Montag, 17. August 2009

Schawinsky geht gerichtlich gegen Ringier vor

Er fühlt sich als geldgieriger Jude dargestellt.

Ich zitiere Tagi:

Im Zürcher Radiostreit liegen die Nerven blank: Gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnetz präzisiert Radio 1-Chef Roger Schawinski, weshalb er gegen Ringier wegen Geschäftsschädigung und Antisemitismus Klage einreicht.

«Nicht das erste Mal, dass Ringier auf dieser Schiene spielt mit mir»: Karikatur aus dem «Blick» vom August 2001.

«Nicht das erste Mal, dass Ringier auf dieser Schiene spielt mit mir»: Karikatur aus dem «Blick» vom August 2001.

«Man kann Ringier nur mit Zwang dazu bringen, Fehler zuzugeben»: Radio 1-Chef Roger Schawinski.

«Man kann Ringier nur mit Zwang dazu bringen, Fehler zuzugeben»: Radio 1-Chef Roger Schawinski.

Zufall oder nicht? Schawinski findet, Ringier stelle ihn mit dieser Fotomonatage in einem Werbemailing für Radio Energy als raffgierigen Juden dar.

Zufall oder nicht? Schawinski findet, Ringier stelle ihn mit dieser Fotomonatage in einem Werbemailing für Radio Energy als raffgierigen Juden dar.

Ringier Schweiz-Chef kosterniert

Radio 1-Chef Roger Schawinski will gegen Ringier Klage wegen Verstössen gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb einreichen. Dies berichtete gestern die «Sonntagszeitung». Stein des Anstosses ist eine achtseitige Präsentation, die Energy Zürich Werbekunden versandte. Schawinski wirft dem zum Ringier-Konzern gehörenden Konkurrenzsender vor, darin mit falschen Zahlen zu operieren. Zudem stelle ihn Energy Zürich in einer Fotomontage als geldraffenden Juden dar.

Ringier Schweiz Chef Marc Walder zeigt sich auf Anfrage von Tagesanzeiger.ch/Newsnetz konsterniert über das Vorgehen von Roger Schawinski. Man habe vereinbart, dass man am Montag zusammen telefoniere. Als erstes habe er dann von Schawinskis Rundumschlag in der Fachpresse gelesen.

Den Interpretation, dass die besagte Illustration Schawinski als rafffgierigen Juden zeige, sei «an den Haaren herbeigezogen»: »An der besagten Fotomontage ist nichts Antisemitisches.» Wer den Konzern Ringier kenne, wisse, dass dieser gerade zu diesem Thema eine äusserst sensible Haltung habe.

Ringier-Schweiz-Chef Walder sieht laut «Sonntagszeitung» keinen Anlass, sich für die Präsentation zu entschuldigen. Einer allfälligen Klage Schawinskis sehe er gelassen entgegen, so Walder.

Herr Schawinski, Laut «Sonntagszeitung» sind Sie dabei, Klage gegen Ringier einzureichen. Werden Sie Ihrer Drohung auch Taten folgen lassen?

Ja. Ich hatte gehofft, dass Ringier gewillt ist, den Schaden zu beheben und sich entschuldigt. Nun haben sich zwei führende Ringier-Leute öffentlich geäussert, dass das Unternehmen dazu nicht bereit ist, und deshalb werde ich eben klagen. Offenbar kann man Ringier nur mit Zwang dazu bringen, Fehler einzugestehen und zu korrigieren. Das haben andere vor mir ebenso erlebt.

Auch Sie teilen gerne und oft aus. Weshalb gehen Sie nun bis zum Äussersten und schlagen den Rechtsweg ein?

Ihre Frage verwundert mich. Ringier handelt klar gesetzeswidrig. Wenn Sie mir nun vorwerfen, dass ich ein kritischer Journalist und Medienunternehmer bin, der seit mehr als dreissig Jahre für seine Sache einsteht, dann überrascht mich das. Damit unterstellen Sie mir doch, dass ich selber an diesen unsäglichen Angriffen schuld bin und mich deshalb nicht beklagen soll.

