Donnerstag, 4. Oktober 2012

Hier wiederhole ich  meine Beurteilung unmittelbar nach dem Duell von 0300, Uhr, das ich mit verfolgt habe:

Da ich heute nicht mehr alle Anfragen von Journalisten beantworten kann, publiziere ich an dieser Stelle nochmals in Kurzform meine Beurteilung unmittelbar nach dem Duell. Laut Pressespiegel kamen am Morgen andere Analysten auf ähnliche Schlussfolgerungen. Obwohl Romney deutlich aufgeholt hat, ist jedoch das Rennen alles andere als gelaufen. ( Meine Aussagen dürfen zitiert werden)

DIE ANALYSE (meine spontane Beurteilung):

Ich erlebte zwei übertrainierte Akteure. Doch Romney überraschte mich.

 Die auswendig gelernten Statements spulten sie pflichtgemäss ab. Obama und Romney verwirrten beide mit Zahlen und Unterstellungen. Beide wurden von Profis eingekleidet. Beide trugen einen dunklen gepflegten Anzug, ein weisses Hemd mit einer leuchtende Kravatte. Obama blau. Romney rot mit einer kleinen Abweichung, mit feinen Streifen. Auch die Gestik , die gespielte Freundlichkeit, die bewussten Szenen des Lächelns,  der Blick im richtigen Moment zur Kamera, wie auch das Begrüssungsritual und die Verabschiedung mit den synchronen Berührungen am Handgelenk wirkten einstudiert.
Ich wurde den Eindruck nicht los, die Berater von Obama und Romney hätten beiden anvertrauen Politikern das Harvardprinzip nahegelegt: "Seid nett mit dem Gegenüber, aber  hart in der Sache."

2. Aug. 2003 ... Das "Harvard-Prinzip"1 ist ein wichtiger Baustein bei lösungsorientierten Verhandlungen. Es erlaubt auch bei schwierigen Verhandlungen ...
www.rhetorik.ch/Harvardkonzept/Harvardkonzept.html


Der Präsident überraschte mich. Obama wirkte gesamthaft eher defensiv, zurückhaltender als sonst. Er sprach zwar ruhig und streckenweise sogar souverän. Doch sprach er für mich zu verhalten, zu lendenlahm.  Er schälte seine Stärken, vor allem  die Schwächen des Gegners zu wenig heraus. Ich vermisste bei ihm den "Biss". Im zweiten Teil das Feu sacré. Obama war viel lustloser als sonst. Es hatte sogar Phasen, da wirkte er müde, gleichsam zerstreut. Viele Aussagen waren schlecht strukturiert. Böse Zungen könnten jetzt sagen: Obama habe der Teleprompter gefehlt, weil er bei den Referaten gewohnt ist,  mit verschiedenen Telepromptern zu reden. 

Romney überraschte mich ebenfalls. Der Herausforderer  war  lockerer,  angriffiger als sonst.   Weil er früher so hölzern   auftrat, holte er heute vielleicht dank dieser Verbesserung so viele  Punkte. Romney wurde sicherlich intensiv vorbereitet. Generell kann man sagen: Beide haben ihre ihren Job pflichtgemäss absolviert. Aber es gab für mich nichts, das mir  nachhaltig in Erinnerung bleibt.  Es gab zu viele Zahlen. Nochmals:
Beide haben die eingeübten bekannten Argumente als antrainierte Pflichtübung, so korrekt wie möglich  über die runden gebracht.
Beide versuchten, mit einzelnen narrativen Elementen, mit eingeflochtenen Beispielen und Fragen rhetorisch zu punkten. Ich frage mich jetzt:
Aber wo bleibt die Nachhaltigkeit?





Was zu beachten gilt:

Bei allen Ueberzeugungsprozessen entscheidet -  auch bei diesem Duell -  letztlich das Image der Persönlichkeit, nicht die Fakten.
18. Okt. 2009 ... Christian Fichters Team an der Universität Zürich ist auf Imageforschung spezialisiert. Eine Untersuchung des Teams wurde im Scheizer ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/09/10_18/index.html


 Es ist beim heutigen Duell nicht einfach, einen Sieger auszumachen. Ein Unentschieden? Ein eindeutiger Sieg für Romney?  Obama profitiert nach wie vor von seinem Charisma.   Romney ist und bleibt leider noch lange stigmatisiert durch seine "Fettnapfgeschichten". Fett klebt bekanntlich stark an den Füssen. Man wird die Patzer  kaum mehr los. Doch hat er heute eindeutig viele Punkte geholt.
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Uebrigens: ALLES WAS VOR MIKROFON UND KAMERA GESAGT WIRD MUSS WAHR SEIN.

