Samstag, 9. Juli 2011

 Presse belauschte Prominente


Ein Abhörskandal, der allen Medien und dem Image der Journalisten schadet.  Die Paparazzis, welche skrupellos die Persönlichkeitsphäre krass missachten - nur  des Geldes wegen - sind hinlänglich bekannt. Nun bringt eine Geschichte das Fass zum Ueberlaufen. Man könnte von einem GAU reden.


 Ich zitiere Tagi online:

«News of the World» ging bei der Recherche weit über das Erträgliche hinaus. 

Hier ist für einen Teil der Belegschaft nach diesem Wochenende Schluss: Eine Frau verlässt das Mediengebäude des Murdoch-Konzerns in London.

Hier ist für einen Teil der Belegschaft nach diesem Wochenende Schluss: Eine Frau verlässt das Mediengebäude des Murdoch-Konzerns in London.
Bild: Reuters
«Die Affäre Borer hatte dem ‹Blick› sehr geschadet»: Peter Rothenbühler. (Bild: Keystone )


Die zum Murdoch-Konzern News International gehörende «News of the World» steht im Mittelpunkt eines Abhörskandals, der seit Jahren Grossbritannien erschüttert.

«News of the World» war immer eine der aggressivsten Zeitungen. Aber dass so etwas passieren konnte, das ist wie in einem schlechten Film», sagt Journalist und Edipresse-Manager Peter Rothenbühler. Er kennt den Boulevard-Journalismus, war von 1985 bis 1988 Chefredaktor beim «SonntagsBlick».
Dass so etwas in der Schweiz passieren könnte, hält er für unwahrscheinlich. Was Rothenbühler besonders erschüttert: «Kaum zu fassen, dass auch Polizei und Behörden noch mitmachten und sich sogar noch dafür bezahlen liessen.» Laut dem Branchen-Kenner fliesst in der Schweiz kein Geld für Informationen.


Bei Promis geht das noch durch


«Der britische Boulevard-Journalismus ist extrem und weltweit wohl einzigartig», sagt auch Peter Übersax. Auch er ein früherer Ringier-Mann. Er leitete zweimal die Redaktion des «Blick», zuletzt von 1980 bis 1986. Solange die grenzwertigen Recherchemethoden die Welt der Promis betrafen, wurden die Machenschaften noch akzeptiert. «Da mag auch eine gewisse Schadenfreude den Schönen und Reichen gegenüber eine Rolle gespielt haben», erklärt Übersax.
Nun aber ist das Fass mit dem Abhören der Handys von Opfern von Gewaltverbrechen übergelaufen. «Das ist ein GAU in Sachen übertriebener angelsächsischer Boulevard-Journalismus», so Rothenbühler.



Angegriffen nach medienkritischem Film


Immer wieder gerät die Boulevard-Presse in die Kritik. Bestens erinnert sich Übersax noch an die Zeit, als der medienkritische Film «Die verlorene Ehre der Katharina Blum» gezeigt wurde. Es war die Geschichte über eine Frau, die einen Kriminellen deckte und deswegen von der Boulevard-Presse verfolgt und in die Enge getrieben wurde. «In dieser Zeit wurden wir oft angegriffen», blickt Übersax zurück.
Er war es allerdings auch, der dem Boulevard-Journalismus in der Schweiz selber eine forschere Gangart verordnete. «Wir waren viel direkter, als es bis dahin üblich war, und wir sprachen Dinge aus, die noch tabu waren», erklärt Übersax. Der Journalist lebte in den 50er-Jahren selber in der Wiege der Medienwelt, in London. Sein Vorbild war der «Daily Express», die «damals grösste Zeitung Englands».


Zeitung nach Skandal ruiniert



Dass nun Murdoch die «News of the World» gleich schliesst, kann Übersax nicht nachvollziehen. «Ich bin erstaunt. Das ist ein gewaltiger finanzieller Verlust.» Für Rothenbühler ist die Schliessung eine logische Folge: «Diese Zeitung hatte keine Chance mehr. Mit diesem Skandal ist sie ruiniert. Die Inserenten wenden sich ab. So gesehen ist es nur logisch, dass Murdoch sie einstellt.»


Angst in den Redaktionen


Folgen haben wird die Affäre für die britischen Medien ganz bestimmt: «In allen englischen Redaktionen wird man sich jetzt fragen, ‹wo sind wir gefährdet›. Niemand will ein existenzgefährdendes Urteil riskieren», sagt Rothenbühler. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)

Kommentar:
Diese krasse Geschichte könnte den Schweizer Boulevardjournalisten  eine hilfreiche Lehre sein.
Seit Jahren besteht nämlich auch bei uns  eine deutliche Tendenz zur Boulvardisierung der Medien. Dass damit eher zu unredlichen Mitteln gegriffen wird, ist nachvollziehbar. Es ist für alle Akteure wichtig, dass immer wieder die Grenzen des Zulässigen bewusst gemacht wird!

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