(Ich zitiere Tagi)
Eklat, Emotionen – EU-Deal ade?
«Frechheit» und «Verrat» sind starke Worte für Bundesbern. So geschehen gestern. Ein Scherbenhaufen für Bundesrat Johann Schneider-Ammann.
Es muss ein kurzes Telefonat gewesen sein. Nachdem Paul Rechsteiner, Präsident des Gewerkschaftsbunds, aus den Ferien zurückgekehrt war, hat am Mittwochmorgen endlich das Gespräch zwischen ihm und Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (FDP) stattgefunden. Thema: die flankierenden Massnahmen. Die EU kritisiert dieses Bollwerk zum Schutz der Schweizer Löhne seit Jahren. Ohne Konzessionen droht das Rahmenabkommen zu scheitern, womit die Schweiz mit Gegenmassnahmen der EU rechnen müsste.
Doch das beunruhigt Paul Rechsteiner nicht: Er teilte Schneider-Ammann vergangenen Mittwoch am Telefon kurzerhand mit, dass er nicht an den Verhandlungen teilnehmen werde. Diesen Entscheid hatte die Spitze des Gewerkschaftsbunds (SGB) bereits am Abend zuvor gefällt. Der zweite Dachverband der Gewerkschaften, Travailsuisse, erfuhr auch erst am Mittwoch vom Boykott der Kollegen. Am Nachmittag zog sich dann plötzlich auch Travailsuisse zurück. Somit kann Schneider-Ammann ab sofort nur noch mit den Arbeitgebern und den Kantonen verhandeln.
Am Nachmittag ritt die SGB-Spitze um Rechsteiner vor den Medien eine ungewöhnlich heftige Attacke auf Schneider-Ammann, um den Boykott zu begründen. Unia-Präsidentin Vania Alleva sprach von «Frechheit» und «Verrat». Schneider-Ammann setze den sozialen Frieden aufs Spiel und plane einen «Generalangriff auf essenzielle Arbeitnehmerrechte».
Paul Rechsteiner wählt harte Worte.
Auch die konkreten Vorwürfe wiegen schwer. Laut Rechsteiner hat das Departement Schneider-Ammann die Ziele der Gespräche so definiert, dass erstens der Lohnschutz geschwächt werden und zweitens die EU ein Mitspracherecht bei dessen Ausgestaltung erhalten soll. Das wäre neu, heute entscheidet die Schweiz alleine über die flankierenden Massnahmen. Darüber hinaus kommen gemäss dem SGB fast alle Elemente unter Druck, nicht nur die 8-Tage-Regel, die vorschreibt, dass ausländische Firmen Einsätze in der Schweiz stets acht Tage vorher anmelden müssen. Rechsteiner kündigte notfalls erbitterte Gegenwehr inklusive Referendum an.
KOMMENTAR: Beim Gewerkschaftsbund und bei der SVP gibt es im Umgang mit der EU rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen. Die Befürworter des Rahmenabkommens und der Personenfreizügigkeit finden, dass man bei Verhandlungen auf rote Linien verzichten müsse und Felxibilität gefragt ist.
Wenn beim Schutz der Löhne und bei der Selbstbestimmung die EU nicht bereit ist, die rote Linie der Schweizer zu akzeptieren, wird es nun zwangsläufig zum Eklat kommen. SGB und SVP, sehr wahrscheinlich auch unterstützt von der CVP befürworten rote Linien.
Wir fragen uns, ob man nun der SGB, SVP und CVP (laut Blick) Sturheit vorwerfen kann, oder ob es vor Verhandlungen nicht legal ist, festzuhalten, welche Grenze auf keinen Fall überschritten werden darf.
SP und SVP zusammen sind allein schon fähig, das Rahmenabkommen zu versenken. Vielleicht erkennt nun die EU, dass es der Schweiz ernst ist mit der roten Linie.
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