Die These, dass ohne Internet , Waffen und Medien das neue Phänomen der Bluttaten in Schulen nicht so zugenommen hätte, hat etwas für sich.
Amokläufe werden ungefähr seit 100 Jahren untersucht. Ich zitiere NZZ am Sonntag vom 15. März:
"Schulmassaker hat es seit dem 18. Jahrhundert gegeben. Allerdings waren es Gemetzel von Indianern an weissen Siedlerkindern. oder es rächten sich erwachsene Männer für vermeindliche ungerechtigkeiten. Massacker durch Schüler an Schule gibt es seit den neuziger Jahren, aber nur in den USA, Westeuropa und Australien. Mit dem aus Malaysia bekannten Amoklauf haben sie nichts zu tun, bei dem sich Malaien mit einem Blutbad an den Kolonialherren rächten."
(Ende Zitat)
Seit dem Anschlag in der Cafeteria der Columbine High School haben die Anschläge eine neue Dimension bekommen. Wir wissen heute, dass das Massaker in Littleton lange vorbereitet wurde. Texte, Videos wurden ausgewertet. Das Blutbad im April 1999 animierte zur Nachahmung.
Dylan Klebold & Eric Harris "Littleton Massaker"
1. Wir können heute auf jedem Laptop auf Videos sehen, wie die Columbine Attentäter Dylan Lebold und Eric Harris auf ihre Mitschüler schiessen. Es starben damals 11 Schüler und ein Lehrer.
Das Vermächtnis der Tat ist in Tagebucheinträgen, Kurzgeschichten aus Creative-Writing-Workshops, Videos und Gedichten zu finden. Die Tat wurde angekündigt. Die Täter entschuldigen sich sogar vor der Tat an die Eltern und jene "die wir lieben".
2. Die Amokläufer haben das Bedürfnis, endlich einmal jemand zu sein. Sie wissen heute, dass sie mit einer Bluttat gleichsam unsterblich werden. Sie wissen, dass nach dem Tod (Verüben meist Selbstmord) die Videos um die Welt gehen.
Seit Columbine müssen wir uns mit dem neuen Phänomen auseinandersetzen:
Die Täter werden berühmt!
3. Die Täter in Erfurt - auch in Winnenden - haben sich vermutlich an Columbine orientiert.
Wenn sich die Erkenntnis erhärtet, dass sich die Ansteckungsqualität durch die mediale Verbreitung und "Verewigung" der Bluttat erhöht, lohnt es sich, über die Bücher zu gehen und zu überlegen, ob man nicht mit etwas mehr Zurückhaltung in den Medien und im Internet die Lust der Mörder an Publizität eingrenzen könnte.
Die grauenhaften Taten haben gewisse Gemeinsamkeiten:
- Die Mörder fielen nicht auf. Sie waren nette, zurückhaltende Schüler
- Es sind immer junge Männer
- Sie fühlten sich zu wenig ernst genommen
Das heisst: "Normale" Menschen wurden zu Massenmördern.
"Ich weiss" sagt Dylan Klebold (Amoktäter in der Columbine High School) "wir werden Nachahmer haben, weil wir so verdammt gottähnlich sind".
Wenn andere Jugendliche erkennen, dass sie dank einer Waffe in einem Massaker über Leben und Tod entscheiden und sich damit unsterblich machen können, besteht die Gefahr, dass frustrierte Jugendliche erneut angesteckt werden und den Frust ebenfalls auf dies gleiche schreckliche Weise beantworten.
Der deutsche Fernsehautor Joachim Gärtner findet:
Die Kommunikation zu Schulmassakern findet heute im Internet statt!
aus YouTube: (Falls das Video nicht mehr aus unserem Blog abgerufen werden könnte - bitte im Suchfenster -YouTube - Columbine Massaker - eintippen.)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen