Montag, 29. Februar 2016

Stellenwert der emotionalen Argumentation

AUS PERSOENLICH BLOG:

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Die Macht der Emotionen


Marcus Knill

Es ist hinlänglich bekannt, dass die emotionale Argumentation der sachlichen Argumentation überlegen ist. Gefühle und Emotionen sind wichtige Verbündete von Manipulatoren.
Wer Emotionen  zur Durchsetzung seiner Standpunkte zu nutzen versteht, kann andere rasch aus dem Feld schlagen. In der Nachlese des grossen Erfolges der Nein-Komitees zur Durchsetzungsinitiative ist vielerorts zu lesen, dass die SVP bis anhin federführend gewesen sei, wenn es darum ging, Beeinflussungskampagnen emotional zu führen.
Nun hätten die SVP Gegner endlich erkannt, dass bei Abstimmungen das Ansprechen von Emotionen ausschlaggebend sein kann.
Die SVP sei somit gleichsam mit den eigenen Waffen geschlagen worden.
Allen die sich mit Beeinflussungstaktiken auseinandersetzen ist der Stellenwert der Emotionen nicht neu. Nach dem emotional geführten Abstimmungskampf ist somit künftig damit zu rechnen, dass bei den SVP-Gegnern  die Macht der Emotionen vermehrt genutzt wird.
Wer tagtäglich die Werbeseiten überfliegt, erkennt rasch: Erfolgreiche Kampagnen sind stets emotional besetzt. Die SVP Strategen müssen somit künftig damit rechnen, dass sie hinsichtlich emotionaler Argumentation nicht mehr dominieren.
Wenn nun beide Akteure hinsichtlich emotionaler Argumentation gleich lange Spiesse haben, wird die Glaubwürdigkeit der Botschafter ein grösseres Gewicht erhalten. Selbstverständlich dürfen wir bei politischen Auseinandersetzungen Aspekte, wie Medienpräsenz und Werbebudget  nicht völlig ausklammern.



Nach dem erfolgreichen NEIN lesen wir folgenden TItel:

«Wir Linken haben das Volk zurückerobert»

Bildergebnis für NEIN NO

Daraus müsste man logischerweise folgern:

- Die MEDIEN (vor allem Ringier, TA Media, NZZ) sind links
- Die RICHTER sind links
- Alle PARLAMENTARIER, die sich für ein NEIN stark gemacht haben, sind links
- Die FDP, CVP, GRUENEN, die GLP, und die BDP sind links
- Die meisten ALT-BUNDESRAETE sind links
- Alle spontan gegründeten KOMITEES sind links
- Kabarett-Nationaldenkmal EMIL ist ein Linker
usw. 
DENN ALL- DIESE HABEN DAS NEIN ERKAEMPFT


Logisch - nicht wahr?

Die Antwort eines Lesers (Kommentar 20 Min):

"Falsch! Balthasar Glättli, die geschlossene Mitte mit der FDP hat diese Initiative verhindert."

NACHTRAG:
Auch die LINKSAUTONOMEN sehen sich im Kampf gegen die SVP bestärkt und sprechen Klartext:

Sonntag, 28. Februar 2016

Wie erwartet:



Der Meccano, ALLE gegen die SVP, hat eindeutig funktioniertBild auf Twitter anzeigen

So soll es nächste Woche im Mittelland aussehen:

Bis 20 Zentimeter Neuschnee 

Jetzt wird das Flachland eingeschneit

Von Bern bis zum Bodensee: Im Flachland schneit es morgen und übermorgen teilweise stark. Und auch das nächste Wochenende könnte weiss werden.
So wie vergangenen Monat in Genf wird es morgen und übermorgen auch im Mittelland aussehen. 
Prognose im Blick-online

Die erfolgreichtste Crownfunding- Aktion der Schweiz wird sich heute auszahlen

Die SVP, die ganz allein kämpfte für ihre Initiative, müsste eigentlich gegen die enorme Gegenkampagne haushoch verlieren.
30% SVP gegen 70 % NEIN. On verra. 

