Erfahrene Kommunikationsberater verzichten auf überholte Tipps der Rhetorikausbildung
Immer noch gibt es Führungskräfte, denen alte fragwürdigen Verhaltensregeln beigebracht werden, an sie während eines Auftrittes denken sollten. Damit belasten sie sich während des Sprechens (sie werden abgelenkt!). Beispielsweise könnte geraten werden:
"Achten Sie beim Sprechen darauf, dass die Handflächen nach oben gerichtet sind, sonst wirken Sie zu dominant."
Oder: "Schauen Sie dem Gegenüber auf die Nasenwurzel, das irritiert es". usw.
Ich staune, wie viele Menschen in teuren Trainingseinheiten beigebracht wird, worauf sie WAEHREND des Redens achten sollten (Körpersprache, Stimme, Blick usw.).
Diese Tipps führen dazu, dass sich der Redner auf zahlreiche Details konzentriert, statt 100%ig auf das Sprechdenken und das Publikum. Personen, die von ihrer Botschaft überzeugt sind, müssen sich nicht beim Reden um Gestik, Stimme usw. kümmern. Die Stimme stimmt dann mit der Stimmung automatisch überein. Zudem werden rhetorische Fehler bei begeisternden Rednern verziehen.
All die belastenden Tipps und theaterzentrierten Empfehlungen beeinträchtigen die Ueberzeugungsfähigkeit. Ein Training, das unnötig belastet, verschlechtert die Auftrittskompetenz.
Folgende bewährten Wegweiser haben sich hingegen seit den alten Griechen bewährt. Sie sind für jene Redner eine enorme Entlastung, die verfremdet wurden und mit zahlreichen Ratschlägen erschlagen worden sind. Sie vereinfachen Auftritte.
1. Die VORBEREITUNG ist die halbe Miete
Gedanken und Ideen für eine Rede müssen reifen. Das bedarf seiner Zeit. Wir lassen über Tage beim Wandern oder beim Nichtstun das Unterbewusstsein für uns arbeiten. Ein Notizbuch muss stets dabei sein. Geschichten, Erlebnisse, Beispiele, die unaufgefordert zufallen, werden notiert. Es wäre völlig falsch, Formulierungen auswendig zu lernen oder abzulesen.
Es ist erstaunlich, wie wenige Menschen gelernt haben, vor Publikum frei zu sprechen.
2. Nur wenn das FEUER der Begeisterung in einem Redner brennt, kann er auch beim Publikum ein Feuer entfachen.
Wer kein Lampenfieber hat, müsste künstlich das notwenige Adrenalin erzeugen.
Nur wer eine gewisse Spannung hat, kann diese Spannung nutzen.
Haben Sie nicht auch schon einen Redner erlebt, der blutleer einen geschriebenen Text herunterleierte, so wie eine Stewardess, die ihre Instruktion vor dem Abflug zum x ten Mal herunterleiert?
3. Antizipieren Sie denkbare PANNEN
- Was mache ich, wenn die Technik versagt?
- Bei Stromausfall?
Achten Sie auf das Verhalten von Profis, wenn diese eine Panne haben.
Als einmal beim SRF Tagesschausprecher Franz Fischlin alle Verbindungen ausgefallen sind, hat er die Details ruhig beschrieben.
"Jetzt habe ich keinen Kontakt mehr mit der Regie".
"Der Monitor ist schwarz. Vielleicht können Sie mich zu Hause vor dem Bildschirm auch nicht mehr sehen."
Er verlor die Nerven keine Sekunde. Während des Beschreibens der Panne und seinem Hinweis, dass er so etwas noch nie erlebt habe, war die Panne schon wieder behoben worden.
4. LANGEWEILE ist Gift
Jedes Publikum will auch unterhalten werden.
Erlebnisse, Beispiele, Geschichten beleben einen Auftritt.
Ich kenne einen bekannten Redner, der sagte, ihm sei es wichtig, dass das Publikum innert weniger Minuten einmal lache oder schmunzle, ohne einen abgedroschenen Witz zu erzählen.
Es gebe immer passende Anekdoten.
5. FRAGEN stellen
Monologe sind tödlich. Aktivieren Sie das Publikum mit rhetorischen Fragen.
Scheinfragen beleben Ihren Auftritt. Es gibt derzeit viele Redner, die das Publikum sehr schnell durch Handerheben seine Meinung äussern lassen: "Wer hat schon....?"
Zuhörer werden aktiviert.
6. Aussagen werden durch PAUSEN verständlicher, nachvollziehbarer und sind für Redner Kraftquellen.
7. AUGENKONTAKT
Sie müssen nicht BEWUSST während des Redens einzelne Personen länger anschauen, obschon in wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen werden kann, dass ein Mensch erst nach ca 5 Sekunden Blickkontakt das Gefühl hat, angesprochen worden zu sein.
Wenn das Publikum Sie interessiert, reden Sie nämlich automatisch länger mit einzelnen Personen.
8. AUTHENTIZITAET
Immer wieder gibt es Redner, die bei der Analyse von erkannten Fehlern die Selbstschutzbehauptung vorbringen:
"Wissen Sie, so bin ich eben. Wichtig ist für mich, authentisch zu sein".
Alle Redner haben stets die entsprechende Situation mit zu berücksichtigen.
Authentisch sprechen will nicht heissen, authentisch falsch zu sprechen. Es gibt Grundsätze des Verstehens, die wir immer berücksichtigen müssen.
FAZIT: Es lohnt sich, der persönlichen Auftrittskompetenz laufend Beachtung zu schenken.
Wer glaubt, dass der Inhalt wichtiger ist als das WIE, der muss dies oft bitter büssen, wie Bundesrat Schneider Ammann, der seine "Aehm" - Marotte viel zu lange nicht eliminiert hatte:
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