Fortsetzung folgt auf Oben-ohne Foto der FDP Frauen
Vor Wochen habe ich die Werbekampagnen der FDP Frauen analysiert. Ich setzte schon damals einige Fragezeichen zur Werbeaktion mit der Generalsekretärin mit folgender Aufschrift auf dem schwarzen Balken: «Nicht mehr oben ohne».
Nun gibt es eine Fortsetzungsgeschichte, die ich letzte Woche auf 20min.ch las. Auf einem Balken posierte die Generalsekretärin der FDP Frauen im Juli «oben ohne» für mehr Frauen in Führungspositionen. Der «Blick» druckte das Bild unzensiert unter dem Titel «Freisinnige Nacktpanne». Dafür muss er sich nun verantworten.
Denn für Esseiva war das eine klare Verletzung des Rechts an ihrem Bild und ein massiver Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte. «Niemand darf ohne mein Einverständnis ein bewusst technisch manipuliertes Bild von mir verwenden», sagte sie gegenüber 20min.ch. Deshalb habe sie beim Presserat eine Beschwerde gegen die Zeitung eingereicht.
Natürlich habe die Grafikerin einen Fehler gemacht, als sie eine Datei aufgeschaltet habe, bei der die verschiedenen Bildebenen nachträglich bearbeitbar gewesen seien, räumt Esseiva ein. Sie hätte jedoch nie damit gerechnet, dass dies getan werde. Mit ihrer Forderung an den Presserats werden die Bilder aber weder verschwinden, noch ist eine Richtigstellung zu empfehlen. Weshalb also dieser Schritt? «Mir geht es um das Recht an meinem Bild und um Stil im Journalismus», sagt die Freiburgerin. Es sei eine Chance zu zeigen, dass die Medien mit Frauen und Männern unterschiedlich umgingen. «Wenn der Grüne Nationalrat Bastien Girod nackt vor einem Polizeiauto posiert, finden das alle cool, aber bei mir als Frau macht man den Balken weg.»
Ob das Geschlecht Esseivas tatsächlich eine Rolle gespielt hat beim Entscheid, das Foto ohne Balken zu publizieren, ist offen. Bei Ringier, dem Verlag des «Blicks», wollte man dazu mit Verweis auf das hängige Verfahren keine Stellung nehmen.
Kommentar: In meinem ersten Beitrag über die «Oben ohne» Werbung hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass es bei PR-Aktionen immer auch darum geht, Aufmerksamkeit zu erlangen. Das haben die FDP Frauen mit ihrem Flyer eindeutig erreicht. So gesehen wäre schon die erste Aktion ein PR Erfolg gewesen. Oft wird in der Politik und Kunst nur deshalb provoziert, damit man einen Medienwirbel auslösen kann und zum Medienthema wird. Diese Methode hatte mitunter die SVP jahrelang mit Erfolg angewendet. Provokateure sind stets sauer, wenn sie ignoriert werden. So gesehen könnten eigentlich die FDP Frauen mit ihrer Aktion zufrieden sein. Sie hatten bewusst provoziert. Die FDP Frauen konnten – dank der Diskussionen in der Öffentlichkeit – ihr Anliegen erläutern. Die jüngste Klage gibt den Frauen eigentlich erneute Publizität. Man spricht einmal mehr vom angeblich gelungenen «Oben-ohne»-Plakat. Die PR-Gruppe der FDP Frauen könnten sich somit erneut auf die Schultern klopfen. Wieder erlangte man mit dem analogen Plakat Aufmerksamkeit. Die Generalsekretärin zeigt sich nun im nachhinein unglücklich. Die Geschichte habe ihr letztlich geschadet, findet sie. «Blick» habe nun mit der Publikation des Bildes – ohne Balken – die Grenze überschritten.
Für mich hat diese Fortsetzungsgeschichte verschiedene Ebenen:
Es geht um die rechtliche Frage: Hat «Blick» gegen die Persönlichkeitsrechte der Generalsekretärin der FDP Frauen verstossen, obwohl der Fehler bei der Grafikerin lag? Werden die FDP Frauen von dieser Geschichte PR mässig langfristig tatsächlich profitieren oder verlagert sich die Diskussion noch mehr auf jene Ebene, die von den Frauen nie gewünscht wurde (Frau als Sexobjekt)?
Die Geschichte bestätigt einmal mehr, dass es sich bei Marketingaktionen immer lohnt, mit Profis zu arbeiten, die keine dilettantischen Fehler machen. Auf dieses Problem habe ich verschiedentlich bei den heutigen Wahl-Spots hingewiesen, die kontraproduktiv sein können, weil sich Kandidaten vorschnell vor eine Kamera stellen und sich mit ihren Auftritten lächerlich machen.
Aus meiner Sicht das Wichtigste: Steht letztlich die gewünschte Kernbotschaft nach den Mediengeschichten im Zentrum oder war die Aktion doch kontraproduktiv? Das entscheiden immer nur die Adressaten und nicht die Macher. In diesem Fall hatte ich leider keine guten Rückmeldungen erhalten. Aufmerksamkeit zu erlangen ist das nur ein Aspekt. Das Wichtigste beim Marketing ist und bleibt die Vermittlung einer überzeugenden Kernbotschaft. Diese müsste verankert werden.
Marcus Knill
Dienstag, 11. Oktober 2011
Kategorie: Allgemeines
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