Samstag, 17. November 2018

Deshalb müssen wir uns im Umgang mit Medien schlau machen und trainieren

Das ist ein Fehler, der nicht nur   Anfängern unterlaufen kann


Peinlich:  Heidi Z'graggen möchte Bundesrätin werden und tappt ausgerechnet vor der Selektion bei einem wichtigen Auftritt in die Mikrofon-Falle. 

  Solche Pannen können gravierende Folgen haben.

In jeder professionellen Grundausbildung im Umgang mit Medien wird den Teilnehmern bewusst gemacht:
Wenn sich  eine Kamera  im Raum befindet, wenn man verkabelt ist oder ein Mikrofon aufgestellt ist, müssen wir stets damit rechnen, dass wir aufgenommen werden. Auch vor und nach der Sendung. Dasselbe gilt auch beim Verhalten. Wir sehen immer wieder Gesprächsteilnehmer, die glauben, wenn ein anderer spricht, könnten sie  damit rechnen, nicht im Bild zu sein. Das ist auch bei Laienmoderatoren zu beobachten. Wenn das Gegenüber spricht, blättern sie in den Unterlagen, lächeln einer Person zu oder zupfen das Kleid zurecht. Wer konzentriert zuhört, benimmte sich in der Regel mediengerecht und macht keine peinlichen Patzer.

Z'graggen ist  nicht die erste Politikerin, die nicht weiss, wie gefährlich es sein kann, in eine Kamera- oder Mikrophonfalle zu tappen. Auch anderen Politikern ist schon etwas Ungewolltes rausgerutscht.

- Letztes Jahr trafen sich Benjamin Netanyahu und Ungarns Ministerpräsident Orban in Budapest. Dabei wurde Netanyahu ertappt, wie er massive Kritik an der EU äusserte. Eine kleine technische Panne wurde ihm nachher zu einem grossen Problem. Vor dem Auftreten wurden beide Politiker mit Mikrofons ausgestattet. Dabei war jedoch der Ton nicht abgestellt und die ganze Welt erfuhr von dem persönlichen Gespräch, das nicht für  die Oeffentlichkeit bestimmt war. Ich zitiere Netanyahu. er sagte zu Orban:

"Die europäische Union ist die einzige Vereinigung von Ländern auf der Welt, die die Beziehung zu Israel - welche Technologie in allen Bereichen produziert - an politische Bedingungen knüpft. Sie sind die Einzigen! Niemand macht das! Es ist absurd. Ich meine, es ist verrückt. Ich denke es ist verrückt und ich spreche nicht von meinen Interessen, den Interessen Israels. Ich spreche von Europas Interessen."

 

Moritz Leuenberger ist 2001 in die Mikrofon - Falle getappt. Er war sich nicht bewusst, dass die Kamera auch zwischen den Interviews lief. Die schlechte Laune des damaligen Bundesrates Moritz Leuenberger bekamen die Zuhörer deutlich zu hören: 

«Nei chum, das isch doch ez en Scheiss!»

- Bei einem Gipfeltreffen zur nuklearen Sicherheit  traf sich Obama mit dem damaligen russischen Präsidenten Dimitri Medwedew 2012 zu einem Medientermin in Seoul. Die beiden dachten wohl, dass sie ungestört kurz ein paar Worte wechseln könnten. doch das Mikrofon war offen. Sie sprachen über heikle Themen wie Raketenabwehrsysteme und deren Abrüstung. Barack Obama:

 «Das ist meine letzte Wahl ... nach der Wahl hab ich mehr Flexibilität.» 

Medwedew antwortet: «Ich werde diese Information an Vladimir weiterleiten.»

- Der frühere britische Premier Gordon Brown besuchte im April 2010 eine Wahlkampf-Veranstaltung. Es waren Gespräche mit Wählern vorgesehen. Unglücklicherweise behielt Brown das Mikro an. Nach dem Auftritt sagt er im Auto  seinem Wahlkampfleiter:

 «Das war ein Desaster – die hätten mich niemals mit dieser Frau sprechen lassen sollen.» Was sie denn gesagt habe? «Alles, sie war einfach so eine bigotte Frau.»

