Dienstag, 2. Juni 2015

Was bedeutet Klatsch für die Gesellschaft?

Zum Phänomen Klatsch und Tratsch


Der Erfolg der Regenbogenpresse kommt nicht von ungefähr.

Letztes Jahr beleuchtete ich das Phänomen im Treffpunkt auf Radio SRF 1. Damals war ich im Studio Zürich vor Ort:

Ich zitiere den damaligen Beitrag. Aus Knill-Blog:

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Schon gehört? Klatsch ist gesund!

SRF schrieb damals:

«Es ist schlimm, wenn alle über einen reden», schreibt Oscar Wilde, «aber es ist noch schlimmer, wenn keiner über einen redet.» Auf den ersten Blick hat Klatsch etwas Anrüchiges. Doch Wissenschaftler haben herausgefunden: Klatsch ist gesund!
Zwei Frauen tratschen.
Bildlegende: Eine holländische Studie beweist, dass Klatsch sogar gesund ist. Colourbox
Es ist doch so: Wenn sich Klatsch und Tratsch ankündigen, hören wir gerne hin, und wir klatschen selber auch gerne.
Eine holländische Studie hat jetzt bewiesen: Klatsch ist wichtig für uns Menschen. Denn Klatsch über andere liefert uns Informationen, damit wir uns selber besser einschätzen können. Der «Treffpunkt» erklärt, warum das so ist. Dies dürfen Sie gerne weiter erzählen!
Klatsch bei Radio SRF 1: So tönt es bei uns

Moderation: Mike La Marr, Redaktion: Fredy Gasser






KLATSCH das Thema  im Treffpunkt Radio SRF 1

KLATSCH ist nicht gleich KLATSCH
(Meine gedankliche  Vorbereitung für das Radiogespräch im Studio Zürich)

Generell zeigt sich:
KLATSCH ist unterhaltend
-  ist spannend
- weckt Freude (Schadenfreude)
- ist möglicherweise ein Bedürfnis der Menschen
- ist die effizienteste Form Geschichten zu verbreiten (analog Gerüchte)

Alle kennen das Phänomen der beschleunigten Verbreitung.
Wird gesagt "Bitte nicht weiter erzählen!"- dann steht fest: Die Aussage verbreitet sich in beschleunigter Form.

KLATSCH - als "Flurfunk" bekannt - ist damit auch eine gefährliche Form gesellschaftlicher Unterhaltung.
Man spricht über Menschen, die nicht anwesend sind - hinter vorgehaltener Hand (hinterrücks).

Deshalb wird KLATSCH auch  als"Afterrede" bezeichnet.

Er wird mit dem treffenden Verb Verb "HECHELN" verbunden.
So wie die Fasern mit Hecheln getrennt werden, wird eine Person beim KLATSCH "durchgehechelt"
(zerzaust).



KLATSCH wird wohl nie aussterben.
Menschen können Dampf ablassen. Somit ist KLATSCH eine gefährliche Notwendigkeit.

KLATSCH ist uralt. Historisch gesehen besteht KLATSCH, seit es Sprache gibt.
Es gibt Abbildungen von Waschweibern, die tratschen und sich über andere lustig machen.


KLATSCH  dient der sozialen Kontrolle.
KLATSCH ruft auf, sich an die Regeln zu halten.
Er stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Er entlastet, weil man Dampf ablassen kann.
Vielleicht kann er sogar mit beitragen, dass jemand verbessert,
weil er nicht will, dass man über ihn klatscht.

Insoweit ist KLATSCH positiv:

Er kann zur sozialen Stabilität beitragen.
Wer bei Klatschrunde dabei ist, erfährt wichtige interne Informationen
(Entlassungen, bevorstehende Beförderungen usw).
Ich kenne eine Institution, die hat im 5. Stock einen Raucherbalkon.
Mir wurde gesagt, wer  dort nicht dabei sei, habe ein Informationsdefizit.
Auf dem Balkon stehen somit auch Nichtraucher in der Klatschrunde.

KLATSCH bringt Farbe in den grauen Alltag.
Für viele ist es wie das Salz in der Nahrung.

KLATSCH ist - wie angedeutet - auch gefährlich und hat viele
negative Seiten:

KLATSCH weckt ungute Gefühle.
Wer klatscht - aber auch wer zuhört - hat meist ein schlechtes Gewissen.
Man weiss genau, dass nicht indirekt sondern unter vier Augen Ungereimtheiten ausgetragen werden sollten.

KLATSCH kann der eigenen Karriere schaden und Beziehungen zerstören.
Er schädigt den Ruf, das Ansehen.
Selbst wer nur zuhört, lasst sich durch gestreute, versteckte Vorurteile beeinflussen.
Angenommen ein Mitarbeiter erzählt, der Chef sei auch zu Hause ein unmöglicher Kontrollfreak,
könnte bewirken, dass man beim Chef bei jeder normalen Kontrollen den Kontrollfreak sieht.
 Selbst derjenige, der beim Klatschen die Lacher auf seiner Seite hat, schädigt sich selbst.
Ich stellte in meinem Beruf  fest, dass jemand über ein Teammitglied  gelästert hat. Er sei hinterhältig und habe einen schlechten Charakter.
Nachher aber im Plenum war der Lästerer mit dem Angeschwärzen überfreundlich und zeigte sich mit ihm sehr verbunden.
Für mich wurde der Lästerer durch dieses Verhalten unglaubwürdig. Ich sprach in später unter vier Augen an über meine Beobachtung und sagte ihm:
"Ich bin recht irritiert. Du hast  vorhin über XY geschnödet und ihn als unmöglichen, hinterhältigen Typen beschrieben. Dann wars Du aber vor ihm so überfreundlich, wie mit dem besten Freund. Du bist ebenfalls freundlich zu mir. Wie soll ich nun wissen,  ob Du nicht auch so negativ über mich sprichst, wenn ich abwesend bin?"
Diese konkrete Frage wirkte  sich langfristig positiv aus.



LINKS:

Klatschkommunikation - Rhetorik.ch

www.rhetorik.ch/Klatsch/Klatsch.html
06.09.2002 - Jede Firma, jede Organisation kennt ebenfalls eine interne Klatschkommunikation. Klatsch gedeiht auch gut im Zeitalter des Internets.
Gerüchte
8. Febr. 2003 ... Kein anderes Medium löst mit ähnlich geringem Aufwand so viel Wirkung aus, wie ein Gerücht. Ob man will oder nicht, Gerüchte sind und ...
www.rhetorik.ch/Geruecht/Geruecht.html
22. Nov. 2007 ... Kein anderes Mittel löst mit ähnlich geringem Aufwand so viel Wirkung aus wie ein Gerücht. Gerüchte sind eine effiziente Form der ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/07/11_22/index.html

17 Nov. 2014
KLATSCH ist unterhaltend - ist spannend - weckt Freude (Schadenfreude) - ist möglicherweise ein Bedürfnis der Menschen - ist die effizienteste Form Geschichten zu verbreiten (analog Gerüchte) Alle kennen das Phänomen ...
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Aktuell musste ich  nochmals für das Radio (SRF 1) für  den "Doppelpunkt" vom 2. Juni zu der Thematik "KLATSCH" Stellung nehmen.
Der Radiojournalist Rouven Born plante eine Radio-Hintergrundsendung d.h. eine  Reportage
über Klatschhefte („Yellow Press“) wie „Frau im Spiegel“, „Bild der Frau“, „Das goldene Blatt“ etc. und besuchte mich in Uhwiesen.
Bildergebnis für klatsch und tratsch
In der Reportage will er der Frage nachgehen, warum sich solche Zeitschriften in der Schweiz oft zahlreicher verkaufen, als beispielsweise journalistische hochstehende Nachrichtenhefte (wie „Der Spiegel“ etc.). 