Wer weiss: Vielleicht kommt es dennoch zu vielen "Trotz JA Stimmen".
Zahlreiche Leser fragten sich in den letzten Wochen immer wieder: Weshalb diese Nervosität und Angst vor der Stimme des Volkes.Weshalb das aussergewöhnlich Engagement (einmalige Appelle von Chefredaktoren vor der Abstimmung) für ein NEIN?
Weshalb wurden gegen die Durchsetzungsinitiative alle Register gezogen -  Von allen anderen Parteien, Regierungen, Richtern usw.?



Durchsetzungsinitiative

Ich zitiere 20 Min

SVP-Gegner sammelten 1,2 Millionen Franken

Gegner der Durchsetzungsinitiative haben die erfolgreichste politische Crowdfunding-Aktion der Schweiz lanciert. Sie rüsten sich für weitere Abstimmungskämpfe.

storybild Über Online-Spenden finanziert: Die Abstimmungsplakate gegen die Durchsetzungsinitiative im Zürcher Hauptbahnhof – darunter die SVP-Werbung. (8. Februar 2016) (Bild: Keystone/Ennio Lanza)
Der «Dringende Aufruf» gegen die Durchsetzungsinitiative hat in nur rund fünf Wochen 1,2 Million Franken Online-Spenden eingebracht. Noch nie ist in einem Abstimmungskampf so viel Geld übers Internet zusammengekommen, schreibt die «NZZ am Sonntag». Die Gegner haben Menschen aus allen Altersgruppen und sozialen Schichten mobilisiert – 52'614 Leute haben den Aufruf unterschrieben.

KOMMENTAR: Ein JA Anteil von über 45% wäre heute ein Achtungserfolg für die SVP. Die Gegner (vor allem die FDP) müssten ihr Versprechen, "Kriminelle würden konsequent ausgeschafft", dann auch in die Tat umsetzen. 

Um was geht es heute?

Tagi online publiziert eine gute Uebersicht
der Vorlagen:

Durchsetzungsinitiative
Plakate für und gegen die Durchsetzungsinitiative in Zürich. Foto: Ennio Leanza (Keystone)
Worum geht es bei der Vorlage?
2010 stimmte das Stimmvolk der Ausschaffungsinitiative zu. Das Parlament verabschiedete ein Gesetz zur Umsetzung des Verfassungsartikels: Dieses listet über 50 Delikte auf, nach denen Ausländer ausgeschafft werden sollen. Der SVP reicht das nicht. Mit der Durchsetzungsinitiative soll ein Deliktekatalog direkt in der Verfassung verankert werden, um einen absoluten Ausschaffungsmechanismus sicherzustellen.
Wer sind die Befürworter – mit welchen Argumenten?
Die Initianten der SVP sind unzufrieden mit der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative. Dieses Gesetz erlaubt es den Behörden, in «schweren Härtefällen ausnahmsweise» von einem Landesverweis abzusehen. Die Gerichte würden die Härtefallklausel künftig dazu benutzen, Landesverweise möglichst selten auszusprechen, glaubt die SVP. Nur ein absoluter Automatismus verbessere die öffentliche Sicherheit.
Wer sind die Gegner – mit welchen Argumenten?
Die Parteien von den Grünen bis zur FDP, der Bundesrat, die Kantone, NGOs oder Wirtschaftsverbände bekämpfen die Initiative. Sie warnen vor der pauschalen, unverhältnismässigen Zusatzbestrafung von Ausländern, der Aushebelung des Parlaments und der Gerichte. Verstösse gegen die Menschenrechtskonvention und anderes Völkerrecht seien programmiert. Es drohten zudem Mehrkosten und eine Klagewelle. Anja Burri
Lesen Sie auch: Der Faktencheck zur «Durchsetzungs-Arena»

