Auch 20 Min-online bestätigt es:
Wer hat gewonnen?
John McCain hat es in der zweiten Fernsehdebatte nicht geschafft, einen Sieg gegen Barack Obama zu erringen. Vielmehr sorgte er mit einer als abschätzig empfundenen Bemerkung für viel Gesprächsstoff.
Es geschah ungefähr in der Mitte des 90-minütigen Rededuells. John McCain erwähnte eine Energievorlage, die im Senat zur Abstimmung kam, beladen mit Milliarden für die Ölindustrie und unterstützt von Bush und Cheney.
«Wissen Sie, wer dafür gestimmt hat?» fragte McCain das Publikum in Nashville. «Sie werden es nie erraten. Der da», sagte er und zeigte mit dem Finger auf Barack Obama. «Wissen Sie, wer dagegen war? Ich», fügte er an.
Obamas Sprecher Bill Burton reagierte postwendend und schickte ein E-Mail mit der als abschätzig empfundenen Bemerkung an die Medien. Auch in den ersten Kommentaren war sie ein Thema. Es sei offensichtlich, dass John McCain «eine gewisse Abneigung» gegenüber Barack Obama empfinde, sagte Wolf Blitzer von CNN.
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Obamas Wahlkampfleiter David Plouffe verwies darauf, dass McCain in der ersten Debatte seinem Kontrahenten nicht ins Gesicht habe sehen können. «Dieses Mal konnte er seinen Namen nicht nennen.»
Enttäuschende Debatte
Die Bemerkung mag verdeutlichen, dass das Verhältnis zwischen den beiden Männern auf dem Gefrierpunkt angelangt ist. Sie war aber auch eines von wenigen «Highlights» einer enttäuschenden Debatte. Die beiden Kandidaten hätten nur «alte Rezepte» aufgetischt, kritisierte die «Washington Post». Auch das «Town Hall»-Format hielt nicht, was es versprach. Es war nicht wie erhofft eine lebendige Diskussion. Das lag auch an Moderator Tom Brokaw, der auf die Einhaltung der «Regeln» auch dann bestand, wenn es nicht nötig war, und dafür in Weblogs heftig kritisiert wurde.
Für John McCain bedeutet dieses Fazit nichts gutes. Er hätte dringend einen Sieg gebraucht. Das ist ihm nach Ansicht der meisten Politbeobachter in den USA gründlich misslungen.
«McCain verliert, indem er nicht gewinnt», titelte der Kommentator von «Politico». Selbst Bill Bennett, ehemaliger Bildungsminister unter Ronald Reagan und wichtiger Meinungsführer der Republikaner, erklärte auf CNN, McCain sei etwas besser gewesen als in der ersten Debatte, «aber nicht gut genug».
Obama «sympathischer und intelligenter»
Dies unterstreichen auch diverse Instant-Umfragen, die unmittelbar nach der Debatte durchgeführt wurden. Fast alle ergaben einen deutlichen Sieg für Obama. Selbst jene des rechtslastigen Senders «Fox News», in der McCain vorne lag, enthielt eine gute Nachricht für den Demokraten: bei den unentschlossenen Wählern schnitt er besser ab. Die umfassendste Erhebung stammte von CNN. Befragt wurden 675 Zuschauer, 38 Prozent davon Demokraten, 31 Prozent Republikaner, der Rest parteilos. Dies entspricht gemäss CNN ziemlich genau dem nationalen Durchschnitt.
54 Prozent sahen Obama als Sieger und nur 30 Prozent McCain. Noch deutlicher war der Vorsprung des Demokraten bei den Fragen, wer sympathischer und intelligenter wirkte und sich besser ausdrücken konnte. Der Republikaner hingegen «gewann» in jenen Kategorien, in denen man lieber nicht vorne liegt. 63 Prozent der Befragten erklärten, John McCain sei negativer aufgetreten als sein Gegner, nur 17 Prozent sagten das gleiche über Barack Obama. Auf eine Mehrheit der Befragten wirkte McCain wie ein «typischer Politiker».
McCain «mürrisch und griesgrämig»
Dies dürfte die Befürchtungen einiger seiner Berater nicht vermindern, dass John McCain zunehmend als «mürrisch» und «griesgrämig» wahrgenommen wird. «Die Leute wollen so etwas nicht», sagte eine Vertreter des Wahlkampfteams gegenüber «Politico». Immer öfter tauchen Vergleiche mit dem knorrigen Bob Dole auf, der 1996 gegen Bill Clinton chancenlos war. Eine Chance bleibt McCain, um diesen Eindruck zu korrigieren. Am nächsten Mittwoch findet in Hempstead (New York) die dritte TV-Debatte statt.
Ich verweise auf meine Analyse in rhetorik.ch.
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