Der Grund: Klatschhefte entspannen, können unterhalten, benötigen keinen geistigen Aufwand.
Die banalen Geschichten lenken vom Alltagsstress ab.
 

In der Sendung soll auch ein Chefredaktor einer Klatsch-Zeitschrift zu Wort , sowie Kritiker und Leser.

Der Journalist wünscht von mir, dass ich das Phänomen dieser Klatschzeitschrift aus der Sicht eines Kommunikationsberaters beleuchte. Er stellte mir  folgende Fragen:

- Wer liest diese Hefte?

Eigenartigerweise sagen alle, sie lesen keine Klatschheftchen. Weshalb dann die halbe Milliarde Hefte pro Jahr, die verkauft werden? Es sind nicht nur Frauen. Die Regenbogenpresse wird somit nicht nur beim Coiffeur konsumiert.
So wie wir alle anfällig sind für Klatsch und Tratsch, neigen alle Personen mit einer Priese Neugierde, zu den Lesern vor allem zu den Kolporteuren von Klatschgeschichten.
 
 
- Warum werden diese Hefte gelesen (teilweise im Wissen, dass wahrscheinlich nicht alles stimmt, was dort steht)?


Die attraktiven Titel machen neugierig.Klatsch ist wie eine Droge. Weckt Freude (Schadenfreude), kann sogar den sozialen Kontakt fördern, wenn die Klatschgeschichte nicht das eigenen Team betrifft (Kann sich positiv auf die soziale Stabilität auswirken). Klatsch kann Arbeitsgruppen zusammenschweissen.
 Klatsch bringt meist Farbe in den Alltag. Es ist ähnlich, wie beim Salz bei der Nahrung.
Wer klatscht, kann mitunter Dampf ablassen und sich entlasten.


- Woher kommt das Bedürfnis, Stories über prominente Menschen zu lesen, sie auch leiden und freuen zu sehen?

Man kann sich trösten, dass auch Promis Probleme haben.
So wie Kinder, die gerne Märchen hören, können sich Erwachsene bei den Stories in einer Scheinwelt bewegen.


- Was bedeutet der Klatsch für die Gesellschaft?

Klatsch kann sogar unser Verhalten kontrollieren.
Promis in guten Klatschgeschichten könnten den Lesern vielleicht auch als Vorbild dienen.
Bei schlechten Meldungen hingegen, fühlen wir uns besser als jene Promis, die an den Pranger gestellt werden.
Klatsch könnte aber auch die Leser ermahnen, selbst nicht ähnliche Fehler zu begehen. Wir könnte bei einem  bei analogem Verhalten auch öffentlich an den Pranger gestellt werden . Klatsch nimmt - so gesehen - gleichsam eine soziale Kontrolle ein.

- Wie gehen Prominente damit um?

Leider werden Prominente im Umgang mit der Klatschpresse rasch vom Virus "Mediengeilheit" befallen. Sie können  bei der Privatsphäre nicht mehr NEIN sagen. "Wer den kleinen Finger gibt,..."
Wer seine Privatsphäre preisgibt, muss sich nicht wundern, wenn  dann die Photographen auch in Krisensituationen im Schlafzimmer stehen.
Ich kenne viele Promis (beispielsweise: Franz Fischlin, Thomas Gottschalk usw.) die ziehen einen klaren Trennungsstrich zwischen Job und Privatheit. Sie sind damit sehr gut gefahren.
Weil Promis glauben, ihr Marktwert steige mit dem konterfei auf der Titelseite eines Klatschblattes gehen viele fahrlässig mit der Publikation von privaten Geschichten um.
 

Sendungsporträt

Der «Doppelpunkt» bearbeitet gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich und kulturell relevante Themen aus dem In- und Ausland, die ein breites Publikum interessieren.
Der «Doppelpunkt» vertieft Themen aus dem Tagesprogramm.
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Jeden Dienstag um 20:03 Uhr auf Radio SRF 1


MP3 der ausgestrahlten Sendung folgt später.

Ausgestrahlte Sendungen

 

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