- An einer Wahlkampf-Veranstaltung in Illinois im September 2000 wies George W. Bush Jr. seinen Vize Dick Cheney auf einen Journalisten hin:

 «Da ist Adam Clymer, Major-League-Arschloch von der ‹New York Times›.»

  Reporter Clymer hatte vorher einen negativen Artikel über den damaligen Präsidenten publiziert.

- An einem Phototermin  im März 2005 sagte Prinz Charles in Klosters zu seinen Söhnen:

 «Diese verfluchten Leute. Ich kann das nicht ausstehen, Mann. Ich meine, er ist so schrecklich, er ist es wirklich.» 

Er meinte damit den BBC-Reporter Nicholas Witchell. Er merkte nicht, dass eine Kamera das Mirofon offen hatte,

- Die Mikrofon-Panne des amtierenden amerikanischen Präsidenten Donald Trump   aus dem Jahr 2005  gemeinsam mit Moderator Billy Bush ist auch noch erwähnenswert. Auf dem Weg zur Produktion einer Sendung von «Access Hollywood» lief bereits das Mikro  vor der Sendung und nahm das «Umziehkabinen-Gespräch» der beiden auf. Das berühmt-berüchtigte Zitat: 

«Grab 'em by the pussy!

- Das offene Mikrofon verrät 2014, was US- Aussenminister Kerry denkt. Ungewollt offen äussert er sich über Israels Angriffe in Gaza. Angesichts der zahlreichen zivielen Opfer führe Israel eine

"mordsmässig zielgenaue Operatioen gegen die  Hamas aus."

Im Klartext: Israel nimmt zur Schwächung der Hamas auch ziviele palästinensische Opfer in Kauf. Kellys Bemerkung war nicht für die Oeffentlichkeit gedacht. Er hatte nicht bemerkt, dass sein Mikrofon zwischen mehreren Interviews mit US-Sendern nicht abgeschaltet war. Promp wurde er nachher vom US-Nachrichtensender Fox News mit seiner ungewollt offene Aussage konfrontiert.

«Solche Operationen sind hart», rechtfertigte sich Kerry. «Ich habe offensichtlich auf eine Weise reagiert, wie es jeder tut, mit Blick auf kleine Kinder und Zivilisten», berichtet die "Washington Post" Dann unterstrich Kerry bewusst, dass «die USA Israels Recht auf Verteidigung gegen Raketen unterstützen, die weiterhin kommen».





Folgenschwere Mikrofon Panne am Telephon:

Ein Geschäftsmann erzählte mir an einem Seminar, dass er nach einem Telephonat mit einem  Kunden (Es ging um eine grössere Aquisition) versehentlich den Hörer nicht aufgehängt hatte. Er habe sich dann über den Kunden lustig gemacht, weil dieser bei Sprechen kaum zu stoppen war. Im Glauben, die Verbindung sei abgebrochen, sagte er nach dem Telephonat zum Assistenten hörbar: "Unmöglich dieser Dampfplauderer". Der Kunde rief nachher an und sagte ruhig: "Sie begreifen, dass ich kein Interesse mehr habe, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Gut, dass ich nach unserem Gespräch gehört habe, wie Sie über mich denken."
FAZIT: 

Wer in eine Mikrofon- Falle tappt, kann diesen Patzer nicht mehr rückgängig machen. Er kann höchstens  nachträglich bereuen, so unbedacht gehandelt zu haben.  Gesagt  ist leider gesagt. Man könnte immerhin  noch aus peinlichen Situationen etwas lernen.  Bedenken wir: Im Internetzeitalter werden solche Faux-pas ausgekostet und verbreitet. Diese Geschichten werden gerne gelesen. Der Mix von Schadenfreude und Unterhaltung macht die  Pannen zu Medienhypes und garantieren Einschaltquoten. Wer aber im Simulator das ABC der Medienrhetorik paxisorientiert gelernt hat, ist meist später gefeit von den geschilderten irreversiblen Pannen.

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