Bau einer zweiten Gotthardröhre
Verkehrsministerin Leuthard vor dem Nordportal in Göschenen. Foto: Urs Flüeler (Keystone)
Worum geht es bei der Vorlage?
Der 1980 eröffnete Strassentunnel am Gotthard soll saniert werden. Um den Verkehrsfluss zwischen Nord und Süd auch während der Sanierungszeit voll zu gewährleisten, möchten Bundesrat und Parlament vorgängig eine zweite Röhre bauen. Ist die alte Röhre erst renoviert, soll in beiden Tunneln noch je eine Spur zur Befahrung freigegeben werden; die zwei verbleibenden würden zu Pannenstreifen umfunktioniert.
Wer sind die Befürworter – mit welchen Argumenten?
Treibende Kraft hinter der Vorlage ist Verkehrsministerin Doris Leuthard (CVP), unterstützt wird sie von den bürgerlichen Parteien und den Wirtschaftsverbänden – der Gewerbeverband hat den Lead in der Abstimmungskampagne. Die zweite Röhre verbessere die Sicherheit der Autofahrer, argumentieren sie. Und es gelte zu verhindern, dass das Tessin während der Sanierungsjahre von der Restschweiz abgeschnitten würde.
Wer sind die Gegner – mit welchen Argumenten?
Der Widerstand geht primär vom Verein Alpeninitiative und seinen Alliierten aus. Sie sehen den Verfassungsartikel zum Alpenschutz verletzt. Dieser will den Schwerverkehr auf die Schiene verlagern und verbietet die Erweiterung der Transportkapazität auf der Gotthardautobahn. Die Gegner sind überzeugt, dass über kurz oder lang alle vier Spuren geöffnet würden – mit entsprechender Magnetwirkung für den Strassenverkehr. Fabian Renz
Lesen Sie auch: Der Faktencheck zur «Gotthard-Arena»

Initiative gegen die Heiratsstrafe
Plakat für die CVP-Initiative in Thun. Foto: Peter Schneider (Keystone)
Worum geht es bei der Vorlage?
80'000 Zweiverdiener- und zahlreiche Rentnerehepaare zahlen mehr direkte Bundessteuern als Konkubinatspaare in der gleichen wirtschaftlichen Situation. Die Initiative verlangt die Beseitigung dieser Ungleichbehandlung sowie der Nachteile von Verheirateten bei der AHV durch den Plafonds bei den Renten. Ehepaare sollen gemeinsam besteuert und die Ehe als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau definiert werden.
Wer sind die Befürworter – mit welchen Argumenten?
Die CVP-Initiative wird unterstützt von SVP, EDU und EVP. Die Befürworter argumentieren, dass Ehepaare nicht wegen ihres Zivilstandes diskriminiert werden dürfen – das Bundesgericht hat die Heiratsstrafe 1984 als verfassungswidrig beurteilt. Die Definition der Ehe als Gemeinschaft zwischen Frau und Mann entspreche dem Status quo. Die Individualbesteuerung, die die Gegner wollen, sei ein «Bürokratiemonster».
Wer sind die Gegner – mit welchen Argumenten?
Das Parlament, SP, FDP, BDP, Grüne, GLP sowie Schwulen- und Lesbenorganisationen lehnen die Initiative ab. Der Ehebegriff sei diskriminierend und verhindere die Öffnung der Ehe für alle. Die Heiratsstrafe betreffe nur noch wenige Ehepaare, in den Kantonen und den Sozialversicherungen gebe es den Heiratsbonus. Die Eliminierung der Heiratsstrafe auf Bundesebene komme einem Steuergeschenk für wenige gleich. Doris Kleck

Spekulationsstopp-Initiative
Juso-Mitglieder demonstrieren in Zürich gegen die Spekulationen mit Nahrungsmitteln. Foto: Valeriano Di Domenico (Keystone)
Worum geht es bei der Vorlage?
Die Initiative will Schweizer Banken, Pensionskassen und weiteren Anbietern den Handel mit Finanzprodukten untersagen, die an Agrarrohstoffe (Weizen, Mais, Zucker, Kaffeebohnen, Schweinebäuche usw.) gekoppelt sind. Ausgenommen wäre die «nützliche» Finanzspekulation, die Bauern, Händlern und Mühlen hilft, Termine, Mengen und Preise abzusichern. Die Initianten erhoffen sich weniger spekulationsbedingte Preisschwankungen.
Wer sind die Befürworter – mit welchen Argumenten?
Lanciert hat die Initiative die Juso. Sie wird unterstützt von SP, Grünen, EVP und der Jungen CVP. Dafür werben einflussreiche Politakteure wie der Gewerkschaftsbund, die Stiftung für Konsumentenschutz, die Erklärung von Bern, Allianz Sud (Hilfswerke) und Biobauern sowie Teile des Bauernverbandes. Sie sagen, dass die Spekulation mit Nahrungsmittelderivaten den Hunger in der Welt verschärfe und deshalb unmoralisch sei.
Wer sind die Gegner – mit welchen Argumenten?
Bekämpft wird die Initiative von bürgerlichen Parteien. Dagegen werben auch der Dachverband Economiesuisse, die Bankiervereinigung und weitere Finanzverbände. Sie sagen, ein solches Verbot sei ein untaugliches Mittel, Hunger zu bekämpfen. Stark sinkende Rohstoffpreise seien Beweis genug, dass Spekulation nicht der Preistreiber sei. Ein Verbot aber würde Arbeitsplätze am Schweizer Rohstoff- und Finanzplatz vernichten. Andreas Valda

