«In 40 Prozent der Fälle fühlen sich Angestellte vom Chef bloss gestellt»
28.07.17
Viele trauen sich nicht, ihren Vorgesetzten auf Fehler
aufmerksam zu machen – schliesslich könnte dieser beleidigt reagieren,
wütend werden oder einen sogar entlassen. Deshalb schlucken sie ihren
Ärger runter. Wie es anders geht und wie man dem Chef erfolgreich
widerspricht, weiss der Kommunikationsexperte Marcus Knill*.
Redaktion/Interview: Textagentur etextera
Redaktion/Interview: Textagentur etextera
Herr Knill, was sind die häufigsten Gründe wenn Angestellte mit ihrem Chef unzufrieden sind?
Konflikte mit Vorgesetzten entstehen, wenn sich Mitarbeitende auf der Beziehungsebene nicht ernstgenommen und wertgeschätzt fühlen. In 40 Prozent der Fälle fühlen sich diese vom Chef bloss gestellt und isoliert. Schnell ist dann von Mobbing die Rede. Das Problem ist: Wir haben nicht gelernt, Kritik zu üben, Klartext zu reden und Dinge direkt anzusprechen. Das ist ein bisschen wie in der Ehe.
Im Konflikt mit dem Chef kommt allerdings ein Hierarchiegefälle hinzu, das die ganze Sache noch schwieriger macht: Der Boss sitzt am längeren Hebel und kann im Extremfall feuern.
Stimmt, damit muss man umgehen lernen. In einem Fall, in dem ich mal als Coach zugegen war, führte ein neuer Unternehmens-Chef Kamingespräche mit der untersten Führungsebene ein; das mittlere Kader jedoch klammerte er davon aus. In der Folge nutzte die untere Ebene diese Gespräche als Plattform, um Kritik an ihren direkten Vorgesetzten der mittleren Ebene zu üben und übertrieb dabei zum Teil. Der neue Konzernchef wiederum ging mit diesen Infos zur mittleren Ebene und traf Massnahmen, ohne das Gehörte zu hinterfragen – was ein No-Go ist. Mein Job war es dann, den Mitarbeitern der mittleren Ebene beizubringen, wie sie ihrem Chef sagen: «So geht das nicht.»
Bloss kein E-Mail schreiben!
Wie lautete Ihr Rat?
Sucht das Gespräch! Viele schreiben in solchen Fällen ein E-Mail und überdenken dabei jedes Wort. Die Crux jedoch ist: Bei dieser nonverbalen Kommunikation fehlen Stimme und Gesichtsausdruck. Ist ein geschriebenes Wort aber nicht ganz klar, bekommt der Adressat es schnell in den falschen Hals. Schwarz auf Weiss kann es auch nicht mehr so leicht zurückgenommen werden. Deshalb unbedingt das Gespräch suchen. Und zwar auf direktem Weg.
Wie meinen Sie das?
Hat ein Lehrer etwa ein Problem mit dem Schulpräsidenten, sollte er sich direkt an ihn wenden und nicht den Umweg über den Schulleiter nehmen. Im Falle des neuen Chefs und den Kamingesprächen war der Erfolg jedenfalls enorm. Dieser hat sich nach einer direkten Aussprache nie mehr solche Spiele geleistet. Wichtig war dabei auch, dass das Gespräch nicht nur zwischen Tür und Angel stattfand und vor allem unter vier Augen.
Der Ton ist essenziell, dessen sind sich die meisten nur nicht bewusst
Sie meinen ohne Publikum?
Genau. Nehmen wir ein anderes Beispiel: Eine Schülerin war drei Wochen krank und fühlt sich bei der ersten Prüfung ungerecht benotet, weil sie so viel verpasst hat. Geht sie nach dem Unterricht zum Lehrer und beschwert sich für alle hörbar, wird sich dieser bloss gestellt fühlen und keine Einsicht zeigen. Bittet sie allerdings um ein Gespräch unter vier Augen, ist das Ergebnis mit Sicherheit ein anderes. Der Ton ist nun mal essenziell, dessen sind sich die meisten nur nicht bewusst.
Was bedeutet dies zusammengefasst für ein erfolgreiches Kritikgespräch mit dem Vorgesetzten?
Führen Sie ein solches Gespräch direkt und unter vier Augen, aber bloss nicht über Dritte oder im Plenum. Auch ein Mail ist keine gute Idee. Wichtig ist ausserdem: Nicht zu lange damit warten. Zwar sollten Sie das Ganze nicht in der ersten Wut angehen – aber gleich danach. Beim Gespräch wiederum gilt es, schnell auf den Punkt zu kommen und nicht um den heissen Brei zu reden. Werden diese Punkte beachtet, lässt sich für so ziemlich jeden Konflikt eine erfolgreiche Lösung finden.
