Montag, 10. Oktober 2011

Zu den Polit-Wortwolken in diesem Wahlherbst


Alle Parteien versuchen sich auf allen Ebenen zu profilieren. Die Stassenränder sind mit Plakaten vollgepflastert. Vor lauter Köpfen fehlt der Bevölkerung vielfach der Durchblick. Welche Partei - welcher Volksvertreter setzt sich für meine Anliegen ein? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, weil uns die Parteien mit Wortwolken einnebeln. Kernbotschaften sind kaum mehr zu erkennen.


Die SonntagsZeitung vom 9. Oktober hat dies mit auschaulichen WORTWOLKEN sehr gut dargestellt. Aus diesen Wortfetzen lässt sich immerhin ein besseres Profil der Versprechen und Kernbotschaften erkennen.




Wenn wir die Aussagen aus diesen Wortwolken destillieren, bleiben folgende Aussagen zurück:



FDP:


- die Leistung muss sich lohnen

- Wir sind für eine leistungsstarke Wirtschaft


- Wir sind für eine liberale Schweiz

- Wir sind kompetent

- Statt nach links oder rechts wollen wir vorwärts



Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Pelli:




- Die Schweiz hat eine Erfolgsgeschichte 

- Wir wollen mit einem starken Finanzplatz dazu beitragen, dass der Wohlstand erhalten bleibt





CVP:



- Wir stärken die Familien

- Wir wollen Inhalte statt Lärm

- Wir wollen Lösungen statt Gejammer

- Unsere Schwerpunkte sind: Bildung, Sicherheit

- Wir wollen eine Schweiz ohne Schlagseite



Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Darbellay:



- Wir wollen den bilateralen Weg

- Wir schaffen die Heiratsstrafe ab

- Wir wollen keine Krankenkassenbeiträge für Kinder

- Wir wollen den Atomausstieg geordnet schaffen



SVP:


- Stopp der Zuwanderung

- Die Ausschaffungsinitiative muss umgesetzt werden

- Unsere Partei bekämpft den EU Beitritt

- Wir stärken die Landwirtschaft



Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Brunner:



- Wir sind gegen Masseneinwanderungen

- Wir dürfen uns nicht weiter verschulden

- Wir sind für ein Rentenalter von 65 Jahren für alle


SP:

- Wir sind fürs Umverteilen

- Die Reichen müssen zur Kasse gebeten werden


- Mieten und Krankenkassenprämien müssen für Arme verbilligt werden

- Wir fordern einen Mindestlohn 

- Wir wollen die Erbschaftsteuer  einzuführen



Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Levrat:



- Wir sind für sozialen Ausgleich




- Wir fordern nicht nur Mindestlöhne sondern auch generell höhere Löhne

- Wir fordern verbilligte Mieten

- Slogan der Umverteilung: Für ALLE, statt für WENIGE





GRUENE:


Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Leuenberger:

Wir sind:


- Für die Zukunft


- Für eine soziale Wirtschaft

- Für mehr Umweltschutz


- Für den sofortigen Atomausstieg

- Für Zuwanderung



Die GRUENLIBERALEN:

- Sie setzen auf Nachhaltigkeit




 BDP:


- fokussiert sich gegen Blocher

- Fokus auf "bürgerliche Kraft"

- Fokussiert sich auf Kompromissbereitschaft

- (Wir haben die beste Bundesrätin und lehnen jede Abwahl von Bisherigen ab)

- Unsere Partei ist jung und unverbraucht




Ich habe die Auftritte unzähliger Kandidaten mitverfolgt und stellte fest:


- Die Kandidierenden haben eine Vorliebe für abstrakte Formulierungen:

FREIHEIT- ZUKUNFT - SICHERHEIT - ENERGIEVERSORGUNG - NACHHALTIGKEIT. Solche Begriffe sind  besonders beliebt. Dieses Jahr ist der Verweis auf die SCHWEIZ generell hoch im Kurs. In den Wortwolken dominiert das Wort FUER....



