Christophe Keckeis war schon immer ein Mann der unbedachten Worte. Er riskierte vor Jahren schon beim Armeeeinsatz in Evian die riskante Aussage, man müsse beim Armeeinsatz mit Toten rechnen. Nach dem Jungsfrauunglück sagte Keckeis bereits nach wenigen Stunden, dass alle Beteiligten 100 prozentig gut und richtig gehandelt haben. Eine fahrlässige Beurteilung, die ihm nachträglich zum Fallstrick wurden. Als Pilot war Keckeis gewiss ein guter Einzelkämpfer. Wer jedoch bei Kommunikationsprozessen auch allein entscheidet, der hat nicht erkannt, dass man Sachverhalte zuerst aus verschiedenen Seiten beleuchten muss und die unterschiedlich beurteilen kann. So war der "Noch- Armeechef" nach der jüngten Kritik an der Finanzierung des neuen teuren Keckeisbuches uneinsichtig und wiederum sagte er etwas was ungeschickt war. Er beschuldigte indirekt die Medien indem er betonte, die Kritik habe System. Eine Aussage, mit der es sich einmal mehr aufs Glatteis begab und die einmal mehr zu weiteren negativen Echos führen wird.
Der auf Ende Jahr abtretende Armeechef bleibt den "verbalen Ausrutschern" bis zum Schluss treu. In einem Buch, das zu seinem Abschied erschienen ist, hält Keckeis im Interview fest:
«Die Armee ist nicht einsatzbereit für die Verteidigung eines militärischen Angriffs gegen die Schweiz. Mit diesem Risiko müssen wir leben.» Die Armee könne die Landesverteidigung nicht autonom gewährleisten. Sie habe jahrelang den Kampf der verbundenen Waffen vernachlässigt und sei nicht kriegsgenügend ausgerüstet.
Keckeis spricht auch Klartext zum Aufbau der Armee:
«Ich würde die Organisation der Armee anders angehen.» Der Kommandant des Heeres habe viel zu viele direkt Unterstellte: «So ist das Heer nach meiner Vorstellung nicht führbar.» Erst in seinem letzten Amtsjahr sei der Ruf unüberhörbar geworden, er solle das Problem noch vor seinem Abgang lösen.
«Die Politik träumt vor sich hin»
Mit der Politik geht Keckeis ebenfalls hart ins Gericht:
«Die Schweiz und ihre politischen Verantwortlichen träumen vor sich hin.» Wenn es darum gehe, die Landesverteidigung ernsthaft zu diskutieren, spüre er, dass die Leute sehr weit vom Ernstfall-Gedanken entfernt seien: «Sie interessieren sich nicht wirklich dafür.» Es fehle wahrscheinlich an Gegnern, man sehe den konkreten Feind nicht. (Quelle Tagesanzeiger online)
Nur zwei Tage nach der Buchvernissage wurde das Buch
«Christophe Keckeis. Die Zukunft der Schweizer Armee»
bereits ein Politikum. Von allen Seiten von links bis rechts wurde das Verteidigungsdepartement (VBS) kritisiert, das die Verbreitung des Buches mit 100 000 Franken unterstützt hatte. Das Buch war als Ueberraschung zum Abschied von Keckeis gedacht, der Ende Jahr als Armeechef in Rente geht. Im 168 Seiten umfassenden, mit vielen Fotos von Keckeis – vom Kleinkind bis zum höchsten Soldaten – illustrierten Werk haben in erster Linie Untergebene und Freunde wohlwollende Würdigungen publiziert. Zu den Schreibern gehören Keckeis' Stabschef, sein Fahrer, sein Sohn, seine Sekretärin, ihm unterstellte Sprecher und Offiziere sowie Journalisten.
Die beiden Herausgeber sind eng mit Keckeis verbunden: Philippe Zahno, sein Pressechef und Anton Schaller, der ehemalige TV-Journalist und Nationalrat, der von Keckeis ein Mandat als Kommunikationsberater hat.
