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ZÜRICH – Da verschlugs nicht nur den Gehörlosen die Sprache: Beim Match Deutschland – Österreich auf SF 2 lief die Nazi-Hymne!
Schlimmer Fehler beim Euro-Knüller Deutschland – Österreich am Montagabend auf SF 2: Wer den Teletext auf Seite 777 eingeschaltet hatte, staunte, als in den eigentlich für Gehörlose gedachten Untertitelungen folgende Worte zur deutschen Nationalhymne eingeblendet wurden:
«Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt ... »
Deutschland, Deutschland über alles?
Vielen Besuchern in Bars und Restaurants, welche die Laufschrift wegen dem Lärmpegel eingeschaltet haben, vergeht dabei Hören und Sehen. Denn die erste Strophe des sogenannten «Deutschlandlieds» wurde im Dritten Reich von den Nationalsozialisten missbraucht, gilt bis heute als Nazi-Hymne. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges wird deshalb an offiziellen Anlässen nur noch die dritte Strophe gesungen («Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland ... »). Swiss Text entschuldigt sich «Das war ein unverzeihlicher Fehler – wir entschuldigen uns in aller Form dafür», erklärt Gion Linder, National Coordinator Subtitling beim SRG-Ablegers Swiss Text in Biel. Der Fauxpas sei allerdings nicht in böser Absicht passiert: Zwei junge Sportredaktorinnen, welche sonst nur den Kommentar der Reporter vor Ort eintippen müssen, hätten bei der Recherche versagt – und die falsche Strophe aus dem Internet einkopiert. Linder: «Wir haben mit den beiden betroffenen Untertitlerinnen das Gespräch gesucht, damit solche Fehler nicht mehr vorkommen.» Eine Entlassung müssen die beiden nicht befürchten.
Aber wie wärs mit einer Gratislektion Geschichte – Hauptthema Nationalsozialismus? Linder: «Das ist eine gute Idee, wir werden das prüfen.»
Nachtrag Blick-online 20- Juni:
Die gute Nachricht: Beim Match Deutschland – Portugal wurde gestern die richtige Strophe eingeblendet. Kein Wort mehr von «Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt». Die historisch behaftete «Nazi-Strophe», die zwei junge Untertitlerinnen am Montag fälschlicherweise ins System tippten – sie blieb diesmal unerwähnt.
Trotzdem hat die SRG-Tochterfirma Swiss TXT in Biel schwierige Tage hinter sich. Denn der Fauxpas mit der «Nazi-Hymne» sorgte weltweit für Schlagzeilen (siehe unten). Neben Interview-Anfragen aus dem In- und Ausland gingen bei der Schweizerischen Teletext AG sogar Drohungen ein. Am Telefon bedroht «Vor allem aus den USA sind wüste Beleidigungen bei mir eingetroffen. Ich wurde am Telefon sogar als Nazi beschimpft – und man drohte, den World Jewish Congress einzuschalten», sagt Gion Linder, als National Coordinator Subtitling verantwortlich für die Untertitlerinnen. Wiederholt sei von ihm gefordert worden, man müsse die beiden Angestellten entlassen. Linder: «Wenn der Fehler bewusst passiert wäre, müsste man darüber diskutieren. Doch das Ganze passierte in der Hitze des Gefechts – weil am Montag eine vorbereitete Datei nicht auffindbar war.» Etwas Gutes hat die Panne. Nicht nur habe sich gezeigt, dass der Hörbehindertendienst rege genutzt werde, sagt Linder. Der Zwischenfall habe auch eine Auseinandersetzung mit einem Thema beschleunigt, das fällig war: «Wir prüfen jetzt grundsätzlich, inwiefern Abweichungen bei den Untertitelungen problematisch sind.»
Kommentar: Diese Geschichte macht deutlich, dass Untertitelungen nicht nur für Gehörlose ein wichtiger Kommunikationskanal ist, der nicht nur so nebenbei bearbeitet werden darf. Auch bei Krimis stellte ich fest, dass der gesprochene Text mit der Untertitelung nicht übereinstimmte und Aussagen leichtfertig umformuliert wurden.
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