In dieser Hinsicht sündigten OBama und Romney. Bedenklich, wenn so viele Fakten nicht stimmen. Ich zitiere Tagi online:

Bei seinem Schlagabtausch mit Romney sagte Obama am Mittwochabend (Ortszeit), er habe einen Plan zur Reduzierung des Haushaltsdefizits im Umfang von vier Billionen Dollar (3,1 Billionen Euro) vorgelegt. Dieser Plan sehe vor, dass pro 2,50 Dollar, die durch Ausgabenkürzungen erzielt würden, ein Dollar an zusätzlichen Einnahmen in die Staatskasse gespült werde. Bei seinem Versprechen einer 4-Billionen-Dollar-Reduzierung schliesst Obama allerdings Kürzungen im Umfang von mehr als zwei Billionen Dollar mit ein, die seine Demokraten bereits im vergangenen Jahr gemeinsam mit den Republikanern verabschiedet hatten. Zudem beinhaltet die von Obama genannte Summe auch Kürzungen im Umfang von 800 Milliarden Dollar bei den Kriegsausgaben, die ohnehin erfolgen würden.
Des Weiteren versteckt Obama bei seinem Entwurf Ausgaben in Form von Zurückerstattungen an Ärzte, die im Rahmen des Gesundheitsprogramms Medicare erfolgen. Wenn diese «Kürzungen» also aussen vorgelassen werden, ist das von Obama genannte Verhältnis von 2,50 zu einem Dollar nicht mehr realistisch. Stattdessen müssten die Steuern weiter erhöht werden.

Romney: zu hohe Arbeitslosenzahl

Romney warf Obama in dem TV-Duell vor, mit seiner Wirtschaftspolitik gescheitert zu sein und begründete das unter anderem damit, dass es derzeit 23 Millionen Arbeitslose in den USA gebe.
In Wahrheit sind in den USA 12,5 Millionen Menschen arbeitslos. Die von Romney genannte Zahl von 23 Millionen berücksichtigt auch die acht Millionen US-Bürger, die derzeit in Teilzeit arbeiten, aber gerne einen Vollzeitjob hätten. Dazu kommen noch 2,6 Millionen Amerikaner, die ihre Suche nach Arbeit aufgegeben haben - entweder, weil sie entmutigt sind oder sich für die Aufnahme eines Studiums entschieden haben.
Romney sagte weiter, beim Amtsantritt Obamas im Januar 2009 seien 23 Millionen Menschen ohne Arbeit gewesen. Auch mit dieser Aussage lag der Republikaner falsch. Zu Beginn von Obamas Amtszeit waren zwölf Millionen Menschen in den USA arbeitslos.

Romney plant laut Obama Steuerkürzungen von fünf Billionen

Obama sagte, ein Vorhaben Romneys sehe Steuerkürzungen im Umfang von fünf Billionen Dollar (3,8 Billionen Euro) vor. Das ist so aber nicht ganz richtig.
Vermutlich bezog sich Obama mit der von ihm genannten Zahl von fünf Billionen auf die Auswirkungen, die Romneys Steuerplan über einen Zeitraum von zehn Jahren hätte. Nach dem Vorschlag des republikanischen Präsidentschaftskandidaten sollen die Steuersätze in den USA um 20 Prozent gesenkt werden. Die Erbschaftssteuer und die alternative Mindeststeuer (alternative minimum tax) sollen ganz abgeschafft werden.
Nach Angaben der Organisation Tax Policy Center in Washington würden nach dem Romney-Plan die Steuereinnahmen der USA 2015 um 465 Milliarden Dollar (359 Milliarden Euro) zurückgehen. Auf einen Zeitraum von zehn Jahren hochgerechnet, wären dies dann rund fünf Billionen Dollar.

Romney hat keinen konkreten Plan für Haushaltsausgleich

Romney hat versprochen, im Fall eines Wahlsiegs den Haushalt in acht bis zehn Jahren auszugleichen. Dazu hat er aber keinen konkreten Plan vorgelegt. Stattdessen warf der Republikaner mehrere Vorhaben in den Raum, die seinem Ziel eines Haushaltsausgleichs entgegenlaufen. Dazu zählen unter anderem höhere Ausgaben für das Pentagon und eine Aufhebung von Ausgabenkürzungen im Umfang von mehr als 700 Milliarden Dollar (541 Milliarden Euro), die von den Demokraten im Rahmen der Krankenversicherung Medicare in die Wege geleitet wurden. Zugleich lehnt Romney Steuererhöhungen ab.
Wie bereits bei anderen Auftritten kündigte Romney bei der TV-Debatte am Mittwoch an, zur Reduzierung des Haushaltsdefizits die als Obamacare bekannt gewordene Gesundheitsreform des Präsidenten rückgängig zu machen. Doch Prognosen zufolge wird Obamacare sogar dazu beitragen, das Defizit der USA zu reduzieren.

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