Armeesprecher Felix Endrich beklagt im Buch auf acht Seiten die Skandalisierungsversuche einzelner Medien und verteilt an einige auserwählte Zeitungen Lorbeeren.
Keckeis übt im Buch Kritik an Personen, die andere Meinungen vertreten. In einem Interview, bei dem Schaller die Stichworte liefert, sagt Keckeis pauschal, Politiker seien «in erster Linie daran interessiert, wieder gewählt zu werden». «Die Schweiz und ihre politischen Verantwortlichen träumen vor sich hin», fügt Keckeis an. Sie interessierten sich nicht dafür, dass die Schweiz für einen militärischen Angriff nicht gerüstet sei. Keckeis kritisiert zudem die Organisation des Heeres und damit implizit auch dessen Chef. Bundesrat Samuel Schmid wiederum hält er vor, er sei auf die Innenpolitik fixiert. Schmid habe sich «ab und zu extrem engagiert bei Dingen, wie beim ausserdienstlichen Schiessen, bei Bewachungsfragen, die für mich nicht so prioritär waren».
Zum ersten Mal ist von Keckeis zu erfahren, dass die Schweizer Armee den in Afghanistan stationierten westlichen Streitkräften Material für den Flughafen Kabul geliefert habe. Er habe die «Aktion aber nicht an die grosse Glocke gehängt». Auf die Zukunft der Schweiz angesprochen, wagt Keckeis die Prognose, das Land werde 2020 entweder der EU beigetreten sein oder kurz davorstehen: «Etwa so sehe ich das, mehr liegt nicht drin.» (Quelle: St Galler Tagblatt)
Es werden Fragen gestellt
Wegen des «Abschiedsgeschenks» an den Armeechef Christophe Keckeis wird sich das VBS vermutlich noch einige Fragen gefallen lassen müssen. Das Buch avancierte übers Wochenende zum Politikum Dass sich ein abtretender Armeechef mit einem Buch ein Denkmal setzt, ist verständlich. Heikel ist in diesem Fall die Finanzierung.
Was wird kritisiert?
Erstens kauft das VBS 5000 Exemplare zum Preis von 100 000 Franken. Und zweitens steuern Rüstungsfirmen, also Lieferanten des Bundes, 30 000 Franken als Sponsoring bei. Dazu gehören unter anderem der Flugzeughersteller Eads oder die Rüstungslieferanten Thales und Ruag.
«Diese Kombination ist fragwürdig», findet etwa der Ausserrhoder Ständerat Hans Altherr (FDP). Hätte Keckeis das Buch privat und mit Hilfe von Sponsoren finanziert, wäre das in Ordnung gewesen. Mit dem Kauf von 5000 Exemplaren wird der Bund aber zum Mitherausgeber. Mit etwas bösem Willen könnte man vermuten, dass sich die Rüstungsfirmen mit einem Beitrag ihren nächsten Auftrag erkaufen mussten. Dass der Bund für das Buch 100 000 Franken ausgibt, finden auch gemässigte Politiker wie Hans Altherr «überrissen». Altherr übernimmt in der kommenden Session das Präsidium der Sicherheitspolitischen Kommission. Die Finanzierung des Buches werde in der Kommission sicher thematisiert, sagt Altherr. Mit weiteren parlamentarischen Vorstössen darf gerechnet werden.
Auch Bundesrat Samuel Schmid lässt nun ausrichten, er werde der Sache nachgehen. Schmid verlangt laut VBS-Sprecher Dominique Bugnon einen Bericht von der Armee, in dem sie darlegt, wer die Finanzierung geplant und bewilligt hat. Dies wiederum findet Ständerat Hans Altherr merkwürdig. Immerhin habe Samuel Schmid für das Buch ein Vorwort geschrieben.
