Samstag, 17. November 2018

Verbaler Durchfall

Franzosen wüten gegen Trump

(Quelle: Bild-online)

US-Präsident Donald Trump hatte nach der Rückkehr von seinem Frankreich-Besuch im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Ende des Ersten Weltkriegs mit einem regelrechten Twitter-Tornado Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron attackiert.
Dabei machte sich Trump unter anderem über Frankreichs Okkupation im Zweiten Weltkrieg lustig, griff Macron wegen schlechten Umfragewerten an und schimpfte über angeblich unfaire Zölle beim Wein.
Die Antwort aus Paris folgte bei einer Pressekonferenz am Mittwoch von Regierungssprecher Banjamin Griveaux: „Ich werde auf Englisch antworten: ‚Common decency‘ (dt.: allgemeiner Anstand) wäre angebracht gewesen“. Das gelte vor allem, weil am Dienstag Frankreich trauerte: Es war der dritte Jahrestag der Terroranschläge von Paris und Saint-Denis, bei denen Islamisten 130 Menschen getötet hatten.


Anti-Trump-Proteste in Paris während des Besuchs des amerikanischen Präsidenten am vergangenen Wochenende
Anti-Trump-Proteste in Paris während des Besuchs 
des amerikanischen Präsidenten am vergangenen Wochenende

 

 

„Verbaler Durchfall“

Die meisten Politiker stellten sich weitgehend hinter Macron. Olivier Faure, Generalsekretär der Sozialistischen Partei, nannte Trumps Attacke einen „verbalen Durchfall“, der Frankreich und die Franzosen beleidige und pathologische Züge trage.
Selbst für die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (ehemals Front National) waren die Trump-Tweets nur teilweise ein gefundenes Fressen. Die Tweets zu Macron seien „sehr gut“, die zum französischen Wein dagegen „sehr schlecht“, sagte der prominente Abgeordnete Olivier Collard. Er hätte an Macrons Stelle geantwortet: „Sei so nett, trink deine Cola und lass uns unseren Wein.“

 

 

 

„Trump attackiert da, wo es richtig weh tut“

Das Presse-Echo war ebenfalls aufgeregt, teilweise aber auch selbstkritisch. „Trump und Macron, das ist Krieg!“, schrieb „Le Dauphiné Libéré“. Das Kuscheln und Schmusen, das beide Männer bei ihren vorherigen Treffen regelmäßig zur Schau gestellt hatten, sei vorbei.
„Trump behandelt Macron fortan wie seine anderen Verbündeten“, stellte die Tageszeitung „Le Monde“ fest und verwies darauf, wie Trump auf ähnliche Weise den kanadischen Premierminister Justin Trudeau düpiert hatte.
„Alles, was übertrieben ist, ist unbedeutend. Aber das gilt weniger, wenn es um den Präsidenten der USA geht, selbst wenn seine Aussage aus dem Wortregister eines Trinkers am späten Abend stammt“, schreibt die Regionalzeitung „Le Courrier picard“ aus Amiens. Allerdings schreibt die Zeitung auch, dass Macrons Idee einer europäischen Armee tatsächlich nicht mehr als ein frommer Wunsch sei.

Die Wirtschaftszeitung „L’Express“ zitierte den Politologen Jean-Eric Branaa, der zugab: „Trump greift da an, wo es sehr weh tut, und zwar bei (Macrons) Popularität und beim Thema Arbeitslosigkeit. Kurz gesagt, er bezeichnet den Präsidenten als unfähig.“
Der Radiosender RTL findet, dass Trump durchaus einen Punkt hat: „Trump drückt es vulgär aus, aber es ist eine Position, die schon Barack Obama vertreten hatte: Der Kalte Krieg ist vorbei, die Europäer müssen ihre Verteidigung besser finanzieren und sich nicht nur auf Amerika verlassen.“

Hat Trump mit der Attacke auf den französischen Wein recht?

„Welche Fliege hat ihn gestochen?“, fragt das Magazin „L’Obs“ mit Blick auf den Trump-Tweet zu den Wein-Zöllen. Der Faktencheck der Zeitung ergibt, dass die USA tatsächlich niedrige Importzölle auf europäischen Wein haben, Trump also teilweise recht habe. Das bestreitet der Nachrichtensender LCI, der von einem Importzoll von 46 Prozent für französischen Wein in den USA spricht, aber nur von „37 Cent pro Liter“ für amerikanischen Wein in Frankreich. Unter dem Strich? Unklar. Klar sei dagegen: Die Franzosen trinken lieber ihren heimisch produzierten Wein als teuer importierten US-Wein, den sie nicht ernst nehmen.

Die Zeitung „Le Figaro“ schlüsselt das komplizierte Zollsystem beim Wein detailliert auf und kommt zum Ergebnis, dass Trump „nicht unrecht“ habe.

Fußball-Nationalspieler springt Macron zur Seite

Macron deutlich zur Seite gesprungen ist ein Fußballer: Benjamin Mendy (22), Abwehrspieler der französischen Nationalmannschaft und derzeit bei Manchester City unter Vertrag.




Fußball-Weltmeister Benjamin Mendy (24) sprang Präsident Macron gegen Trump zur Seite
Fußball-Weltmeister Benjamin Mendy (24) sprang Präsident Macron gegen Trump zur SeiteFoto: Nick Potts / dpa
Auf Trumps „Make France Great Again“ antwortete er mit zwei Tweets. An Macron gerichtet schrieb er: „Ich kümmere mich um ihn, mach dir keine Sorgen“, an Trump schrieb er auf Englisch: „Mach dir darüber mal keine Sorgen, Bruder“ neben zwei Sternen – eine Anspielung auf Frankreichs WM-Sieg im Juli.

Trumps Twitter-Tornado gegen Macron

Am Dienstag hatte Trump unter anderem getwittert, Macron leide unter schlechten Umfragewerten, daher habe er ablenken wollen und das Thema einer europäischen Armee hervorgebracht. „Übrigens, es gibt kein Land, das nationalistischer ist als Frankreich, sehr stolze Menschen, richtig so!“, schrieb Trump weiter, und schloss in Anlehnung an seinen eigenen Wahlkampf-Slogan mit den Worten ab: „MAKE FRANCE GREAT AGAIN!“

Die Idee einer europäischen Armee, die nach Worten Macrons zur Verteidigung gegen Bedrohungen wie „China, Russland, aber auch die USA“ gebraucht werde, zog Trump ins Lächerliche, indem er auf die deutsche Okkupation Frankreichs im Zweiten Weltkrieg anspielte: „Sie haben in Paris schon angefangen, Deutsch zu lernen, bis die USA kamen!“

Zudem beklagte er unfaire Zollpraktiken in Bezug auf den Weinhandel zwischen beiden Ländern, denn nicht nur Frankreich stelle „exzellenten Wein“ her, sondern auch die USA.
Das kann Trump als Anti-Alkoholiker allerdings nur von Hörensagen beurteilen …

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