Klartext sprechen statt lavieren
Schwammige Antworten, weichgespülte Kritik, aufgeblähte Wortkonstrukte –
wenn Sie mal wieder auf jemanden stossen, der verbal im Nebel stochert:
Fordern Sie Klartext. Wer Sie wertschätzt, speist Sie nicht mit
Leerformeln ab.
Der Politiker auf dem Podium: «Es braucht nun den festen politischen
Willen, dieses Thema vertieft zu betrachten.» Der Manager vor den
Medien: «Wir haben die geeigneten Massnahmen eingeleitet, doch für die
Gesundung unserer Firma werden allenfalls noch schmerzhafte Prozesse
notwendig werden.» Der Kollege in der Kantine: «Grundsätzlich gefällt
mir dein Entwurf ganz gut. Da hast du dir ja wirklich viel Mühe gegeben,
aber irgendwie brauchen wir das anders. Also wie genau, das weiss ich
auch nicht so recht, aber versuch es doch nochmals ? irgendwie anders
halt?»
Absichtserklärungen und Ausweichmanöver, Verlautbarungen und Verklausulierungen ? warum spricht keiner mehr die unverblümte Wahrheit aus? Weil wir glauben, damit weniger anzuecken. Weil wir schon vorab die möglichen Angriffe abfedern wollen. Und weil wir denken, der andere verträgt das offene Wort nicht. «Wir scheuen uns vor klaren Formulierungen, deuten Kritik nur an», sagt Kommunikationsexperte Marcus Knill.
Eine verbreitete Unsitte seien zum Beispiel die Weichspüler: Jemand will sagen, was er schlecht findet, schwächt seine Aussage aber vorsichtshalber ab mit Sätzen wie: «Ich würde meinen, dass...» Oder: «Wenn ich mir die Bemerkung erlauben dürfte...» Man hoffe, damit dem anderen nicht auf die Füsse zu treten ? und sich weniger unbeliebt zu machen.
«Dazu muss man ein paar Regeln verinnerlichen», ergänzt Knill: Freundlich bleiben im Ton. Fakten nennen, ohne sie zu bewerten. Den Sachverhalt auf den Punkt bringen. Ich-Botschaften formulieren: «Ich schätze es nicht, wenn Sie, wie gestern und vorgestern, unvorbereitet in die Sitzung kommen.» Zudem zeitnah kritisieren. Und: Unter vier Augen, nicht vor dem ganzen Team.
Völlig fehl am Platz sei die Angst davor, sich mit einem offenen Wort Feinde zu schaffen oder den anderen mit Kritik oder schlechten Nachrichten fertig zu machen. «Wer in seinen Aussagen schwammig ist oder nur Phrasen drischt, verletzt mehr als jener, der von Anfang an eine direkte und klare Sprache wählt.» Gerade bei schwierigen Themen sei es wichtig, schon im ersten Satz auf den Punkt zu kommen ? statt sich der unangenehmen Wahrheit in Windungen zu nähern.
Warum wir Klartext reden sollten, hat noch einen anderen Grund: Wer um den heissen Brei herumredet, riskiert Fehlinterpretationen, sagt Marcus Knill. Eine Folge davon sei Zeitverlust, denn Missverständnisse müssen ausgeräumt werden. Das wiederum führe zu Konflikten, und diese vergiften das Arbeitsklima.
Ärger, den man sich sparen kann ? wenn man gleich sagt, was Sache ist.
NACHGEFRAGT
Marcus Knill, Kommunikationsexperte, Uhwiesen ZH
Absichtserklärungen und Ausweichmanöver, Verlautbarungen und Verklausulierungen ? warum spricht keiner mehr die unverblümte Wahrheit aus? Weil wir glauben, damit weniger anzuecken. Weil wir schon vorab die möglichen Angriffe abfedern wollen. Und weil wir denken, der andere verträgt das offene Wort nicht. «Wir scheuen uns vor klaren Formulierungen, deuten Kritik nur an», sagt Kommunikationsexperte Marcus Knill.
Eine verbreitete Unsitte seien zum Beispiel die Weichspüler: Jemand will sagen, was er schlecht findet, schwächt seine Aussage aber vorsichtshalber ab mit Sätzen wie: «Ich würde meinen, dass...» Oder: «Wenn ich mir die Bemerkung erlauben dürfte...» Man hoffe, damit dem anderen nicht auf die Füsse zu treten ? und sich weniger unbeliebt zu machen.
Konstruktiv und freundlich
Andere bleiben weich und wolkig, weil sie glauben, das sei Sozialkompetenz. Ein kapitaler Irrtum: «Sozialkompetent sind nur jene Kollegen und Vorgesetzten, die sich klar ausdrücken», sagt Andreas Eigenmann von der gleichnamigen Zürcher Agentur für Unternehmenskommunikation. Und jene, die andere konstruktiv kritisieren, und zwar so, dass diese nachvollziehen können, was gemeint sei.«Dazu muss man ein paar Regeln verinnerlichen», ergänzt Knill: Freundlich bleiben im Ton. Fakten nennen, ohne sie zu bewerten. Den Sachverhalt auf den Punkt bringen. Ich-Botschaften formulieren: «Ich schätze es nicht, wenn Sie, wie gestern und vorgestern, unvorbereitet in die Sitzung kommen.» Zudem zeitnah kritisieren. Und: Unter vier Augen, nicht vor dem ganzen Team.