Notunterkünfte entleeren sich in Deutschland

Untergetaucht oder weitergezogen?



13 Prozent der Asylsuchenden

130 000 Flüchtlinge in

Deutschland verschwunden

  Nach der Registrierung in Deutschland kommen viele Flüchtlinge nicht in ihrer vorgesehenen Unterkunft an.

Autos abfackeln als Hobby?

Schon wieder:

Zwei dunkel gekleidete Personen haben gestern
Abend in Basel eine brennende Fackel unter 
ein Auto geworfen. In der Folge sind 
drei Fahrzeuge in Flammen aufgegangen
 
 
Ein Augenzeuge fotografierte die brennenden Autos für BLICK.  
8989 Leserreporter
Zwei Unbekannte haben heute Abend an der Gellertstrasse in Basel eine brennende Fackel unter ein parkiertes Auto geworfen. Eine Passantin versuchte vergeblich, die Fackel zu löschen.
Als kurze Zeit später die Feuerwehr eintraf, stand das Auto bereits in Vollbrand. Zwei weitere parkierte Autos wurden in Mitleidenschaft gezogen, wie die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt in einer Mitteilung schreibt. Die Feuerwehr konnte die Brände rasch löschen.
Personen wurden keine verletzt. Der Sachschaden beläuft sich auf rund 100'000 Franken. Die Polizei sucht nach zwei dunkel gekleideten Personen, welche am Tatort gesehen wurden. (SDA/noo)

KOMMENTAR: Wenn die Täter weiter unerkannt bleiben, könnte das Abfackeln von Autos zum Hobby werden.
In Basel hat die  Polizei immer wieder Probleme mich Chaoten. In  Zürich sind solche Taten vielmehr am 1. Mai üblich.
Wenn es Ihr Auto wäre? Für Sie wäre dies keine Tat von Kleinkriminellen.
Das Abfackeln von Luxusautos wird gerne bagatellisiert: Es sei ja nur eine Sachbeschädigung wird moniert.
Der Schaden werde ja ohnehin von der Versicherung bezahlt.

Freitag, 26. Februar 2016

Kommunikation und Marketing

Was sagen die Werber zur Hakenkreuzkampagne?

Nachlese zum Beitrag auf PERSOENLICH.com

Vier Werber nahmen Stellung zur umstrittenen Hakenkreuz- Kampagne.


Für den Einen ist die Werbung dann gut, wenn sie auffällt.Werbung sei dann gut, wenn sie auffällt und überzeugt – insofern sei das Hakenkreuz-Plakat gute Werbung. Es aber mag sein, dass der Nazi-Vergleich gewisse Leute so brüskiert, dass sie nun erst recht für die Initiative stimmen werden. Doch schätzt dieser Werber  die Konfrontation bei den Stimmberechtigten.



Für einen anderen Werber ist die Aussage des Plakates zu komplex. Zum Appell: «Nein zur Zwei-Klassen-Justiz». Jahreszahlen verweisen auf historische Ereignisse, die den Beginn totalitärer Regimes markieren. Das sei viel, zudem das Hakenkreuz als sehr starker Code die eigentliche Botschaft schnell übertönt. Dass das Sujet ein Plakat ist, dürfte die Medienaufmerksamkeit entschieden beschleunigt haben. Das Foto des Plakats im öffentlichen Raum mache aber die Kampagne zum Ereignis. Im Campaigning könnte dies ein Vorteil sein, vorausgesetzt es gelänge, die öffentliche Diskussion auf die eigentliche Botschaft zu lenken.