Mein Kommentar:

- Die Kernbotschaft wird zu wenig visualisiert
- Worte müssten die passenden Bilder auslösen
- Die Bilder sollten jedoch zur  Botschaft passen
- Der Ruf (das Image) der Werbeträger ist wichtiger als die Botschaft

- Jede Partei hat Probleme mit Vorurteilen
- Im Grunde genommen ist nichts überzeugender als die eigene Ueberzeugung
- Somit ist es schwierig - mit noch so viel Werbung - die Bevölkerung umzustimmen

Die Parteien müssten sich in diesem Wahlkampf mit folgenden verbreiteten Vorwürfen besser auseinandersetzen:

Die FDP bleibt für viele die Partei der Banken und Bosse. Das negative Image von Bundesrat Villiger im Zusammenhang mit den Vorkommnissen der UBS hat das Vorurteil der Partei der Reichen und Banken zusätzlich zementiert ( Assoziationen zu Honegger, Kopp, Swissair, Boni) Dieses Image bringt die Partei kaum mehr los.

Die CVP hat durch die vielen Positionswechsel das Image von Wendehälse, von einer Wischi-waschi Partei.

Die SVP gilt als eine Volkspartei, die von einem Millardär gesteuert wird.
Der gravierendste Vorwurf: Sie ist nicht kompromissbereit und dadurch auch nicht regierungsfähig.

Die SP fordert nur und wünscht und wünscht. Sie sagt aber nicht, wer all die Forderungen zahlen soll. Wenn der Staat alle Wünsche erfüllen muss,  führt dies zwangsläufig zu Steuererhöhungen und einen Verschuldung. Die Partei hat das Image einer Umverteilungspartei.

Den GRUENEN wird vorgeworfen, sie nehme  im Hinblick mit dem sofortigen Umsteigen in Kauf, dass der Benzinpreis auf 4 Franken steigt und sich die Strompreise für die Bevölkerung verdoppeln. Bei der Förderung der Windenergie und der Nutzung der Windkraft zählen sie selbst (aus Umweltschutzgründen) zu den Blockierern.

Gedanken zur Kommunikation und Ausstrahlung der Parteien:
 



Die FDP: Sie lavierte zu oft. Sie sieht überall Feinde (Medien/andere Parteien). Es fehlt bei den Sprechern an Sympathieträgern 


Die CVP: Sie hat mehrere Kommunikationstalente (Leuthard/Darbellay/Schwaller/ Bischof). Leider schadet sich der Parteipräsident selbst, indem er oft zu forsch reinschiesst und dann zurückbuchstabieren muss.





Die SVP: Sie kommuniziert stets in einfacher Sprache und die Partei spricht mit "einer"Stimme. Doch fragt man sich. Es diese Partei wirklich die Partei des kleinen Mannes? Die Parteistrategen winden sich sehr, wenn es um Macht und Wirtschaftspfründe geht (Inhaltlich und kommunikativ)

.

Die SP: Sie bemüht sich den Kommunikationsgau mit dem fragwürdigen SP Parteiprogramm (Kapitalismus überwinden, Abschaffung der Armee, EU) zu konkretisieren. Der Beitritt zur EU kommt "vorläufig"nicht in Frage.  Erbschaftssteuer, Mindestlohn, Einheitskrankenkasse  generell die Umverteilung wurde ins Zentrum des Themenkatalogs gerückt. Trotz Banken-Boni-Euro-Krise konnte sich die Partei nicht richtig profilieren. Levrat kommuniziert verständlich und geschickt. Doch tritt er zu oft als poltender Gewerkschafter auf. Die Parteistrategen winden sich sehr, wenn es um Macht und Wirtschaftspfründe geht.


Die GRUENEN: Sie leiden immer noch unter dem Image der Körnchenpicker und Wolle-Bast-Hanf Politiker.




Die GRUENLIBERALEN: Hier dominiert der Präsident Bäumle. Neben ihm ist kaum noch jemand auszumachen. Er ist intelligent, hat ein gutes Mundwerk und verblüfft, weil er von Wirtschaft etwas versteht. Er muss aufpassen, dass er die Gegner nicht als "Zürischnurri" überfährt.


Die BDP:
sie profitiert vom Evelyne Widmer-Schlumpf Effekt. Die Frau ist klug, agiert geschickt, verliert nicht die Nerven, bleibt sachlich. Die Partei hat das Problem, dass sie keinen nachhaltigen Eindruck hinterlässt.




Fragen, die mir in diesen Tagen gestellt worden sind:


Welche Parteien überzeugten am meisten?

Wird weniger polarisiert als früher?

Wer gewinnt?


Wer im Bundesrat gewählt?



Ich bin nicht Politologe  möchte ich diese Fragen nur aus kommunikativer Sicht beurteilen.



