Dienstag, 22. April 2008

Welt online:

US-Wahlkampf

Barack Obama – zu clever für Hillary Clinton?

Zu schnell und zu clever: Barack Obama läuft Hillary Clinton davon. Und das nicht nur in den Umfragen. Selbst wenn er Pennsylvania verliert, bremsen kann ihn das nicht. Denn immer mehr Superdelegierte sind auf seiner Seite. Und Hillarys Wahlkampf ist zu altmodisch und langsam, um ihn noch zu stoppen.
Barack Obama
ed/nk
Foto: AFP
In Pennsylvania könnte die Entscheidung fallen. Gewinnt Barack Obama ...

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In Pennsylvania geht der Zweikampf zwischen Hillary Clinton und Barack Obama in die nächste Runde. Am Montag gratulierte Obama seiner Rivalin Clinton schon mal im Voraus. Warum? Obama ist schnell und clever. Clinton zu gratulieren, heißt soviel wie: Das wussten wir alle eh schon, dass die Clintons in Pennsylvania gewinnen würden. Es heißt auch, Obama denkt schon an die nächsten Wahlen, für die er finanziell wesentlich besser ausgerüstet ist.
Obama kann selbstsicher sein. Denn schon seit dem Wochenende kündigt sich an, was Hillary endgültig das Genick brechen könnte. Immer mehr prominente demokratische Politiker sowie Superdelegierte sprechen sich für Barack Obama aus. Ein solcher Trend bringt Obama viel weiter, als ihn die von ihm angekündigte Niederlage in Pennsylvania jemals bremsen könnte.

Für Hillary Clinton ist der Rivale einfach zu schnell. Denn im Gegensatz zu ihr hat Obama begriffen, dass manche Chancen im Leben nur einmal kommen. Ihr altmodisches Radarsystem versagte; sie nahm seine politische Aktivität vor lauter Schnelligkeit kaum wahr. Wie das "Wall Street Journal" berichtet, wurde Obama von Clinton kaum beachtet, als er in seinem von ihr aktiv unterstützten Senatswahlkampf 2004 plötzlich anfing, gleichzeitig seine Präsidentschaftskandidatur zu starten.

Was er unter Parteifreunden getan hat, wird landläufig Verrat genannt. Sein damaliger Konkurrent im Kampf um einen Sitz im Senat musste wegen peinlichen Enthüllungen aus dem Rennen ausscheiden; die Wahl fiel Obama in den Schoss. Die dadurch freigesetzten Mitarbeiter schickte Obama gleich nach Iowa, um die ersten Schritte für seinen jetzigen Wahlkampf gegen Clinton vorzubereiten. Sie wusste nichts, ahnte nichts davon.

Clinton selbst hat im Jahr 2004 eine eigene Kandidatur fürs Weiße Haus abgelehnt, in dem Glauben, sie müsse sich noch vier Jahre im Senat gründlicher vorbereiten. Manche Chancen kommen nur einmal; das hat Obama sehr wohl und Clinton überhaupt nicht begriffen. Denn zwei Jahre später war Barack Obamas Chefstratege David Axelrod dabei, eine neue Mehrheit für Washington zu schmieden; es gelang ihm. Die neue Mehrheit im US-Repräsentantenhaus unter der Leitung von Sprecherin Nancy Pelosi wurde für Hillary Clinton bald zu einer Art Konkurrenz, wie es deutlicher als bei dem Kampf um Superdelegierte gar nicht sein kann. Und auch hier half Obama seine Schnelligkeit. Denn die neuen Washingtoner Verhältnisse sind das erste Ergebnis des schnellen, leichten Internetwahlkampfes, den Obama und Axelrod sehr gut beherrschen.

Die Schnelligkeit bringt aber auch Unsicherheit: Obama liegt zwar eindeutig vorn bei der Nominierung, aber Hillary Clinton fühlt sich noch nicht besiegt. Obama steuert auf das Weiße Haus zu wie Donald Rumsfeld einst auf Bagdad. Saddam war gestürzt – der Krieg aber nicht gewonnen.

In seiner Biographie bekennt Obama sich ganz eindeutig zu Schnelligkeit und Rastlosigkeit als seine zwei Hauptsünden.

Die liefern ihm seine Chancen, verursachen aber auch seine Pannen. Manches in seinem Wahlkampf ist wie mit heißer Nadel genäht. Die ausführlichen Programme sind nicht selten von politisch wenig erfahrenen Wissenschaftlern geschrieben, und stehen oft in eher loser Beziehung zueinander.

Gerade im Wahlkampf in Pennsylvania hat die Geschwindigkeit des Internets ihm ein großes Problem bereitet, indem er auf zwei Parketts auf einmal agierte. In den letzten Wochen hat er sich einerseits um die Arbeiter Pennsylvanias bemüht. Vor allem seine neue Männerfreundschaft mit Senator Bob Casey hat Schlagzeilen gemacht, und zweifellos auch dazu beigetragen, die Hemmungen zwischen Caseys wertkonservativen Wählern und dem intellektuellen Kandidaten aus Chicago abzubauen.

Gleichzeitig aber war Obama in diesen sechs Wochen sehr oft außerhalb Pennsylvanias, zum Beispiel auf der exklusiven Veranstaltung in San Francisco, wo er seine umstrittene Bemerkung über die postindustrielle Misere von verbitterten Arbeitern machte. Innerhalb von Stunden war im Netz zu lesen, dass Menschen aus strukturschwachen Gegenden sich an „Waffen und Religion, Ausländerfeindlichkeit und Protektionismus klammern" würden.
Seltsamerweise war es das Wort „klammern" selbst, das viele Amerikaner als das eigentliche Problem in Obamas Satz sahen. Es verband die Idee von Vergangenheit und die von Schwäche.
Gelegentlich erscheint Obama als eine Verkörperung der Zukunft selbst, der fast lässig auf seine Landsleute wartet. Sein Berater David Axelrod hält an einem politischen Grundsatz fest: Demokraten können nur dann gewinnen, wenn sie wie Kennedy oder Clinton die Zukunft verkörpern.

Kommentar: Trotz Rückstandes, trotz der vielen Fettnäpfchen in dies sie getreten ist, trotz Geldmangels, trotz offensichtlicher Lügengeschichten. Hillary wird nicht aufgeben. Sie will als tapferste Frau, die trotz Bills Sexgeschichten zum Mann gehalten hatte, die trotz Niederlagen immer wieder aufgestanden ist - in die Geschichte eingehen; als eine Frau die nur mit wehenden Fahnen untergeht. Selbst wenn Sie verliert, wird sie von Obama am Schluss noch erwarten, dass er sie zur Vizepräsidentin aufnehmen wird (sogar aufnehmen darf).

Vorahnung im Spiegel- online- Einige Stunden vor Abschluss der Wahlen:

VORWAHL IN PENNSYLVANIA

Wählerinnen- Schwund bedroht Clintons Siegesformel

Hillary Clinton muss zittern:

Laut jüngsten Umfragen ist ihr Vorsprung bei ihrer treusten Wählergruppe geschmolzen, den weißen älteren Frauen. Rivale Obama setzt demonstrativ auf Frauenthemen - und könnte so bei der Schicksalsvorwahl in Pennsylvania doch den Überraschungssieg schaffen

n.tv.de (23.4.08)

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