Die NZZ am Sonntag vom 24.12.06 ging in einem aufschlussreichen Bericht der Frage nach, ob Frauen im Bundesrat eigentlich in einen Rollen-Clinch geraten.
Der Beitrag berief sich auf das historisch miserable Wahlergebnis der neuen Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey, dann ging er auf das fehlende Netzwerk der ersten Bundesrätin (Elisabeth Kopp) ein, die in Bedroulle geriet, nachdem sie Ihren übermächtigen Mann über brisantes Insiderwissen vororientiert hatte und freiwillig zurücktrat. Ferner auf die abgewählte Ruth Metzler, welche sich zu wenig um die politischen Spielregeln gekümmert hatte. Nur Ruth Dreifuss wurde im Aufsatz von Larissa Bieler als "die Normale" (Bundesrätin) hingestellt, die sogar selbst von sich gesagt hatte, sie sehe "bieder" aus. Das schlechte Abschneiden der künftigen Bundesrätin wird - ähnlich wie bei unserern Analysen - nicht nur den paradoxen Verhaltensweisen ( wie das Dauerlächeln Calmy-Reys , auch bei ernsten Themen) als wolle sie sich entschuldigen und zeigen wolle, wie gut sie ist. Micheline Calmy-Re sagte sogar selbst:
"Es ist ein Makel von mir, dass ich stets ein Lächeln aufsetze, als müsste ich mich entschuldigen für das, was ich zu sagen habe." > Experten, wie Bundesrats-Historiker Urs Altermann führt das schlechte Abschneiden Calmy -Reys nicht auf die Rolle als Frau zurück, sondern auf ihre Aussenpolitik.
Als Frau macht sie eine direktere Aussenpolitik. Die gradlinige, direkte Politik , wie sich von Frauen vertreten wird, entspreche nicht dem eingefahrenen, oft ritualisierten Politstil unter der Bundeshauskuppel, findet Anita Fetz.
Angeblich werden mächtige Frauen mit Liebesentzug bestraft und abgewertet - auch von Frauen!
Dies zeigte sich beispielsweise in Calmy-Reys Spitznamen "Cruella", der mitunter auf ihre blonden Haarsträhnen anspielt, die sie mit der Bösewichtin im Disney Film "101 Dalmatiner" teilt.
Die Aussenministerin selbst findet, dass die Abwertung der Frauen gezielt eingesetzt werde, um die gesamte weibliche Bevölkerung einzuschüchtern und sie daran zu erinnern, das sie ihren wahren Platz zu Hause haben.
Sehr wahrscheinlich gibt es tatsächlich einen Unterschied zwischen dem Politstil von Männern und von Frauen. Wenn wir die letzten Bundesrätinnen betrachten, so fällt auf:
- "Frauen greifen Themen auf, die ihnen dringlich erscheinen, ohne zu überlegen, wem sie dabei auf dei Füsse treten."(Aussage von Elisabeth Kopp)
- So brachte Ruth Metzler die Entkriminalisierung der Abtreibung gegen den Willen ihrer Partei aufs Tapet. Unbekümmert griff sie heisse Eisen an, wie die Verschärfung des Waffengesetzes (zum Aerger der konservativen Kräfte). - Auch bei der neuen Bundesrätin, bei Doris Leuthard zeichnet sich ab, dass sie gegen die CVP Männer vergeblich versuchte, in der Landwirtschaft die Marktöffnung durchzusetzen. Sie wurde dann auch von den eigenen Leuten vorgeführt und offen angegriffen.
Vergleichen wir diese angebliche typische Frauen-Haltung mit dem Verhalten der Männer im Bundesrat, so stellen wir fest: Nachdem Bunderat Blocher zwei Albaner zu Unrecht als Kriminelle bezeichnet hatte, und sich später seine Beschönigung als Lüge entpuppt hatte, trat er nicht zurück. Blocher trat nicht zurück. Männer sitzen Krisen aus. Männer nutzen vor allem ihr Netzwerk.
Jüngstes Beispiel vom 24. 12.06.: Bundesrat Leuenberger kann es sich leisten, gegen die SP zu reden. Vor Weihnachten erlaubte er sich - entgegen der SP Meinung - eine Erhöhung des AHV Alters ins Auge zu fassen (im Interesse einer Gesamtlösung) und den Bau neuer Kernkraftwerke als Option beizubehalten (im Interesse des CO2 Problems). Auch Bundesrat Schmid, aber auch Bundesrat Blocher hatten nie Berührungsängste mit der eigenen Partei, wenn sie als Bundesräte gegen die eigene Partei politisiert hatten. Im Gegensatz zu den Frauen, folgten daraus nie grosse Gegenreaktionen.
Nach unserem Dafürhalten, wären deshalb die Frauen gut beraten, wenn sie weiterhin gradlinig und unbeirrt ihre Ziele anpeilen. Doch geht es nicht ohne Diplomatie und gewisse Rücksichtnahme. Langfristig werden sie als Frauen auch wieder Rückschläge erleiden, wenn nicht gelernt wird - so wie die Männer - die eigenen Netzwerke aufzubauen. Netzwerke sind hilfreiche Auffangeinrichtungen, die nicht nur für Akrobaten im Zirkus das Leben, sondern auch für Bundesrätinnen die politische Karriere retten können.
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