Donnerstag, 17. Januar 2008

Demos und Gewalt

Das Jo-Jo Prinzip der Polizeieinsätze ist hinlänglich bekannt. Die Polizei ist nachsichtig. Sie möchte nicht provozieren. Sie schaut somit zu, bleibt im Hintergrund. Die Gewalt eskaliert und alles wird kurz und klein geschlagen. Nächstes Jahr lautet dann die Devise: Sofort einschreiten - keine Eskalation zulassen. Nun werden Gewalttäter und Polizisten verletzt. Hernach folgt der Vorwurf der Unverhältnismässigkeit wie das Amen in der Kirche. Die Polizei lässt beim nächsten Einsatz die Gewalttäter wieder gewähren usw.

Das tragische jahrzehntealte Jo-Jo spiel nimmt seinen Lauf. Das haben wir in Zürich am 1. Mai wie auch seit Jahren bei den AntiWEF Demos konkret miterleben können.

Vor wenigen Wochen wurde den Fernsehkonsumenten das Gewährenlassen der Chaoten in Bern bei der Verhinderung des SVP Umzuges plastisch veranschaulicht. Bern hatte damals die Demonstration nicht bewilligt und erstaunlicherweise sogar das Nichteinhalten der Anweisung toleriert.

Als die Berner Sicherheitsbehörde vorgestern die Anti WEF Demonstration bewilligt hatte, war dies für uns unverständlich.

Man musste man sich die Frage stellen, ob die Behörde aus den Fehlern nichts gelernt hat und die Mobilisation der Gewalttätigen im Internet bewusst ignoriert hatte. Es lag eindeutig in der Luft, dass es zu Gewaltaktionen kommen muss. Dieses Vogel- Straussverhalten war nicht nachvollziehbar.

Am Donnerstag macht nun die Berner Sicherheitsbehörde erneut einen Hakenschlag und zieht die Bewilligung zurück. Man muss nicht Hellseher sein, um zu erkennen, dass nun der Berner-Polizei wie gewohnt der Schwarze Peter zugeschoben wird, falls sich der Schwarze Block in Bern mit Gewaltaktionen abreagiert.

Im Grunde genommen kann in der heutigen die Polizei machen, was sie will.Sei hat das Zwei am Rücken und muss die Folgen ausbaden. Wir werden dies erleben: Nach den Gewalttaten möchte ich nicht Sicherheitsbeauftragter sein.

Die Autonomen liessen nach dem Demonstrationsverbot postwendend verlauten, dass dieser Fehlentscheid der Berner Behörde zu Kravallen führe. Sie würden auf keinen Fall auf ihre Demonstrationen verzichten.

Ich zitiere BLICK online:

Erst wurde die Anti-Wef-Kundgebung vom Samstag bewilligt. Aber jetzt macht die Stadt Bern einen Rückzieher. Die Gewalt-Chaoten machen Angst.

Wir erinnern uns noch gut an die Bilder: Nach der SVP-Kundgebung vom 6. Oktober 2007 in Bern kams zu wüsten Ausschreitungen. So etwas soll sich nicht wiederholen. Könnte aber. Am kommenden Samstag findet in der Bundesstadt nämlich eine Anti-Wef-Kundgebung statt. Bisher mit Einwilligung der Stadt. Doch das sieht ab heute anders aus: Die Stadt Bern hat nach Rücksprache mit der Berner Kantonspolizei entschieden, die Bewilligung für die Kundgebung vom Samstag zu widerrufen. Grund dafür: Die Polizei befürchtet Krawalle. Die Kantonspolizei sei zum Schluss gekommen, dass für die Kundgebung vom Samstag breit mobilisiert worden sei, sagte Manuel Willi, Chef der für Bern zuständigen Regionalpolizei Bern. Es seien also auch militante Leute zu erwarten. Als weiteren Grund gab Willi an, dass sich die Organisatoren nicht öffentlich von Gewalt distanziert hätten. Und gegen eine mögliche Eskalation wollen die Verantwortlichen vorgehen: Die Kantonspolizei habe entschieden, zusätzliche Einsatzkräfte aus anderen Kantonen aufzubieten.

Ende Zitat

Kommentar: Politiker und Polizei müssten eigentlich ihr Jo-Jo Verhalten hinterfragen. Anstatt ja nach öffentlicher Meinung das Konzept zu ändern, bedüfte es eines längerfristigen, ausbalancierten , situativen Verhaltens.

Das ständige Lavieren, das Hüst und Hot -Verhalten fördert nur die jeweiligen Gewaltreaktionen. Dass es viele Jugendliche gibt, die in erster Linie aus Langeweile und aus Spass Autos anzünden und Fensterscheiben einschlagen, weil man dies ohne grosse Folgen an gewissen Tagen tun kann , ist nachvollziehbar. Für die Akteure hat das Mausspiel mit der Polizei unterhaltungswert. Man kann die "Spiele" zu Hause zudem am Bildschirm nochmals genüsslich betrachten. Wenn es zwar schon einmal vorgekommen ist, dass es auch ohne Gewalt geht (Beispiel Basel 07), so dürfen wir nicht so blauäugig sein und die üblen "traditionellen" Gewaltszenen ausblenden, die es im Nachgang zu den friedlichen Demonstrationsmärschen stets gegeben hat. Vor allem am 1. Mai.

"Das Austoben" ist für viele Gewalttouristen gleichsam zur Tradition, zum Gewohnheitsrecht geworden.

Das Vermummungsverbot konnte übrigens die Polizei nie durchsetzen und die Inhaftierten wussten, dass sie meist -mangels Beweisen- nach kurzer Zeit wieder freigelassen werden mussten. In Bern können sie sich sogar in der Reithalle in ihren geschützten Raum zurückziehen. Die Politik hat ihnen diesen rechtsfreien Raum zugestanden.

Ich bin sicher, dass nach den Gewalttaten am Samstag gelesen werden kann, man hätte das Demonstrationsrecht gewähren lassen sollen. Ich rechne dann auch damit, dass in gewissen Medien (im Kommentar) die "Feuerwehr" zu "Brandstifter" mutiert.

Nachtrag 20.1.08

Bern wusste, wenn die Stadt den Chaoten wieder nicht Herr wird, könnte dies politische Folgen haben. Endlich wurde das gemacht, was man schon früher hätte tun müssen. Es wurde di Eskalation im Keime erstickt.

Die Ordnungskräfte hatten die Szene im Griff.

Ich zitiere news.ch- online:

Anti-WEF-Kundgebung - Scharmützel mit der Polizei

Die trotz fehlender Bewilligung in Bern durchgeführte Anti-WEF-Kundgebung des «Bündnisses für globalen Widerstand» hat zu zahlreichen Scharmützeln mit der Polizei geführt. Die Sachschäden blieben gering. 100 Personen wurden festgenommen.
Nach Angaben der Polizei wurden rund 100 Personen vorübergehend festgenommen.
Mehrere hundert Demonstrierende nahmen an der unbewilligten Kundgebung teil.
Mehrere hundert Demonstrierende nahmen an der unbewilligten Kundgebung teil. Bei den Aktionen der Demonstrierenden setzte die Polizei vereinzelt Reizgas und Gummischrot ein. Die Kundgebung löste sich nach 18.30 Uhr in Bahnhofnähe auf.

Ihr erklärtes Ziel, eine Demonstration gänzlich zu verhindern, erreichte die Polizei nicht. Das sei eine Frage «von Bewegung und Gegenbewegung», sagte Stefan Blättler, Kommandant der Kantonspolizei Bern vor den Medien. Die Einsatzkräfte wurden mit Flaschen und Rauchpetarden beworfen.

Rund 100 Festnahmen

Sie reagierten ihrerseits mit Reizgas und Gummischrot. Es kam zu rund 100 vorübergehenden Festnahmen, wie die Polizei bekanntgab. Darunter habe es auch führende Leute aus der Aktivistenszene gehabt.

Organisator Giovanni A. Schumacher befand sich nach Angaben eines Augenzeugen unter den Festgenommenen. Die Polizei dementierte dies nicht, nannte aber keine Namen.

Es handelte sich um die erste grosse Bewährungsprobe für die neue bernische Einheitspolizei in der Stadt Bern, die auf Anfang Jahr die Stadtpolizei abgelöst hat. Sie konnte zwar die Demonstration nicht verhindern, erreichte aber, dass es im Gegensatz zur unbewilligten Demo am 6. Oktober 2007 nur

wenig Sachschaden gab.

Ende Zitat

Die Berner Polizei bewies am Samstag, dass es möglich ist, eine unbewilligte Demonstration zu verhindern und Privateigentum geschützt werden kann. Die Vevölkerung hat einen Anspruch auf Sicherheit. Das Demonstrationsrecht darf nicht von Gewalttätern zum Vorwand genommen werden, um Autos und Fensterscheiben an einem Tag zusammenschlagen zu dürfen.

Uebrigens:

Etwas scheinen die Sicherheitskräfte nie mehr durchsetzen zu können: Das ist das Vermummungsverbot.

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