Auch bei der politischen Kommunikation gilt es bei den Parteien vier Aspekte zu betrachten:



1.  Das SENSIBILISIEREN (Welche Themen werden aufgenommen?)


2.  Das VISUALISIEREN (Lassen die Parteien Bilder sprechen?)


3. Das MOBILISIEREN (Suchen sie Verbündete?)


4. Das PERSONIFIZIEREN (Setzen sie die richtigen Botschafter ein?)


Zur SENSIBILISIERUNG:


Hier verweise ich mich auf mein Destillat der Themen.
Die SVP nutzt zur Sensibilisierung Aengste und das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung und setzte auf ein Thema das unter den Nägeln brennt.


Die CVP setzt auf das Thema Familie


Die SP auf die Umverteilung und verspricht.......


Die  GRUENEN auf das Energieproblem


Zur VISUALISIERUNG:


Die Visualisierung ist bei den meisten Parteien ein Schwachpunkt (ausser bei der SVP).
Das "Ja" als Schlüsselwort ist bei der SP missverständlich und ohne Bild verknüpft. 
Die Kandidaten reden meist zu abstrakt und scheinen nicht gernt zu haben, wie EINE Dachbotschaft mit dem passenden BILD (BEISPIEL, GESCHICHTE oder ANALOGIE) verbunden d.h. visualisiert werden kann.
Wenn ein Gag zur Botschaft wird, stimmt etwas nicht.




Zur MOBILISIERUNG:


Die FDP wirkt demobilisierend. Der Alleingang wird sich rächen. Es fehlt die Vernetzung. Die Partei leidet unter der Demobiliserung der eigenen Wähler.
Bei der CVP mobilisiert der Leuthard- Effekt.
Bei der SP mobilisiert  Bundesrätin Sommaruga, so wie es bei der BDP mit Evelyne Widmer Schlumpf der Fall ist.


Die Frage nach der vermehrten Mobilisierung der jungen Wählerinnen ist künftig neu zu bedenken.




Zur PERSONIFIZIERUNG:


Die FDP hat nur in der welschen Schweiz eine Galionsfigur (BR Burkhalter).
Bundesrat Schneider - Ammann ist kommunikativ eine Hypothek.
Im Grunde genommen wäre Regierungsrätin Keller-Sutter eine Wahllokomotive.


Bei der CVP  kommt Darbellay zwar recht gut an. Doch schadet der Partei sein Zickzackkurs und sein Taktieren.










Wie stehen wir nun kurz vor den Wahlen im Wahlkampf.




Zur aktuellen Situation:


Die einzelnen Parteien versuchen sich im Endspurt nochmals zu positionieren. Die SVP will die Bevölkerung  für die Thematik "Stopp der Masseneinwanderung"  mobilisieren und deckt angeblich einen Geheimplan auf (Kurz nach den Wahlen soll es an einer Sitzung zu einer Annäherung an die EU kommen).




 Die CVP betont ihre Vermittlerfunktion und unterstreicht ihre Haltung in der Energiefrage. Galionsfigur ist ihre beliebte Vorzeige- Bundesrätin. Leider versucht Darbellay die SVP unter Druck zu bringen, indem er bekannt gibt, dass die CVP nur einen Kandidaten unterstützen werde, der hinter den bilateralen Verhandlungen steht.



Die SP scheint sich vom unnötigen Ballast endgültig befreit zu haben (Abschaffung der Armee und Ueberwindung des Kapitalismus). Sie setzt nun voll auf die Karten: Erbschaftssteuer, ohne den Mittelstand zu belasten, Mehr Lohn, billigere Wohnungen, Krankenkassenprämienermässigung für  Minderbemittelte und die Flugzeugbeschaffung, ohne das Volk zu befragen.



Die FDP  versucht sich weiterhin vom Image der BO- Partei (BOnzen und BOnibezüger) zu befreien und verlagert das Schwergewicht vom "Kampf gegen die Bürokratie" zu einer "Partei liberaldenkender Menschen, die Leistungen nicht bestraft".



Zur Frage: Weshalb ist der Wahlkampf so flau?


Die Parteien haben gelernt, sich nicht von den Plakaten der SVP  provozieren zu lassen. Die SVP muss sich im Hinblick auf die Ständeratswahlen staatsmännischer geben. Dennoch finde ich den Wahlkampf gar nicht so flau. Ich gehe sogar davon aus, dass sich die Stimmbeteiligung am Schluss sehen lassen wird.

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