Nein. Aber Ihre Klage könnte auf eine gewisse Nervosität hindeuten, im Hickhack um die künftige Radiokonzession im Raum Zürich.

Nervös ist man offenbar bei Ringier, wie mir scheint sogar in Panik. Ich sehe diesmal leider keinen anderen Weg, nachdem meine zweiwöchigen Bemühungen mit Ringier-Spitzenleuten kein Ergebnis gebracht haben. In den dreissig Jahren meiner Karriere bin ich noch nie gegen einen Konkurrenten vor Gericht gegangen, das ist also eine Premiere. So stehen die Dinge, leider.

Was bringt Sie denn derart auf die Palme?

Ringier diskreditiert unser Radio bewusst mit falschen Aussagen und fordert unsere Werbekunden mit unzulässigen Preisvergleichen dazu auf, Radio 1 nicht mehr zu buchen. Dies sind eindeutige Verstösse gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG. Ich habe bei einer Durchsicht der Energy-Werbeschrift mindestens zehn solcher Verstösse gezählt. Ausserdem wurde meine Person auf perfide Weise mit Fotomontagen der Lächerlichkeit preisgegeben. Dass das Ganze auch noch vor dem Hintergrund einer heiklen politischen Situation stattfindet – wir warten auf den Rekursentscheid des Bundesverwaltungsgerichts -, zeigt die verwerfliche Haltung des Medienhauses.

Die Fotomontage Ringiers auf dem Werbemailing ist zweifellos geschmacklos. Doch wie kommen Sie darauf, dass sie antisemitisch ist?

Das ist nicht meine Interpretation. Ich schliesse das vielmehr aus den Reaktionen aus meinem direkten Umfeld, aus dem Kreis unserer Kunden und sogar von Konkurrenten, die über die Fotomontage entsetzt sind. Jeder Betrachter kann sich eine eigene Meinung bilden, ob hier nicht gezielt jahrhundertealte antisemitische Cliches verwendet wurden, um sich wirtschaftliche Vorteile zu sichern. Jedenfalls kenne ich keinen anderen Fall, in dem ein Unternehmer in solcher Form dargestellt wurde. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass Ringier auf dieser Schiene gegen mich vorgeht.

Wie das? Bereits im August 2001 veröffentlichte der «Blick» eine Karikatur, in der ich nach dem Verkauf meiner Firma als geldgieriger Jude dargestellt werde, der seine Mitarbeiter mit Almosen abspeist. Dabei habe ich rund 4,5 Millionen freiwillig an die Mitarbeiter verteilt. Wer hat dies in der Schweiz sonst noch gemacht? Herr Ringier sicher nicht. Und da frage ich mich halt, ob es nur Zufall ist, dass ein und derselbe Verlag zweimal auf diese Weise ausgerechnet gegen diesen einen Unternehmer schiesst. Im übrigen habe ich bei Radio 1 bisher gegen zehn Millionen Franken investiert, von Gewinnen ist in der heutigen Medienkrise keine Rede.

Gab es auch andere Fälle, in denen Sie sich hierzulande antisemitisch behandelt fühlten?

Nein. Gerade deshalb ist diese Diskussion für mich besonders belastend.

Waren Sie in der Zeit als Sat.1-Chef in Deutschland mit Antisemitismus konfrontiert?

Ich war fünf Jahre in Deutschland und weiss, wie stark man dort in dieser Frage sensibilisiert ist. Dort wäre ein solches Vorgehen durch einen renommierten Verleger absolut undenkbar. Ringier, das in Deutschland mit dem Intellektuellenblatt «Cicero» verlegerisch tätig ist, hat in der vom Krieg weitgehend unbelasteten Schweiz offenbar aber ganz andere Standards, wenn man sich davon direkte Vorteile erhofft.

In der Regel lohnen sich keine rechtlichen Schritte, wenn Medien einen Fehler begangen haben. Direkte Gespräche mit der Redaktion sind oft hilfreicher. Doch fragt sich, ob man sich alles gefallen lassen muss. Im Fall der Darstellung Schawinskys - als geldgieriger Jude - könnte die Grenze des Zumutbaren überschritten worden sein. On verra. Fortsetzung folgt bestimmt.

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