Dienstag, 19. März 2013

Kein Ruhmesblatt für Alt-Bundesrätin Calmy-Rey:

Überschrittene Kompetenzen, mangelhafte Protokolle

 
Die Geschäftsprüfungskommission hat ihren Bericht zur Affäre Hildebrand abgeschlossen. Darin übt sie scharfe Kritik am Bundesrat. Besonders Micheline Calmy-Rey wird wegen ihrer Vorgehensweise gerügt.
Will zunächst den Bericht der GPK lesen: Micheline Calmy-Rey während einer Rede. (Archivbild)
Will zunächst den Bericht der GPK lesen: Micheline Calmy-Rey während einer Rede. (Archivbild)
Bild: Keystone
(Aus TAGI-online)

Der Bundesrat hätte in der Affäre Hildebrand nicht selber aktiv werden, sondern den Bankrat der Nationalbank einschalten sollen. Zu diesem Schluss kommen die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlaments. Der Präsident der ständerätlichen GPK, Paul Niederberger (CVP/NW), bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda entsprechende Medienberichte. Die Kommissionen haben am Freitag einen Untersuchungsbericht verabschiedet, der am Montag er veröffentlicht wird.
Die GPK kritisieren demnach vor allem, dass der Bundesrat eigenmächtig vorgegangen sei und nicht etwa den Bankrat der Nationalbank (SNB) eingeschaltet habe. Diese Kritik betrifft laut Niederberger insbesondere die damalige Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey.
Calmy-Rey war im Dezember 2011 von SVP-Nationalrat Christoph Blocher über eine verdächtige Transaktion des damaligen SNB-Präsidenten Philipp Hildebrand informiert worden. Daraufhin setzte sie Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf und Justizministerin Simonetta Sommaruga in Kenntnis und konfrontierte Philipp Hildebrand selber mit den Vorwürfen. Laut GPK fehlte für dieses Vorgehen aber die Kompetenz.

Mangelhaftes Protokoll

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Protokollierung der Bundesratssitzung, die als ungenügend bezeichnet wird. «Der Ablauf einer Sitzung sollte anhand eines Protokolls nachvollziehbar sein», sagte Ständerat Niederberger.

Über die Vorwürfe haben am Freitag die Westschweiz Tageszeitung «Le Temps» und am Samstag die «Neuen Zürcher Zeitung» und die «Berner Zeitung» berichtet. Die Kommissionen wollen nun Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung einreichen - zum einen gegen Unbekannt und zum anderen gegen den Journalisten von «Le Temps». Niederberger bestätigte auch diese Information der «Neuen Zürcher Zeitung».

Calmy-Rey äussert sich noch nicht


Hildebrand kündigte am 9. Januar 2012 seinen Rücktritt als Nationalbankpräsident an. Zum Verhängnis geworden war ihm eine Transaktion, die seine Frau über sein Konto tätigte - kurz bevor die SNB einen Euro-Mindestkurs für den Franken festlegte. Am 27. Januar 2012 haben die GPK eine Untersuchung zum Fall eingeleitet.

Micheline Calmy-Rey will sich zur Kritik erst äussern, wenn sie den Bericht gelesen hat. Dies teilte sie am Samstag auf Anfrage der sda mit.

Kommentar: Es ist richtig und klug, sich erst dann zu äussern, wenn man den Bericht selbst gelesen hat. Doch darf erwartet werden, dass sich Micheline Calmy-Rey tatsächlich auch noch äussern wird, wenn es versprochen wird. Während der Amtszeit hat BR Calmy leider oft zu vorschnell geredet. Schön: Man kann auch nachträglich dazu lernen.

Dicke Luft im Bundesrat:

Die Hildebrand-Affäre sorgt für Verstimmung zwischen Bundesrat und Parlament. Die Regierung habe falsch reagiert, als sie von den Devisentransaktionen des Nationalbankpräsidenten erfuhr. Diese will die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen.

Nachtrag 20 Min:


 

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