Donnerstag, 7. September 2017

Solche Fälle bremsen die Willkommenskultur

Prozess gegen Asylbewerber in Freiburg:
 Quelle: NZZ am Abend
In Freiburg steht  der afghanische Asylbewerber Hussein K. vor Gericht. Er soll 2016 die 19-jährige Studentin Maria L. vergewaltigt und ermordet haben. Der Fall ist auch deshalb brisant, weil K. bereits 2013 in Griechenland wegen versuchten Mordes an einer jungen Frau im Gefängnis sass, dort vorzeitig entlassen wurde und 2015 ungehindert über alle Grenzen nach Deutschland kam. Zum Auftakt des Prozesses machte K. am Dienstag widersprüchliche Angaben über sein Alter
Weshalb der Fall Hussein K. die deutsche Flüchtlingspolitik infrage stellt

von Stephanie Lahrtz
Der Flüchtling Hussein K. kam unter falschen Angaben nach Deutschland und ermordete dort eine Studentin. Nun beginnt sein Prozess. Doch in Freiburg wird nicht nur ein Verbrechen verhandelt.



Ab Dienstag steht ein junger Mann in Freiburg im Breisgau vor Gericht, angeklagt wegen schwerer Vergewaltigung und Mord. In der Nacht zum 16. Oktober 2016 soll er eine Studentin gewürgt und vergewaltigt und anschliessend bewusstlos im Flüsschen Dreisam abgelegt haben, wo sie ertrank. Festgenommen wurde er knapp sieben Wochen nach der Tat, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Doch es handelt sich nicht nur um ein grausames Verbrechen, sondern auch um einen politisch brisanten Fall. Denn der Angeklagte Hussein K. war zum Zeitpunkt der Tat ein Asylbewerber, ins Land gekommen zur Zeit des stärksten Flüchtlingsstroms im Herbst 2015. Seine Festnahme befeuerte Ängste um bröckelnde innere Sicherheit angesichts Hunderttausender Zuwanderer.

Zuvor war Hussein K. in Griechenland wegen Mordversuchs verurteilt worden

Als Brandbeschleuniger diente die Tatsache, dass Hussein K. bereits im Mai 2013 und damit wenige Monate nach seiner Einreise nach Griechenland auf Korfu eine junge Frau ausgeraubt und eine Klippe hinuntergestossen hatte. Die Frau hatte den Sturz schwer verletzt überlebt. Für diesen Mordversuch erhielt der Täter eine zehnjährige Gefängnisstrafe, wurde aber Ende Oktober 2015 unter Auflagen wie regelmässiger Meldepflicht auf Bewährung entlassen.
Sehr bald danach tauchte er in Griechenland unter und beantragte bereits am 12. November 2015 in Deutschland bei der Bundespolizei in Freiburg Asyl. Er sei 17 und Afghane, gab er an. Papiere hatte er keine. Er wurde zwar erkennungsdienstlich behandelt. Aber Erkenntnisse über die kriminelle Vergangenheit des Neuankömmlings erhielt die deutsche Polizei nicht. Denn Griechenland hatte bis dahin keinen internationalen Suchbefehl für den jungen Mann bei Interpol oder dem Schengener Informationssystem eingetragen.
Allerdings ist fraglich, ob dies tatsächlich Schlamperei seitens griechischer Behörden war. Denn die Zeit zwischen der Freilassung Hussein K.s aus dem griechischen Gefängnis und dem Auftauchen in Freiburg reiche kaum aus, um einen auf Bewährung Entlassenen, der sich nicht auflagengemäss bei den Behörden melde, mit einem internationalen Haftbefehl suchen zu lassen, erläuterte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Freiburg im Gespräch. In Deutschland macht sich nach dem ersten verpassten Meldetermin zuerst die lokale Polizei auf die Suche nach der Person. Dann wird das Abtauchen einem Gericht gemeldet, dieses widerruft die Bewährung und erlässt erst einen nationalen und bei schwerwiegenden Taten dann auch einen internationalen Haftbefehl.

Die Knochen verraten das wahre Alter von Hussein K.

Der Fall Hussein K. verschafft auch jenen Kritikern Nahrung, die viele Zuwanderer als Sozialschmarotzer und Betrüger ansehen. Denn es ist erstens nicht absolut sicher, ob der Mann wirklich Afghane ist. Er hat laut den Ermittlungen vor seiner Zeit in Europa lange in Iran gelebt. Zweitens hat er bei seinem Asylgesuch in Deutschland offenbar ein falsches Alter genannt. Schon bei der Einreise nach Griechenland hatte er sein Alter mit 17 angegeben – notabene genauso alt, wie er knapp drei Jahre später immer noch sein wollte.
Er machte sich damit in Deutschland erneut zum Minderjährigen, wohlwissend, dass er so eine bessere Behandlung erfahren würde. Denn unbegleitete Minderjährige werden vom Jugendamt in Obhut genommen. Sie erhalten in der Regel bessere Wohnmöglichkeiten und leichteren Zugang zu diversen Integrationshilfen wie Sprachkursen, Schulen oder auch psychologischer Unterstützung. Angaben zur Person – oder zur Tat – hat der Angeklagte in der Untersuchungshaft bisher keine gemacht.
Im nun beginnenden Strafprozess ist das Alter aber nicht mehr nur eine Frage von gerechtfertigten Sozialleistungen, sondern entscheidend für das Strafmass. Es ist somit einer der Knackpunkte des ganzen Verfahrens. Medizinische Gutachten von Anfang 2017 haben laut der Staatsanwaltschaft Freiburg ergeben, dass der Mann mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens 22 Jahre alt ist. Gemäss Fachpublikationen werden bei der forensischen Altersdiagnostik der Kiefer, eine Hand sowie die Schlüsselbeine geröntgt. Anhaltspunkte für die Altersschätzung liefern die Verknöcherungen der Wachstumsfugen in den Fingergelenken und im Schlüsselbein sowie die Sichtbarkeit der sogenannten Weisheitszähne und ihr Mineralisationsgrad. Wenn die Wachstumsfuge des Schlüsselbeins vollständig geschlossen sei, könne man davon ausgehen, dass die Person mindestens 22 Jahre alt sei, wird betont.

Nach Erwachsenenstrafrecht ist eine lebenslange Freiheitsstrafe möglich

Nun muss das Gericht über das Alter von Hussein K. zum Tatzeitpunkt entscheiden. Kommt es zu dem Schluss, dass er nachweislich älter als 21 Jahre war, würde er nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt und erhielte bei einer Verurteilung eine lebenslange Freiheitsstrafe. Täter zwischen 18 und 21 Jahren gelten hingegen als Heranwachsende, dann kann das Gericht das Jugendstrafrecht anwenden. Da das Alter noch nicht sicher feststeht, wird die Tat vor der Jugendkammer verhandelt.

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