Freitag, 12. Juni 2020

Debatte um Mohrenköpfe

Was bedeutet das Wort «Mohrenkopf»?
Der Ausdruck «Kopf eines Mohren» ist eine veraltete Bezeichnung für Menschen mit dunkler Hautfarbe. Andere sehen im Zusammenhang mit «Mohrenkopf» jedoch eine andere Herkunft. Das Wort gehe auf den altdeutschen Begriff «Môre» zurück, was Wildschwein bedeute.

Wieso heisst der «Mohrenkopf» so?
Der Ausdruck wird für verschiedene Gebäcke gebraucht. Die Urform bestand aber wohl aus zwei Ei-Schnee-Hälften, welche mit Konfitüre zusammengeklebt wurde. Danach überzog man sie mit dunkler Schokolade. Vergleichbar etwa mit dem Wappen der Berner Zunft zum Mohren soll der «Mohrenkopf» das Haupt inklusive der Frisur von Afrikanern darstellen.





Zunft zur Mohren.





 Wird für ihren Auftritt immer wieder kritisiert: Die Zunft zur Mohren. 
Was ist die Geschichte dahinter?
 «Mohrenkopf» wurde im Zusammenhang mit Süssigkeiten im deutschsprachigen Raum erstmals im 19. Jahrhundert erwähnt. Der «Mohrenkopf» gilt als Erfindung Leipziger Bäcker. Denn im regelmässig erschienenen «Universal-Lexikon der Kochkunst» von damals sind diese Süssigkeiten aufgeführt. Sie wurden zu der Zeit offenbar nicht nur «Mohrenköpfe», sondern auch «Indianer-Krapfen» genannt.

Ist der Ausdruck nun rassistisch?
Diese Debatte gibt es schon seit Langem. Aktuell hat Migros sie ausgelöst, weil sie künftig die «Mohrenköpfe» der Firma Dubler nicht mehr verkaufen will. Viele sind mit der Migros einig und stufen den Begriff als rassistisch ein. So ist die Aargauer Firma Dubler dann auch eine der letzten Konfiseure, welche den Namen für das Süssgebäck nicht ändern will.
Robert Dubler äussert sich derweil in den Medien und sagt, dass mit einer Namensänderung dem Grundproblem Rassismus nicht entgegengewirkt werde. Für ihn ist klar, dass er mit dem Namen «Mohrenkopf» niemanden beleidigen will – im Gegenteil, er stehe für etwas Positives.
In einem Interview mit SRF äusserte sich 2014 beispielsweise auch Celeste Ugochukwu, Koordinator des Afrika Diaspora Rat Schweiz (ADRS), wie folgt: «Ich finde, es ist ein Zeichen für ein Minderwertigkeitsgefühl, wenn ein Afrikaner denkt, dass alle afrikanischen Symbole in Europa einen negativen Hintergrund haben und dass man sie einfach so abschaffen soll.»
Wie nennt man die Süssigkeiten heute? Es gibt mittlerweile verschiedene Ausdrücke für den «Mohrenkopf». So wird er in einigen deutschen Sprachgebieten Schokokuss oder einfach Schokokopf genannt. Im Englischen spricht man vom Angels' head.

Ist der Name «Mohrenkopf» für Süssigkeiten heute noch tragbar? (Umfrage SRF)

  1. Ja, ich finde schon.
    70%
  2. Nein, dieser Ausdruck ist heute nicht mehr angebracht.
    18%
  3. Das ist mir egal, ich mag einfach das Gebäck.
    13%
    KOMMENTAR:
    Stoppt die missionarischen Sprachpolizisten.
    Wir kennen viele hilstorisch überlieferten Sprachbilder, die  nicht in die Rassismus-Schublade gesteckt werden können, wile sie nicht abwertend gedacht sind:
    z. Bsp.
    "Der Moor hat seine Schuldigkeit getan".

 

Migros hat auf eine fragwürdige Twitterin reagiert, überreagiert.