Eine weitere Beurteilung des Hakenkreuz-Sujet:Den ersten Schritt — nämlich auffallen — hat das Motiv offensichtlich genommen. Man rede darüber. Dahinter entdecke man dann aber im zweiten Schritt nichts, was die Provokation rechtfertigen könnte.
Das Sujet wird von einem Werber eindeutig als kontraproduktiv bezeichnet.

Dieses Hakenkreuz sei offensichtlich ein Schuss in den Ofen.
 


KOMMENTAR: Nach meinem Dafürhalten ist Auffallen im Marketing nur der Aufhänger, um nachher eine Botschaft zu vermitteln, die überzeugt.
Auch ich vertrat in meinem Blog mehrfach die Meinung, diese Hakenkreuz-Kampagne werde sich kontraproduktiv auf die Abstimmung auswirken.
Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die gut gemeinte Provokation zum Bumerang verkommen wird.
Auch die Kommunikation der SBB nach dem Rückzug des Plakates überzeugt mich  nicht.
Das Argument sticht nicht,  die SBB habe - gemäss Bundesgerichtsentscheid - politische Werbung zulassen müssen, doch habe jedoch dieses Plakat viele Bahnbenutzer in den Gefühlen verletzt und deshalb sei der nachträgliche Entscheid richtig gewesen.  Denn auch SVP Plakate hat verschiedene Bahnbenützer die Gefühle der Bahnbenutzer ebenfalls in den Gefühlen verletzt verletzt.
Die SBB hätte klar sagen sollen, dass es das Hakenkreuz war, das die Kehrtwende der Meinung verursacht habe. Ein Musterbeispiel, wie man zu wenig transparent kommunizieren kann. Durchaus möglich, dass nach diesem Entscheid noch eine Fortsetzungsgeschichte folgt.

Kaum geschrieben, wird sie im Netz bereits angekündigt:




Eindrückliche Geschichtsstunde bei Watson

Einer von hunderttausenden: Feldgrab eines französischen Soldaten.  

100 Jahre Schlacht von Verdun: Das Grauen in Zahlen

50 Millionen Bomben und Granaten pflügten das Schlachtfeld von Verdun um. Heute noch, 100 Jahre nach Beginn der ersten Materialschlacht der Weltgeschichte, finden die Bauern Knochen und Metallsplitter auf den Feldern. Die «Blutpumpe» von Verdun in Zahlen.

Am 21. Februar 1916 begann die Schlacht. Sie forderte hunderttausende Menschenleben – und am Ende verlief die Front fast wie zuvor. Die erste grosse Materialschlacht der Weltgeschichte änderte «eigentlich gar nichts», wie der Historiker Herfried Münkler sagte

300 Tage Gemetzel

Deutscher Angriff auf die Höhe «Toter Mann».  Bild: Wikipedia
Verdun war die längste Schlacht der Weltgeschichte. Sie begann am 21. Februar 1916 mit dem «Unternehmen Gericht». Die deutsche Offensive dauerte bis zum 11. Juli, danach gingen die Franzosen im Oktober zum Angriff über. Erst am 19. Dezember 1916 endete die Schlacht.

9 Stunden Trommelfeuer 

Pausenloses Trommelfeuer: Deutsche 210-mm-Haubitze.  Bild: PD
Der deutsche Angriff setzte am 21. Februar um 7.15 Uhr mit einem Artillerie-Trommelfeuer aus 400 Batterien ein, das 9 Stunden lang anhielt. 1225 Geschütze aller Kaliber, verteilt auf 10 Kilometer Tiefe, feuerten pausenlos auf die französischen Stellungen und das Hinterland. Pro Stunde schlugen 100'000 Geschosse ein.

50 Millionen Bomben und Granaten

Verdun war die erste grosse Materialschlacht der Geschichte. Bild: PD
Auf die rund 20 Quadratkilometer des Schlachtfelds prasselten insgesamt etwa 50 Millionen Bomben und Granaten nieder. Das sind mehr als 2 auf jedem einzelnen Quadratmeter. 23 Millionen Projektile verschossen allein die Franzosen – über 50 pro Minute. Das «Stahlgewitter», wie der deutsche Schriftsteller Ernst Jünger seine Erfahrungsberichte aus dem Krieg betitelte, verwandelte die Umgebung von Verdun in eine Mondlandschaft. Ganze Dörfer wurden eingeebnet. 

5 Kilo Stahlsplitter pro m2

Eine nicht explodierte deutsche Granate. Bild: Getty Images Europe
Etwa 50 Tonnen Stahlsplitter liegen heute noch auf jedem Hektar des Schlachtfeldes. Dies entspricht 5 Kilogramm pro Quadratmeter.

125 Divisionen

Deutsche Truppen in Verdun. Bild: PD
Deutsche und Franzosen setzten gewaltige Truppenmassen ein. 75 französische Divisionen mit insgesamt 377'000 Mann standen 50 deutschen Divisionen mit 337'000 Soldaten gegenüber. 

70% der französischen Armee

Schnell ausgewechselt: Französische Truppen vor Verdun.  Bild: PD
Die Franzosen wechselten ihre Truppen schneller aus; durch ihr Rotationssystem kamen mehr als 70 Prozent aller Soldaten mindestens einmal für acht bis zehn Tage an die Front in Verdun. Dadurch erodierte die Moral weniger schnell als bei den Deutschen, die oft bis zur völligen Erschöpfung in den vordersten Linien ausharren mussten. 

7 Meter pulverisierte Erde

Erobert und zurückerobert: Höhe 304 Bild: PD
Die stark umkämpfte «Höhe 304» – allein hier starben fast 10'000 französische Soldaten – wurde so stark von Granaten umgepflügt, dass sie 7 Meter an Höhe verlor. Der kleine Hügel war strategisch wichtig, weil er die Dörfer Malancourt und Hautcourt sowie das Tal der Esne überblickt. 

12 Eisenbahnlinien

Deutscher Materialtransport.  Bild: PD
Die deutsche 5. Armee wurde über 12 Eisenbahnlinien mit Material und Munition versorgt. 1300 Munitionszüge transportierten 2,5 Millionen Artilleriegeschosse – darunter auch Gasgranaten – an die Front. 

1 Lastwagen alle 14 Sekunden

Lastwagen dieses Typs brachten Nachschub an die französischen Linien.  Bild: PD
Die Franzosen versorgten die Verteidiger von Verdun auf einer 70 Kilometer langen Schotterpiste – dem einzig verbliebenen Verbindungsweg – mit Nachschub. Alle 14 Sekunden traf im Schnitt ein Berliet-Lastwagen ein. Pro Woche erreichten so 90'000 Soldaten und 50'000 Tonnen Material die Front. 

14 Tage Lebenserwartung

Mörderische Umgebung: Deutsche Soldaten auf dem Schlachtfeld von Verdun. Bild: PD
Die durchschnittliche Lebenserwartung eines in der Schlacht von Verdun eingesetzten deutschen Soldaten betrug Anfang Mai 1916 nur noch 14 Tage. 

Über 300'000 Tote

In der «Blutpumpe» von Verdun kamen hunderttausende um. Bild: PD
Die genaue Zahl der Gefallenen lässt sich nicht ermitteln. Schätzungsweise 162'000 Franzosen und 143'000 Deutsche kamen um. Mehr als 410'000 – etwa 215'000 Franzosen und 196'000 Deutsche – wurden verletzt. 

80'000 ungeborgene Tote

Das Schlachtfeld heute. Bild: Getty Images Europe
Auf dem Schlachtfeld liegen noch die Überreste von rund 80'000 bis heute nicht identifizierten Gefallenen. 

69 Soldatenfriedhöfe

Soldatenfriedhof vor dem Beinhaus von Douaumont. Bild: VINCENT KESSLER/REUTERS
Im Departement Meuse gibt es 40 französische und 29 deutsche Soldatenfriedhöfe. Im Beinhaus von Douaumont liegen die Gebeine von etwa 130'000 nicht identifizierten deutschen und französischen Soldaten. 
Doku: «I. Weltkrieg - Die Schlacht um Verdun». YouTube/GeschichtsDokus

Von der Kriegserklärung bis zum Waffenstillstand: Der Erste Weltkrieg im Schnelldurchlauf


  • 28. Juni 1914: Attentat in Sarajevo
    In Sarajevo herrscht strahlendes Wetter. Der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand besucht mit seiner Gemahlin Sophie die bosnische Hauptstadt. Sie werden in einem offenen Wagen durch die Strassen kutschiert.