Keckeis zeigt sich erstaunt - will aber die Verantwortung übernehmen
Laut baz hat sich Armeechef Christophe Keckeis erstaunt gezeigt über die Kritik, die das Buch über ihn und die Armeereform ausgelöst hat. Er sei etwas erstaunt, wie man gute Dinge immer verschmutzen könne, sagte Keckeis am Dienstag in der Sendung «HeuteMorgen» von Schweizer Radio DRS. Das gehöre aber scheinbar zum System in diesem Land.
Keckeis liess verlauten, er habe sich bei der Planung des Buchs dafür ausgesprochen, dass es ein Buch über die Armeereform werde und nicht ein Keckeis-Buch. Dies sei nicht sein Stil. Zur Kontroverse über die Finanzierung des Buchs - die Armee kaufte 5000 Exemplare für 100'000 Franken - sagte der Armeechef, schlussendlich müsse er alles verantworten, was in der Armee passiere. Vom Inhalt des Berichts, den Bundesrat Samuel Schmid angefordert hat, werde er erst erfahren, wenn der Bericht vorliege. Schmid selber habe gewusst, dass es ein Buch geben werde. Wahrscheinlich aber nicht mehr, sagte der Ende Jahr abtretende Armeechef.
Quintessenz: Christophe Keckeis stolperte bei seinen Auftritten und Aeusserungen stets über die selbe Hürde. Ueber sich selbst. Anstatt sich vor den Verlautbarungen briefen zu lassen, lehnte er sich unbedacht - angeblich "mutig" - allein und vorschnell zu stark aus dem Fenster und war dann nachträglich erstaunt, dass die Medien seine Aussagen wortwörtlich genommen hatten. Auch für einen Armeechef gilt: Medienaussagen müssen gut bedacht werden. Gesagt ist immer gesagt und unbedachte Worte können nachträglich nicht mehr gut zurückgenommen werden. Eine Wurstmaschine können wir auch nicht mehr rückwärts laufen lassen - im Glauben, es gebe dann wieder Würste.
Nachtrag 21.11.07 Zitat ST Galler Tagblatt:
Kein Geld für Keckeis-Buch
Bundesrat Schmid streicht 100 000 Franken für die Hommage an den Armeechef
Bemerkenswert rasch hat Verteidigungsminister Samuel Schmid reagiert: Für die Hommage an den scheidenden Armeechef Christophe Keckeis in Buchform gibt es kein Steuergeld.
Mit einem knappen Communiqué schritt Bundesrat Schmid gestern zum Befreiungsschlag. Er habe den Bereich Verteidigung angewiesen, für das Buch «Christophe Keckeis – Die Zukunft der Schweizer Armee» kein öffentliches Geld zur Verfügung zu stellen. 100 000 Franken wollte sich das VBS das Werk kosten lassen. 30 000 schossen Rüstungsunternehmen als Sponsoren ein.
100 000 Franken gesucht
Übers Wochenende beschloss er, die Finanzierung des Buchs unter die Lupe zu nehmen, wie VBS-Sprecher Dominique Bugnon bestätigte. Darüber wusste Schmid offenbar nichts, obwohl er das Geleitwort geschrieben hatte. Gestern lag der Bericht bereits vor, und Schmid stoppte den Kauf. Keckeis verdiene zwar eine Würdigung, hiess es in der Mitteilung. Doch das Buch müsse privat finanziert werden.
Damit nimmt das Geschäft für den Orell-Füssli-Verlag eine neue, unvorteilhafte Wendung. Zwar zeigte sich Philippe Zahno, Armeesprecher und Mitherausgeber des Buchs, überzeugt, dass eine «private Lösung» gefunden werde. Worin diese bestehen könnte, liess er gegenüber der Depeschenagentur aber offen. Bezahlt habe die Armee jedenfalls noch nichts, so Zahno.
Ende ZitatMitherausgeber Anton Schaller, der als Kommunikationsberater für das VBS tätig ist, hofft nun noch zusätzliche Sponsoren zu finden. Er rechnet damit, dass dann das Buch doch noch armeeintern verteilt werden kann.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen