Ausrutscher
Auch wenn man genervt wird, sollte man die Nerven nicht verlieren
Quelle 20 Min:
Es hätte eine nette Reportage über
Ueli Maurer an seinem wichtigsten Sessionstag werden sollen. «10vor10»
begleitete den Bundespräsidenten während der gestrigen Gripen-Abstimmung
und verfolgte ihn auf Schritt und Tritt. Doch das war Maurer
offensichtlich zu viel. Vor laufender Kamera betitelte der sichtlich
genervte SVP-Mann den Kameramann als «Aff».
Gegenüber dem SRF nahm Maurers Verteidigungsdepartement VBS Stellung:
Man habe «die Integrität und den Wunsch auf eine gewisse Distanz vor
einer wichtigen Parlamentssitzung nicht respektiert».
«Ein Magistrat müsste gelernt haben, die Contenance zu wahren»
Doch
darf einem Bundesrat eine solche verbale Entgleisung überhaupt
passieren? Nein, findet Kommunikationsexperte Marcus Knill und spricht
von einem Fauxpas: «Ein Magistrat müsste gelernt haben, die Contenance
zu wahren, wenn er in eine unangenehme Situation kommt oder sich
provoziert fühlt.» Statt jemanden zu beleidigen, müsste er die Person
sachlich auf das Problem aufmerksam machen. Ein Training könnte ihm
dabei helfen. Für Knill ist klar: «Für ein solch ungebührliches
Verhalten müsste sich Maurer beim Kameramann entschuldigen.»
Es
ist nicht das erste Mal, dass Ueli Maurer mit verbalen Entgleisungen
auffällt. Am 1. August wurde er von einem Reporter von Tele Ostschweiz
gefragt, was er sich für die Schweiz wünsche. «Dass wir uns nicht von
allen auf die Kappe scheissen lassen», lautete seine Antwort. Noch vor
seiner Zeit als Bundesrat schreckte Maurer nicht davor zurück, das Wort
«Neger» in den Mund zu nehmen. Maurer spreche die strassengängige
Stammtisch-Sprache, sagt Knill. «Er spricht für das Volk verständlich,
was eigentlich sympathisch ist. Er sollte jedoch vorsichtig mit der
Sprache umgehen, wenn seine Nerven blank liegen.»
Zusätzlicher KOMMENTAR:
Ich habe es bei Polizisten in Zürich gesehen, die an einer 1. Mai Demonstration angespuckt wurden, verbunden mit der Beleidigung: "Du verdammtes Bullenschwein". Die Tätlichkeit, die Provokation perlten gleichsam an ihnen ab. Das ist nicht einfach. Wie bei der Belästigung des Bundespräsidenten durch einen aufsässigen Journalisten hat man Verständnis, wenn jemand belästigt wird. Doch staunte ich bei den Polizisten: In Trainings lernten sie, sich trotz harter Provokation, sich zu beherrschen. Das kann tatsächlich geübt werden. So wie Piloten im Simulator lernen. Bundespräsident Maurer hätte durchaus energisch sagen können: "Stop - das geht jetzt zu weit. Bitte respektieren Sie die Distanz!!" Man darf den Unmut deutlich kundtun und das Fehlverhalten beschreiben - aber Ausrutscher sind ein Zeichen der Schwäche.
Schade - zumal es Ueli Maurer von den Bundesräten am besten versteht, einfach, verständlich, bildhaft d.h. mediengerecht zu reden.
Auch BLICK bringt die Geschichte:
Nach Mörgeli jetzt Maurer Die SVP hats mit den Aff
Nachdem schon Christoph Mörgli in der Rundschau dem Journalisten gefragt hatte: "Sind Sie eigentlich vom Aff bisse?"
müsste die SVP den "Zottel"eigentlich mit einem Gorilla austauschen.
Ich bin sicher, dass sogar viele Kommentatoren im Netz das Verhalten des Bundesrates gutheissen werden.
Ueli Maurer wird auch keinen Reputationsschaden erleiden.
Dieser Ausrutscher darf auf keinen Fall überbewertet werden.
NACHTRAG:
Nachdem ich erst am Freitag erfahren habe, dass Ueli Maurer schon vor dem Vorfall, eine TV Begleitung unmissverständlich abgelehnt hatte, habe ich mehr Verständnis für den Ausrutscher. So wie man einen Kameramann nicht mit "Aff" beschimpfen darf, so sehr haben sich auch Medien an die üblichen Spielregeln zu halten. Unter diesen Umständen würde ich mich als Bundespräsident - trotz eindeutigem Fauxpas - auch nicht entschuldigen.
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