Wussten Sie, dass eine fragwürdige Twitterin eine Lawine lostreten konnte?
Am 8. Juni schrieb eine gewisse MereSirrTeh: "Liebe Migros, ich bitte Sie, dieses Produkt unverzüglich aus ihrem Sortiment zu nehmen!? Dieser Ausdruck ist äusserst rassistisch konnotiert und entspricht nicht der Political Correctness."
(Quelle 20 Min) 
Wer hinter dem Namen MereSirrTeh steckt, ist unbekannt: Der Account hat nur die Illustration einer Frau als Profilbild, Angaben zur Person sind nicht auszumachen. Inzwischen ist das Konto bereits gelöscht worden. Was aber feststeht : MereSirrTeh verhielt sich selbst auf Social Media alles andere als politisch korrekt. Sie ist die Autorin des

55 Jahre sind gnueg uf dere Welt. Chasch ga jetz.
Twitterin MereSirrTeh
  User Ferdinand Müller erfährt das als erster: «Hast du keine anderen Probleme? Ich bin nun bald 55 Jahre alt, und ich bin mit Mohrenköpfen in Schoggiform aufgewachsen», kritisiert er ihren Hinweis an die Migros. Da antwortet MereSirrTeh: «55 Jahre sind gnueg uf dere Welt. Chasch ga jetz.»
Auch «Persoenlich»-Journalist Christian Beck mischt sich in die Diskussion ein: «Ich habe bei Mohrenkopf noch nie an einen Menschen mit dunkler Hautfarbe gedacht. (...) Diskussionswürdig, wenns stört. Am besten durch Nichtkaufen abstrafen.» MereSirrTeh kontert: «Nobody cares was du denkst, Kolleg???? Du bist weiss und deswegen auch nicht betroffen. Ergo ist deine Meinung irrelevant (...).»


Die Migros will es zwar gegenüber «Nau» nicht wahr haben, dass der Entscheid, sich von den Dubler-«Mohrenköpfen» zu trennen, auf die Aufforderung einer einzigen Twitter-Userin  gefällt worden sei.
Die Kommentarspalten bestätigen aber, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung den Entscheid der Migros nicht nachvollziehen kann, die "Mohrenköpfe" von Dubler aus Ihren Regalen zu verbannen.
Der Entscheid des Riesen MIGROS führte jedenfalls zu einem Dominoeffekt. Während Spar und Volg sich noch überlegen, Dubler-«Mohrenköpfe» aus dem Sortiment zu werfen, hat Manor bereits die Richterich-«Mohrenköpfe» aus den Regalen verschwinden lassen.
Damit ist doch erstaunlich, was eine  anonyme Twitterin auslösen konnte. Dank der Antirassismusprotestwelle konnte eine fragwürdige Person eine Lawine lostreten.
Ich bin überzeugt, dass die meisten Konsumenten beim Genuss eines "Mohrenkopfes"- so wie   Christian Beck - nie an einen Menschen mit dunkler Hautfarbe denken. 
Das militante Verhalten der Sprachpolizisten hat übrigens in den Vereinigten Staaten mit dazu beigetragen, dass der unberechenbare Trump viele zusätzliche Stimmen erhalten hatte, nur weil er  sich  bewusst über die Forderungen der politisch Korrekten hinweggesetzt hatte. Die Sprachzerstümmelung nahm nämlich in den USA groteske Formen an. Die Reaktion der Leserinnen und Leser nach dem Mohrenkopfentscheid ist möglicherweise auch als Gegenreaktion zu werten, gegen jene  Sprachmissionare, welche am liebsten alle traditionelle Märchen und Klassiker umschreiben lassen möchten, die politisch unkorrekte Begriffe enthalten. Bleiben wir uns bewusst:
Der gesunde Menschenverstand ist heute  noch eine Hilfe, wenn es darum geht, unsere Sprache zu pflegen. Er bewahrt uns auch vor Ueberreaktionen.