.

«Geh doch heim ins Reich»

Unternehmensberater Maximilian Fenske hat beispielsweise in St. Gallen studiert - und viel Negarives erfahren. Besonders schwer sei es am Anfang gewesen, als er noch kein Schweizerdeutsch verstand.

«Selbst wenn ich darum bat, Hochdeutsch zu sprechen, fuhren viele in Schweizerdeutsch fort.»

Auch offene Ablehnung hat Fenske erlebt. So erinnert er sich an den Spruch: «Geht doch heim ins Reich.» Gefallen ist er auf dem Fussballplatz der Uni, als es zwischen Deutschen und Schweizern um die Platzbelegung ging.

Die meisten Deutschen können sich solche Episoden nicht vorstellen. «Die Deutschen wissen nicht, wie sie in der Schweiz gesehen werden», sagt Jens Wiese. Der IT-Spezialist lebt seit sechs Jahren in der Schweiz und ist Autor eines Blogs, der sich mit den Tücken des Schweizer Alltags befasst. «Viele Schweizer betrachten die Deutschen als arrogant.» Andererseits herrsche bei den meisten Deutschen die «grosse Ahnungslosigkeit». Zumeist haben sie eine völlig falsche Vorstellung über das Land und finden die Sprechweise der Schweizer amüsant. Und sie gingen von derselben Mentalität aus. Dabei - so Wiese - sei die Schweiz quasi ein anderer Kulturkreis. «Die Schweizer haben ein starkes Harmoniebedürfnis. Sie sind weniger direkt und weniger hierarchisch.» Auf deutsche Einwanderer lauern einige Fettnäpfchen. Etwa, wenn sie laut reden oder sich mit dem für Schweizer Ohren zu saloppen «tschüss» verabschieden.

Auf die «Sauschwaben» geschimpft

«Bereits im 15. Jahrhundert schimpften die Eidgenossen auf die 'Sauschwaben'», sagt Thomas Borer, ehemaliger Botschafter in Deutschland. Während des Zweiten Weltkriegs habe die Abneigung gegen die Deutschen ihren Höhepunkt erreicht. «Das hat vor allem die ältere Generation zutiefst geprägt», meint er. Heute empfindet er den Anti-Deutschen-Reflex viel geringer. «Ich denke, dass es heute einfach um die Behauptung des Kleinen gegen das Grosse geht». Es könne jedoch sein, dass sich in letzter Zeit die Animositäten wieder verstärkten, weil viele Schweizer um ihren Arbeitsplatz fürchteten.

Kommentar:

In Neuhausen aufgewachsen, habe ich selbst erlebt, wie wir nach dem zweiten Weltkrieg gewisse neureiche Deutsche, die mit dem Mercedes an den Rheinfall fuhren, bei uns das Bild von arroganten Deutschen geprägt hatten (Es waren jene Geschäftleute, die in den Ruinenstädten sehr schnell ihr Geld machten). Dies führte dazu, dass viele Schaffhauser, Aufenthalte im "arroganten" Deutschland bis heute meiden. Ich erlebte es immer wieder, dass in unserer Grenzregion viele davon ausgingen, dass alle Deutschen arrogante, überhebliche "Ellbogentypen" sind. Später arbeitete ich mit einem deutschen Diplompsychologen jahrelang zusammen und lernte das nördliche Nachbarland vor Ort kennen, auch unzählige angenehme, interessante Menschen. Dadurch wurden bei mir die Vorurteile rasch korrigiert und ich erkannte, dass es in Deutschland wie in der Schweiz gleich viele rücksichtslose Menschen gibt. Heute haben wir in Deutschland einen grossen Freundeskreis. Nach meinem Dafürhalten hat die Ablehnung "Fremden gegenüber" immer etwas mit der entsprechenden Anzahl zu tun. Sobald die Eigenständigkeit, der eigenen Arbeitsplatz bedroht ist, kommt es zwangsläufig zu einer Ablehnung.

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