Mit dem jüngsten Konter macht sich Wulff keinen Gefallen
Nach dem jüngsten Interview wird die Kränkung deutlich und wirkt kontraproduktiv.
Es ist ein Unterschied, ob ein Aussenstehender sich für Wulff stark macht oder ob sich ein gekränkter Politiker selbst verteidigt. Für mich zeigt Wulff mit seinem jüngsten Verhalten erneut,
dass er im Umgang mit heiklen Situationen nichts gelernt hat.
Wulff fehlt eine Frau als Hofnärrin, die ihm bewusst macht, was es heisst: Sich weise verhalten.
Im Gespräch mit dem deutschen Nachrichtenmagazin «Spiegel»
teilte Wulff aus. Zur Rolle der deutschen Journalisten sagte er: «Das
erinnert mich an eine Jagdgesellschaft, die ein nicht zum Abschuss
freigegebenes Tier erlegt und anschliessend sagt: War trotzdem richtig,
das Tier hatte sicher Tollwut.»
Wulff sieht sich als Opfer der
Medien. Diese hätten ihn aus politischen Gründen zum Rücktritt
gezwungen. Die angegebenen Gründe wie die angeblichen Vorteilsnahmen
seien nur vorgeschoben gewesen: «Ich war einigen mächtigen
Medienschaffenden zu unbequem geworden», sagte er dem «Spiegel». Sein
Bekenntnis, dass der Islam zu Deutschland gehöre, hätte viele
Journalisten verärgert. Andere hätten ihm seine Kritik an den Banken und
der katholischen Kirche verübelt. Die Journalisten hatten den Eindruck,
dass er vom Springer-Verlag «zum Abschuss freigegeben wurde». Da
wollten auch die anderen Medien nicht abseits stehen und schossen sich
auf ihn ein, so Wulff.
Als Konsequenz aus seiner Affäre forderte
Wulff, dass die Regeln des deutschen Presserates überarbeitet werden.
Auswüchse in der Berichterstattung sollten strenger geahndet werden
können. Die Medien müssten sich immer wieder kritisch fragen, ob sie mit
ihrer grossen Macht auch verantwortungsvoll und korrekt umgingen.
«Was ich beklage, ist die Verrohung des Diskurses, diese ganze Häme, mit
Diffamierung und Denunziationen», sagte Wulff. So hätten sich etwa
Journalisten darüber lustig gemacht, dass sein Lieblingsbuch das Märchen
«Der kleine Prinz» sei und nicht ein Buch aus dem literarischen Kanon.
In
den deutschen Medien wurde das Interview breit besprochen. «Nach dem
Freispruch durch die Justiz erhofft sich der frühere Bundespräsident nun
auch eine Rehabilitierung durch die Öffentlichkeit», schreibt der «Tagesspiegel».
Doch ob Wulff sich mit solchen Interviews einen Gefallen tut, sei eine
andere Frage. Offenbar sei das Ausmass der Kränkung so gross, dass es
dieser Art der Aufarbeitung bedarf, so der «Tagesspiegel». Die «Welt» berichtet, dass das Gespräch mehrmals vor dem Abbruch gestanden sei.
Christian Wulff war von seinem Amt als Bundespräsident zurückgetreten,
nachdem mehrere Medien über angebliche Vorteilsnahmen von ihm berichtet
hatten. Zudem hatte er das niedersächsische Parlament nicht korrekt
über einen privaten Hauskredit informiert, der ihm von einem
befreundeten Unternehmer genehmigt wurde. Für Aufruhr sorgte ferner ein
Anruf bei Kai Diekmann, dem Chefredaktor der deutschen «Bild»-Zeitung.
Wulff versuchte, Einfluss auf deren Berichterstattung zu nehmen. Die
Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn wegen des Vorwurfs der
Vorteilsnahme im Amt und der Korruption. Wulff wurde freigesprochen.(Quelle Tagi-online)
KOMMENTAR: Die Analogie mit der Jagdgesellschaft tönt zwar gut und ist mediengerecht. Nur müsste dieses Bild aus berufenem Munde kommen, nicht vom angeschossenen Politiker selbst. Dem gekränkten Politiker fehlt nämlich immer noch die Einsicht, dass er mit seinen Vorteilnahmen und dem unannehmbaren Anruf bei Kai Diemann selbstverschuldete Fehler gemacht hat und durch seine Uneinsichtigkeit mit beigetragen hat, dass die Medien damit gereizt wurden, die vielen Geschichten zu thematisieren.
Mit der erneuten Medienschelte kann Wulff nicht mit einer Rehabilitation durch die Oeffentlichkeit rechnen.
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