Zur Person
*Marcus Knill ist Inhaber der Kommunikationsfirma Knill+Knill. Als Kommunikationsberater und Coach hält er Seminare in der ganzen Schweiz und wird als Einzelcoach oder Berater in schwierigen Situationen engagiert. Er ist Autor von Fachbüchern und Fachbeiträgen im Kommunikationsbereich und machte sich als Autor der Plattform einen Namen.
Konflikte mit Vorgesetzten entstehen, wenn sich Mitarbeitende auf der Beziehungsebene nicht ernstgenommen und wertgeschätzt fühlen. In 40 Prozent der Fälle fühlen sich diese vom Chef bloss gestellt und isoliert. Schnell ist dann von Mobbing die Rede. Das Problem ist: Wir haben nicht gelernt, Kritik zu üben, Klartext zu reden und Dinge direkt anzusprechen. Das ist ein bisschen wie in der Ehe.
Im Konflikt mit dem Chef kommt allerdings ein Hierarchiegefälle hinzu, das die ganze Sache noch schwieriger macht: Der Boss sitzt am längeren Hebel und kann im Extremfall feuern.
Stimmt, damit muss man umgehen lernen. In einem Fall, in dem ich mal als Coach zugegen war, führte ein neuer Unternehmens-Chef Kamingespräche mit der untersten Führungsebene ein; das mittlere Kader jedoch klammerte er davon aus. In der Folge nutzte die untere Ebene diese Gespräche als Plattform, um Kritik an ihren direkten Vorgesetzten der mittleren Ebene zu üben und übertrieb dabei zum Teil. Der neue Konzernchef wiederum ging mit diesen Infos zur mittleren Ebene und traf Massnahmen, ohne das Gehörte zu hinterfragen – was ein No-Go ist. Mein Job war es dann, den Mitarbeitern der mittleren Ebene beizubringen, wie sie ihrem Chef sagen: «So geht das nicht.»
Bloss kein E-Mail schreiben!
Wie lautete Ihr Rat?
Sucht das Gespräch! Viele schreiben in solchen Fällen ein E-Mail und überdenken dabei jedes Wort. Die Crux jedoch ist: Bei dieser nonverbalen Kommunikation fehlen Stimme und Gesichtsausdruck. Ist ein geschriebenes Wort aber nicht ganz klar, bekommt der Adressat es schnell in den falschen Hals. Schwarz auf Weiss kann es auch nicht mehr so leicht zurückgenommen werden. Deshalb unbedingt das Gespräch suchen. Und zwar auf direktem Weg.
Wie meinen Sie das?
Hat ein Lehrer etwa ein Problem mit dem Schulpräsidenten, sollte er sich direkt an ihn wenden und nicht den Umweg über den Schulleiter nehmen. Im Falle des neuen Chefs und den Kamingesprächen war der Erfolg jedenfalls enorm. Dieser hat sich nach einer direkten Aussprache nie mehr solche Spiele geleistet. Wichtig war dabei auch, dass das Gespräch nicht nur zwischen Tür und Angel stattfand und vor allem unter vier Augen.
Der Ton ist essenziell, dessen sind sich die meisten nur nicht bewusst
Sie meinen ohne Publikum?
Genau. Nehmen wir ein anderes Beispiel: Eine Schülerin war drei Wochen krank und fühlt sich bei der ersten Prüfung ungerecht benotet, weil sie so viel verpasst hat. Geht sie nach dem Unterricht zum Lehrer und beschwert sich für alle hörbar, wird sich dieser bloss gestellt fühlen und keine Einsicht zeigen. Bittet sie allerdings um ein Gespräch unter vier Augen, ist das Ergebnis mit Sicherheit ein anderes. Der Ton ist nun mal essenziell, dessen sind sich die meisten nur nicht bewusst.
Was bedeutet dies zusammengefasst für ein erfolgreiches Kritikgespräch mit dem Vorgesetzten?
Führen Sie ein solches Gespräch direkt und unter vier Augen, aber bloss nicht über Dritte oder im Plenum. Auch ein Mail ist keine gute Idee. Wichtig ist ausserdem: Nicht zu lange damit warten. Zwar sollten Sie das Ganze nicht in der ersten Wut angehen – aber gleich danach. Beim Gespräch wiederum gilt es, schnell auf den Punkt zu kommen und nicht um den heissen Brei zu reden. Werden diese Punkte beachtet, lässt sich für so ziemlich jeden Konflikt eine erfolgreiche Lösung finden.
Zur Person
*Marcus Knill ist Inhaber der Kommunikationsfirma Knill+Knill. Als Kommunikationsberater und Coach hält er Seminare in der ganzen Schweiz und wird als Einzelcoach oder Berater in schwierigen Situationen engagiert. Er ist Autor von Fachbüchern und Fachbeiträgen im Kommunikationsbereich und machte sich als Autor der Plattform einen Namen.
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