Die Pressezensur in China mit der Sperrung rechtsextremer Seiten bei uns zu vergleichen, löst eine Welle der Empörung aus.
Michael Vesper hat mit seinen Äußerungen für große Empörung gesorgt.
Michael Vesper, der Chef der deutschen Olympia-Mannschaft, verharmlost die chinesische Zensur und vergleicht diese mit der Sperrung von nationalsozialistischen Webseiten in Deutschland. Die Berliner Morgenpost findet, dass es durchaus "erstaunlich" sei, "mit welcher Leichtigkeit der Chef der deutschen Olympia-Mannschaft seine skandalöse Verharmlosung zu bagatellisieren versucht. Er, der Interessenvertreter der deutschen Sportler in Peking ist." Die Zeitung erinnert daran, dass in der Bundesrepublik Funktionäre und Politiker "schon wegen weit weniger missratener Vergleiche aus dem Amt geschieden" seien. In Vespers Fall wäre das auch wünschenswert, doch bleibe es "leider unwahrscheinlich. Denn Vesper befindet sich in schlechter, aber einflussreicher Gesellschaft. Das Internationale Olympische Komitee hat es schon lange aufgegeben, bei den Chinesen auf Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen zu bestehen." Das Offenburger Tageblatt schlägt dieselben Töne an, wenn sie schreibt: "Ein Wort der Entschuldigung wäre von Vesper angebracht. Doch daraus wird nichts werden. Denn Vesper hat sich gut im Internationalen Olympischen Komitee assimiliert, das sich beim chinesischen Regime anbiedert." Die Zeitung findet, dass schon es schon ein Fehler gewesen sei, die Spiele überhaupt an Peking zu vergeben. "Wer mit dem Sportereignis den Einzug der Demokratie in China erwartet, der irrt. China hat sich noch nie von außen bewegen lassen. Weder durch Druck noch durch Schulterklopfen á la Vesper." Die Zeit meint jedoch, dass die chinesische Regierung in diesem Jahr dennoch eine "erschütternde Erfahrung" mache, denn sie entdecke "schmerzhaft den Pluralismus". Dabei merke sie, so das Blatt weiter: "Beim globalen Image eines Landes kommt die Macht weder aus Gewehrläufen noch aus den Fabriktoren und schon gar nicht aus dem Propagandaministerium, sondern aus Köpfen von Individuen. Im April musste die KP mit ansehen, wie ihre arme, hilflose Fackel dem Wilden Westen ausgesetzt war. Nun ist es noch schlimmer: Der Wilde Westen ist jetzt da, mitten in Peking, und das mit seinen Soldaten und Polizisten und Internetzensoren scheinbar so starke Regime ist diesem Westen, wenn es um Bilder und Image geht, ausgeliefert." Die Landeszeitung Lüneburg ist auch der Meinung, dass die "wahre olympische Herausforderung" für Peking nicht in den Wettkampfstätten warten würde, "sondern in der Randdisziplin staatlichen Selbstbewusstseins (namens) Gelassenheit. Die Hürde einer aggressiv demonstrierten Gegenmeinung ist sehr hoch für eine Zivilisation, die lange vor Marx und Mao ein konformistisches Ideal pflegte. Und der Crash-Kursus in Meinungsvielfalt für die Ein-Parteien-Diktatur geht weiter. Zu verlockend ist die olympische Medienpräsenz. Vermutlich ist der Nachhall von Protesten gegen Pekings Tibet-Politik im Westen größer als der Nutzen für Tibet selbst. Forderungen nach Unabhängigkeit sind zwar plakatgerecht, angesichts der historischen Realitäten aber allzu plakativ. Wer eine Abspaltung Tibets von China fordert, facht lediglich nationalistische Ressentiments
Kommentar: Anstatt über die Bücher zu gehen und sich für friedliche Spiele zu engagieren, schützt sich der Chef der deutschen Delegation mit einer billigen Selbstschutzbehauptung. Der hinkende Vergleich soll von der eigenen Schuld ablenken. Wir finden dies dicke Post.
Nachtrag 20 Min-online:
Olympische Spiele 2008
Schockierender TV-Spot wirbt für Menschenrechte
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Schockierender TV-Spot für Menschenrechte
Der Startschuss zum 100-Meter-Lauf fällt, die Athleten sprinten los. Einer aber bleibt liegen, getroffen von der Kugel. Mit dieser ebenso simplen wie effektvollen – und nicht ganz neuen – Botschaft wirbt die Zürcher Agentur Euro RSCG für «Spiele mit Menschenrechten». Leiter der Agentur ist Frank Bodin, einer der bekanntesten Werber der Schweiz. Er engagiert sich seit Jahren für die Sache der Tibeter.
«Seit mehr als zehn Jahren betreue ich Kampagnen für Tibet», sagte Bodin zu 20 Minuten Online. Und das kostenlos, «aus unserem Kulturprozent». Er sei kein Buddhist, habe aber den Dalai Lama und die Kultur kennengelernt und sei begeistert von den Menschen, erklärte Bodin weiter. Für seine Solidaritätsaktionen konnte er unter anderem die Hollywood-Stars Richard Gere und Oliver Stone gewinnen.
Unterstützung für «Team Tibet»
Zuletzt unterstützte Euro RSCG die Bestrebungen, ein eigenes «Team Tibet» an die Olympischen Spiele zu schicken. Das Internationale Olympische Komitee lehnte ein entsprechendes Gesuch jedoch ab, weshalb «Plan B» in Kraft trat, wozu unter anderem ein Parallel-Fackellauf der Tibeter und die Realisierung des Spots gehörten. «Wir sind eigentlich völlig unpolitisch», so Frank Bodin, «aber die Menschenrechte dürfen bei den Olympischen Spielen nicht ausgeblendet werden».
Das von der Bieler Regisseurin Christine Wiederkehr gedrehte Video wird unter anderem auf den Fernsehsendern 3+, Pro7 und Kabel 1 ausgestrahlt, und zwar ebenfalls kostenlos. Ausserdem soll es auf diversen Plattformen im Internet erscheinen und eine weltweite virale Verbreitung erfahren. Gegen den Vorwurf der Blauäugigkeit wehrt sich Werber Bodin: «Die Menschenrechts-Thematik muss diskutiert werden, denn in Tibet herrschen krasse Verhältnisse.»
(pbl)
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