Sommaruga verlässt Saal
nach Attacke von Köppel
Als SVP-Nationalrat Roger Köppel Bundesrätin Simonetta Sommaruga im Nationalrat verbal attackiert, verlässt diese den Saal – und mit ihr die gesamte SP-Fraktion. (Quelle 20 Min)
In der Sondersession des Nationalrates
ist es am Dienstag zum Eklat gekommen. Als der «Weltwoche»-Chefredaktor
und neugewählte Nationalrat Roger Köppel zur Ausweitung der
Personenfreizügigkeit auf Kroatien spricht und dabei Bundesrätin
Sommaruga massiv angreift, verlässt diese den Saal. Köppel sagte,
Sommaruga setze sich «mit einer frivolen Leichtfertigkeit» über
Verfassungsbestimmungen hinweg.
Köppels Attacke im Wortlaut
«Ich staune, ja, ich finde es fast schon wieder bewundernswert, mit was für einer frivolen Leichtfertigkeit Sie sich, Frau Bundesrätin, über Verfassungsbestimmungen hinwegsetzen, die Sie selber bis vor Kurzem noch mit Vehemenz hochgehalten haben.»
«Ich weiss, Frau Bundesrätin, Sie haben es nicht so gern, wenn man die Dinge beim Namen nennt, wenn man sagt, wie es wirklich ist. Sie reden lieber von Plangenehmigungsverfahren statt von Enteignungen, wenn Sie den Leuten die Häuser und die Wohnungen wegnehmen wollen, um dort die von Ihnen ins Land geholten jungen Männer aus Gambia, Somalia oder Eritrea als Asylanten unterzubringen. Und Sie sprechen lieber von Verhandlungen oder von Ausgleichsmassnahmen statt von Erpressung, wenn Sie die offenkundige Tatsache bemänteln wollen, dass Sie und Ihre Kollegen sich bei der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien von der EU haben erpressen lassen.»
«Ich staune, ja, ich finde es fast schon wieder bewundernswert, mit was für einer frivolen Leichtfertigkeit Sie sich, Frau Bundesrätin, über Verfassungsbestimmungen hinwegsetzen, die Sie selber bis vor Kurzem noch mit Vehemenz hochgehalten haben.»
«Ich weiss, Frau Bundesrätin, Sie haben es nicht so gern, wenn man die Dinge beim Namen nennt, wenn man sagt, wie es wirklich ist. Sie reden lieber von Plangenehmigungsverfahren statt von Enteignungen, wenn Sie den Leuten die Häuser und die Wohnungen wegnehmen wollen, um dort die von Ihnen ins Land geholten jungen Männer aus Gambia, Somalia oder Eritrea als Asylanten unterzubringen. Und Sie sprechen lieber von Verhandlungen oder von Ausgleichsmassnahmen statt von Erpressung, wenn Sie die offenkundige Tatsache bemänteln wollen, dass Sie und Ihre Kollegen sich bei der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien von der EU haben erpressen lassen.»
Die Rede von Köppel im Video:
Im Grossformat auf dem Videoportal
Auf Twitter schlägt der Vorfall hohe Wellen:
KOMMENTAR: In der Politik darf in der Sache hart gefochten werden. Köppel durfte aufzeigen und beanstanden, dass Bundesrätin Sommaruga jüngst eindeutig ausgesagt hatte, dass die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit Kroatien nicht verfassungskonform sei und deshalb nicht gutgeheissen werden kann.
Diesen Widerspruch aufzuzeigen war legal.
Was jedoch nicht geht: Eine Politikerin darf nicht persönlich angegriffen werden.
In den Kommentaren erntete deshalb Köppel für die persönlichen Angriffe harte Kritik. Er bezeichnete die Magistratin nachträglich als hochnäsig. Köppel muss mit einer Rüge rechnen.
Bundesrätin Sommaruga kommt anderseits für "das Davonlaufen" viele Negativpunkte. Dies sei keine Lösung. Die Flucht zeige, dass die Bundesrätin überfordert gewesen sei. Wer davon läuft, verliere im Grunde genommen das Gesicht.
Bundesrätin Sommaruga kommt anderseits für "das Davonlaufen" viele Negativpunkte. Dies sei keine Lösung. Die Flucht zeige, dass die Bundesrätin überfordert gewesen sei. Wer davon läuft, verliere im Grunde genommen das Gesicht.
Ich persönlich finde, dass man sich nicht immer alles gefallen lassen muss. Einmal mehr zeigt dieser Eklat. Provokateure punkten, wenn sich das Gegenüber provozieren lässt.
Als Kommunikationsberater vertrete ich die Meinung, dass wir das Gegenüber anhören müssen, auch dann, wenn uns diese Gedanken nicht genehm ist. Davonlaufen, Flucht wird meist als Zeichen der Hilflosigkeit gewertet.
Nachtrag aus BLICK-online:
Als Kommunikationsberater vertrete ich die Meinung, dass wir das Gegenüber anhören müssen, auch dann, wenn uns diese Gedanken nicht genehm ist. Davonlaufen, Flucht wird meist als Zeichen der Hilflosigkeit gewertet.
Nachtrag aus BLICK-online:
NACHTRAG (20 Min)
SVP-Nationalrat Roger Köppel
unterstellte Justizministerin Simonetta Sommaruga in der Debatte über
die Erweiterung der Personenfreizügigkeit, sich mit einer «frivolen
Leichtfertigkeit» über die Verfassung hinwegzusetzen. Zudem warf er ihr
vor, «Asylanten aus Gambia, Somalia oder Eritrea» ins Land zu holen. Sommaruga platzte der Kragen – sie verliess aus Protest den Saal.
Beobachter sind uneins, ob eine Bundesrätin so auf einen verbalen Angriff reagieren darf. Verständnis äussert Politikberater Mark Balsiger: «Bundesrätin Sommaruga ist auch nur ein Mensch. Ihr darf es auch einmal den Nuggi raushauen.» Es gibt kein Bundesratsmitglied, das in den letzten Jahren so viele Angriffe über sich ergehen lassen musste wie sie.»
«Wer davonläuft, verliert das Gesicht»
Laut Balsiger trägt Köppel seinen angriffig-polemischen Stil der «Weltwoche»-Editorials mit lausbübischer Freude in die Ratsdebatte. Mit solchen Provokationen generiere er Schlagzeilen, mit engagierter Mitarbeit in den Kommissionen nicht. «Entsprechend sind Tabubrüche auch in Zukunft zu erwarten.»
Dagegen findet Kommunikationsberater Marcus Knill Sommarugas Flucht falsch: «In einer Demokratie gehört es sich, dass man sich zuhört, auch wenn man anderer Meinung ist.» Wer davonlaufe, verliere das Gesicht, zudem könnte es als Zeichen der Hilflosigkeit interpretiert werden. Knill findet, dass Köppels direkte Kommunikation dem Politbetrieb in Bern gut tue: «Oft waren die Debatten langweilig, man hat sich geschont und um den heissen Brei geredet.» Er sei ein Verfechter einer Streitkultur, in der mit Rede und Gegenrede um Positionen gerungen werde.
Politologe Louis Perron sagt, Sommaruga habe eher «zu dünnhäutig» reagiert. Eine Magistratin müsse in einer Parlamentsdebatte einstecken können, selbst wenn die Rede Köppels von «schlechtem Stil» gezeugt habe. «In anderen Ländern geht es ganz anders zu und her. In Grossbritannien gehört das Ausbuhen der Gegenseite einfach dazu.»
In Europa fliegen die Fetzen
Ein Beispiel aus der Debatte des britischen Unterhauses machte erst kürzlich auf Youtube die Runde. Labour-Mann Dennis Skinner nannte den britischen Premier David Cameron in der Debatte um die Panama-Papers«Dodgy Dave» («zwielichtiger Dave»). Das war selbst für Grossbritannien zu viel – Skinner musste den Saal verlassen. Cameron blieb gelassen.
Tumultartige Szenen spielten sich 2010 im deutschen Bundestag ab, als die heutige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) aneinanderrasselten.
«Deutschschweizer Parlamentarier sind keine grossen Redner»
Laut Perron ist die Kultur in der Schweiz eine andere: «Wir Schweizer sind besonders harmoniebedürftig. Den neuen Stil und Ton, den die SVP in die Debatte bringt, sei aber nicht schlimm. «Ich glaube nicht, dass früher alles besser war. Man müsse nur an die Debatte um das Frauenstimmrecht zurückdenken. «Die frauenfeindlichen Zitate von damals sind heute undenkbar.» Zudem würden die Gegner auch Strategien entwickeln, um Angriffe abzufangen.
Auch Balsiger sagt, in Grossbritannien begünstige das klare Oppositions- und Regierungssystem eine scharfe Rhetorik. Diese passe nicht zur Konsens-Kultur in unserem Land. Deutschschweizer Parlamentarier seien rhetorisch weniger beschlagen als englische Abgeordnete: «Bei uns wird die freie Rede nicht gepflegt. «Es hat sich die Unsitte eingebürgert, selbst kurze Voten vom Blatt abzulesen.»
Streitkultur
Print«Köppel tut dem langweiligen Betrieb gut»
Mit Roger Köppel hat ein rauerer Ton in Bundesbern Einzug gehalten. Wie viel Provokation ist erlaubt?
Beobachter sind uneins, ob eine Bundesrätin so auf einen verbalen Angriff reagieren darf. Verständnis äussert Politikberater Mark Balsiger: «Bundesrätin Sommaruga ist auch nur ein Mensch. Ihr darf es auch einmal den Nuggi raushauen.» Es gibt kein Bundesratsmitglied, das in den letzten Jahren so viele Angriffe über sich ergehen lassen musste wie sie.»
«Wer davonläuft, verliert das Gesicht»
Laut Balsiger trägt Köppel seinen angriffig-polemischen Stil der «Weltwoche»-Editorials mit lausbübischer Freude in die Ratsdebatte. Mit solchen Provokationen generiere er Schlagzeilen, mit engagierter Mitarbeit in den Kommissionen nicht. «Entsprechend sind Tabubrüche auch in Zukunft zu erwarten.»
Dagegen findet Kommunikationsberater Marcus Knill Sommarugas Flucht falsch: «In einer Demokratie gehört es sich, dass man sich zuhört, auch wenn man anderer Meinung ist.» Wer davonlaufe, verliere das Gesicht, zudem könnte es als Zeichen der Hilflosigkeit interpretiert werden. Knill findet, dass Köppels direkte Kommunikation dem Politbetrieb in Bern gut tue: «Oft waren die Debatten langweilig, man hat sich geschont und um den heissen Brei geredet.» Er sei ein Verfechter einer Streitkultur, in der mit Rede und Gegenrede um Positionen gerungen werde.
Politologe Louis Perron sagt, Sommaruga habe eher «zu dünnhäutig» reagiert. Eine Magistratin müsse in einer Parlamentsdebatte einstecken können, selbst wenn die Rede Köppels von «schlechtem Stil» gezeugt habe. «In anderen Ländern geht es ganz anders zu und her. In Grossbritannien gehört das Ausbuhen der Gegenseite einfach dazu.»
In Europa fliegen die Fetzen
Ein Beispiel aus der Debatte des britischen Unterhauses machte erst kürzlich auf Youtube die Runde. Labour-Mann Dennis Skinner nannte den britischen Premier David Cameron in der Debatte um die Panama-Papers«Dodgy Dave» («zwielichtiger Dave»). Das war selbst für Grossbritannien zu viel – Skinner musste den Saal verlassen. Cameron blieb gelassen.
Tumultartige Szenen spielten sich 2010 im deutschen Bundestag ab, als die heutige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) aneinanderrasselten.
«Deutschschweizer Parlamentarier sind keine grossen Redner»
Laut Perron ist die Kultur in der Schweiz eine andere: «Wir Schweizer sind besonders harmoniebedürftig. Den neuen Stil und Ton, den die SVP in die Debatte bringt, sei aber nicht schlimm. «Ich glaube nicht, dass früher alles besser war. Man müsse nur an die Debatte um das Frauenstimmrecht zurückdenken. «Die frauenfeindlichen Zitate von damals sind heute undenkbar.» Zudem würden die Gegner auch Strategien entwickeln, um Angriffe abzufangen.
Auch Balsiger sagt, in Grossbritannien begünstige das klare Oppositions- und Regierungssystem eine scharfe Rhetorik. Diese passe nicht zur Konsens-Kultur in unserem Land. Deutschschweizer Parlamentarier seien rhetorisch weniger beschlagen als englische Abgeordnete: «Bei uns wird die freie Rede nicht gepflegt. «Es hat sich die Unsitte eingebürgert, selbst kurze Voten vom Blatt abzulesen.»
NACHTRAG TAGI-ONLINE:
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