Dienstag, 12. April 2011

Einmal im Netz immer im Netz?


Es ist erstaunlich, wie fahrlässig viele Menschen mit Publikationen im Internet umgehen.
Ich kenne Politiker, die nachträglich versuchen, Informationen im Netz zu löschen. Sie bemühen sogar Rechtsanwälte. Es hat sich in meinen Fällen gezeigt, dass es kaum mehr möglich ist, die Spuren im Netz zu löschen.


Ich zitiere NZZ zu dieser Thematik:


Das Web vergisst nie

Zur Debatte, ob und wie sich persönliche Daten vom Internet entfernen lassen

EU-Komisarin Reding fordert eine Recht auf Vergessen (Bild 16. 3. 2011). (Bild: Keystone / Epa)Zoom

EU-Kommisarin Reding fordert eine Recht auf Vergessen (Bild 16. 3. 2011). (Bild: Keystone / Epa)

Einmal im Internet verbreitete Daten zurückzuziehen, ist ein schwieriges bis unmögliches Unterfangen. Das soll sich ändern, fordern Politiker. Sie verlangen, dass sich Informationen vom Internet entfernen lassen. Sinnvoller wäre es jedoch, die Menschen für einen vernünftigen Umgang mit ihren Daten zu sensibilisieren.


Der Mensch beneide das Tier um die Fähigkeit, vergessen zu können, hat Friedrich Nietzsche im 19. Jahrhundert einmal diagnostiziert. Das Tier lebt unbeschwert, weil es vergisst; der Mensch hingegen muss mit der Last seiner Vergangenheit zurechtkommen. Die Menschen im 21. Jahrhundert haben es diesbezüglich noch schwerer, macht doch das Internet für sie das Vergessen nahezu unmöglich. Alles, was einmal den Weg ins Netz gefunden hat, scheint dort auf ewig zu bleiben, für jeden auffindbar und damit quasi stets sichtbar.


Die EU-Kommissarin Viviane Reding fordert deshalb ein Recht auf Vergessen im Internet – «a right to be forgotten». Letzten Monat erklärte sie vor dem Europäischen Parlament in Strassburg: «Ich will eindeutig festhalten, dass Menschen das Recht – nicht nur die Möglichkeit – haben, ihr Einverständnis zur Verarbeitung ihrer Daten zurückzuziehen.» Dafür werde sie bis zum Sommer ein Bündel an Gesetzesvorlagen vorlegen, die soziale Netzwerke wie Facebook dazu bringen sollen, den Nutzern die Kontrolle über ihre Daten zurückzugeben.

Kommentar:

Damit ist aber noch lange nicht garantiert, dass die Vorratsspeicher im Netz eingeschränkt werden können. Es gibt ein Problem, wenn nicht der Nutzer selbst, sondern jemand anders einen unerwünschten Beitrag oder ein missliebiges Bild ins Netz stellt oder wenn Blog Beiträge copiert wurden.

In solchen Fällen bleibt dem Betroffenen anderes übrig, als die entsprechenden Nutzer oder Webportale, auf denen sich die unerwünschten Daten befinden, zu kontaktieren und eine Löschung zu beantragen.



Es gibt zwar professionelle Dienstleister, die sich für solche Belange spezialisiert haben. Mit Suchrobotern können sie das Netz nach rufschädigenden Daten ihrer Kunden durchkämmen und beantragen  die Löschung von Bildern und Blogeinträgen. Dafür gibt es aber keine Erfolgsgarantie. In Es bleibt trotz dieser «Reputations-Managern» nichts anderes übrig, als die Betreiber der entsprechenden Websites um die Entfernung der Daten zu bitten.

Das heisst: Man ist auf den Goodwill jener Leute angewiesen, die die Informationen hochgeladen haben, oder nimmt es in Kauf, sich in ein langwieriges juristisches Prozedere zu verstricken. Das Prozessieren ist selten von Erfolg gekrönt. Es kann sogar kontraproduktiv sein.  Man spricht vom «Streisand-Effekt», benannt nach der Schauspielerin und Sängerin Barbra Streisand. Nachdem eine Fotografie ihrer Villa 2003 in einer grossen Fotoserie des Künstlers Kenneth Adelman im Internet aufgetaucht war, klagte Streisand gegen den Betreiber der Website. Damit erreichte sie allerdings nur, dass sich die Weböffentlichkeit für den Fall zu interessieren begann, und sich das Bild im Internet wie in einem Schneeballsystem verbreitete. Wer sich öffentlich zur Wehr setzt, zementiert die Geschichte erst recht.


Gibt es doch einen "digitalen Radiergummi"?

Ich zitiere die NZZ:


Der von Informatikern an der Universität des Saarlandes entwickelte Dienst nennt sich offiziell «x-pire!» und steht seit Ende Januar Internetnutzern zur Verfügung. Damit lassen sich Bilder verschlüsselt ins Internet stellen und mit einem Verfallsdatum versehen. Ansehen kann sie nur, wer ein kleines Zusatzprogramm, ein sogenanntes Plug-in, für seinen Webbrowser installiert. Nach dem vom Nutzer selber bestimmten Zeitraum wird der Schlüssel dann gelöscht, und die Bilder können nicht mehr abgerufen werden.


Selbstschutz für Unmündige

Dieses Verfahren wird sich allerdings kaum jemals durchsetzen. Einerseits ist es umständlich und kostenpflichtig, anderseits löst es die eigentlichen Probleme nicht. Für Bilder, die andere von einem online stellen, taugt auch der «digitale Radiergummi» nicht. Und das Kopieren verschlüsselter Bilder sowie das erneute Hochladen ohne Verfallsdatum kann damit nicht verhindert werden.
Bei der Technik handelt es sich also lediglich um einen Selbstschutz für «unmündige» Webnutzer. Damit wird das eigentliche Problem sichtbar. Es kann gar nicht darum gehen, dem Internet das Vergessen beizubringen. Dieses Ziel ist weder technisch noch juristisch umsetzbar. Vielmehr sollte man die Menschen für einen vernünftigen Umgang mit ihren eigenen Daten sensibilisieren.
Bei Nietzsche heisst es: «Der Mensch wundert sich über sich selbst, das Vergessen nicht lernen zu können und immerfort am Vergangenen zu hängen.» Auf die Internet-Diskussion übertragen, mag man daraus lernen, dass man sich nicht über die Unvergesslichkeiten mancher Dinge wundern sollte. Es wäre wohl besser und ganz bestimmt einfacher, man würde sich genau überlegen, wann es sinnvoll ist, etwas mit der ganzen Welt zu teilen, und wann man ein Geheimnis für sich allein behält.

Ende Zitat

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