Keine Angst vor Feinden
Für Kommunikationsberater, Buchautor und Ex-«Arena»-Moderator Patrick Rohr ist klar: Es braucht Mut, Klartext zu reden. Mut deshalb, weil klare Aussagen ehrliche Aussagen sind.Völlig fehl am Platz sei die Angst davor, sich mit einem offenen Wort Feinde zu schaffen oder den anderen mit Kritik oder schlechten Nachrichten fertig zu machen. «Wer in seinen Aussagen schwammig ist oder nur Phrasen drischt, verletzt mehr als jener, der von Anfang an eine direkte und klare Sprache wählt.» Gerade bei schwierigen Themen sei es wichtig, schon im ersten Satz auf den Punkt zu kommen ? statt sich der unangenehmen Wahrheit in Windungen zu nähern.
Karten auf den Tisch legen
Rohr nennt als schlechtes Beispiel den Vorgesetzten, der einem Mitarbeiter kündigen muss, dies jedoch im ganzen Gespräch nie direkt anspricht. Der Mitarbeiter realisiert erst danach, dass er soeben den Job verloren hat ? und entwickelt verständlicherweise eine Riesenwut auf seinen Chef. Hätte dieser im ersten Satz gesagt: «Ich muss Ihnen leider kündigen», wären die Karten auf dem Tisch gelegen und der Mitarbeiter hätte die Möglichkeit gehabt, gezielt nachzufragen. So aber habe der Vorgesetzte ein offenes Gespräch verhindert. Und das nur, um sich vor der unangenehmen Situation zu drücken.Warum wir Klartext reden sollten, hat noch einen anderen Grund: Wer um den heissen Brei herumredet, riskiert Fehlinterpretationen, sagt Marcus Knill. Eine Folge davon sei Zeitverlust, denn Missverständnisse müssen ausgeräumt werden. Das wiederum führe zu Konflikten, und diese vergiften das Arbeitsklima.
Ärger, den man sich sparen kann ? wenn man gleich sagt, was Sache ist.
NACHGEFRAGT
Marcus Knill, Kommunikationsexperte, Uhwiesen ZH
«Die Worthülse wird oft wie eine Notlüge benutzt»
Schwammig bleiben in seinen Aussagen ? ist das die Strategie, die unsere Manager von den Politikern lernen?
Marcus Knill: Wer die Antworten in Talkshows verfolgt, merkt bald:
Die Unart, schwammig zu reden, ist tatsächlich eine Strategie. Deshalb
gibt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Sätze von sich wie: «Wir haben
die entsprechenden Eckpunkte festgelegt.» Welche das sind und was
vereinbart wurde, bleibt offen. Würden Politiker konkret antworten, was
sie erreichen wollen, könnte man sie daran messen ? und genau das
fürchten sie.
Viel reden, wenig sagen ? was steckt hinter diesem Prinzip?
Knill: Vielredner hoffen, ihr Gegenüber merke gar nicht, dass sie
ausweichen. Und oft meinen jene, die Phrasen dreschen, man bewundere sie
und finde ihr Gerede kompetent. Ich hatte schon Kunden, die tatsächlich
von mir erwarteten, ich solle ihnen beibringen, wie man redet, ohne
sich festzulegen. Wohlverstanden, es waren keine Diplomaten!
Was tun, wenn ich mich mit schwammigen Antworten nicht zufrieden geben will?
Knill: Sofort nachfragen! Was meinen Sie mit «Dies ist der richtige
Schritt in die richtige Richtung»? Welcher Schritt? Wer macht ihn? In
welche Richtung geht es?
Und wenn der Chef im Nebel stochert?
Knill: Dito. Wenn der Chef beispielsweise sagt: «Es gibt Aspekte, die
Sie zu wenig berücksichtigt haben», dann sollte der Mitarbeitende
nachhaken: «Sie sagten Aspekte. Darf ich wissen, welche?» Beim
Nachfragen ist der Ton enorm wichtig. Der Chef muss merken, dass es mir
nicht ums Beanstanden seiner vagen Bemerkung geht, sondern darum, zu
erfahren, was ich konkret verbessern muss.
Drückt es auch Geringschätzung aus, wenn ich jemanden mit Worthülsen abzuspeisen versuche?
Knill: Nicht unbedingt. Möglicherweise will ich ihn nur schonen. Die
Worthülse wird oft wie eine Notlüge benutzt. In der Diplomatie ist das
eine gängige Methode. In einem guten Team sind es jedoch ganz klar
Zeichen von Wertschätzung, wenn man offen miteinander umgeht.
Welche Phrasen sollten wir uns schleunigst abgewöhnen?
Knill: Abschwächende Formulierungen wie: «Ich würde meinen, man
könnte...». Zudem Leerformeln wie: «Nicht näher zu erläuternde Umstände
haben dazu geführt, dass...». Und Füllwörter: allenfalls, eigentlich,
irgendwie, gewissermassen, möglicherweise und relativ.
LINK:
Internet
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4. Apr. 2007 ... Es lohnt sich, diese Weichspüler gezielt zu eliminieren. Erstaunlich: Viele Redner benutzen "Flicklaute". Damit werden Denkpausen akustisch ...
www.rhetorik.ch
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«Weichspüler»
entdecken würden: Schen- ken Sie diesen Abschwächungen irgendwie ein
bisschen mehr Aufmerksamkeit. Mögli- cherweise könnte ihnen ...
www.rhetorik.ch
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