    Der Erzherzog ist nicht willkommen; mehrere Attentäter lauern in der Menge der Zuschauer. Einer von ihnen, der 19-jährige serbische Nationalist Gavrilo Princip, schiesst: Franz Ferdinand und seine Frau werden tödlich getroffen. Die letzten Worte des Thronfolgers sind: «Es ist nichts, es ist nichts ...»

    Doch es ist nicht nichts: Die vom Zwist der Nationalitäten zermürbte Donaumonarchie nimmt das Attentat zum Anlass, ihren bedrohten Grossmachtstatus unter Beweis zu stellen. Wien, von Berlin bestärkt, stellt Serbien ein Ultimatum, Russland eilt dem slawischen Brudervolk zu Hilfe – das Verhängnis nimmt seinen Lauf.
    Rap-Battle der wichtigsten Protagonisten (Youtube/BBC)
  • 28. Juli 1914: Der Krieg beginnt
    Österreich-Ungarn erklärt Serbien den Krieg und eröffnet damit den Reigen der Kriegserklärungen. Diplomatisches Versagen, Bündnisautomatik und die Zwänge der militärischen Planung führen die europäischen Mächte in den Grossen Krieg, der alles ändern wird.

    Der deutsche Kaiser Wilhelm II. verordnet den Kriegszustand.
  • 3. August 1914: Einmarsch in Belgien
    Für den Fall eines Zweifrontenkriegs, wie er dem Deutschen Reich in seiner Mittellage droht, hat der deutsche Generalstab den sogenannten Schlieffenplan entwickelt. Er sieht vor, zuerst im Westen Frankreich in nur sechs Wochen zu schlagen und danach Russland im Osten. Den schnellen Sieg im Westen soll ein Umfassungsangriff des nördlichen (rechten) Heeresflügels durch Belgien und Nordfrankreich bringen, der die französischen Armeen einkesseln soll.

    Der ursprüngliche Schlieffen-Plan, 1905. Er sah auch einen Durchmarsch durch die Niederlande vor und griff noch weiter nach Westen aus. (Wikipedia/Furfur)
    In der Nacht auf den 4. August marschieren deutsche Truppen in Belgien ein und verletzen damit völkerrechtswidrig dessen Neutralität. Grossbritannien reagiert darauf umgehend mit der Kriegserklärung.
    Die deutschen Truppen stossen auf unerwartet zähen Widerstand, besonders bei der Festung Lüttich. Schon jetzt verliert Deutschland den Propagandakrieg, auch weil deutsche Truppen tausende von Zivilisten als Geiseln erschiessen, als Vergeltung für das Feuer von vermeintlichen Heckenschützen – in Wahrheit vermutlich «friendly Fire».

    Das US-Propagandaplakat von 1918 erinnert an deutsche Gräuel in Belgien. (Wikipedia/PD)

    Die Schweizer Armee macht mobil. Gleichentags wählt die Bundesversammlung Ulrich Wille zum General. Die aktive Feldarmee hat eine Gesamtstärke von 250'000 Mann, dazu kommen 77'000 Pferde. Am 4. August erklärt der Bundesrat die strikte Neutralität der Schweiz.

    Artillerie-Einheit bei Bülach ZH (Schweizerisches Bundesarchiv)
  • 26. August 1914: Schlacht bei Tannenberg
    Der deutsche Sieg über die überraschend schnell nach Ostdeutschland vorgestossenen russischen Armeen bei Tannenberg stoppt den russischen Vormarsch in Ostpreussen und begründet den Hindenburg-Mythos.
  • 9. September 1914: Das «Wunder an der Marne»
    Der deutsche Vormarsch nähert sich Paris, doch dabei entsteht zwischen zwei deutschen Armeen eine Lücke, in die ab dem 5. September französische und britische Truppen hineinstossen. In der Marne-Schlacht stoppen die Alliierten den deutschen Vorstoss. Die Franzosen verlegen Truppen aus Lothringen an die Marne und karren sogar mit Pariser Taxis Soldaten an die Front, während die Deutschen aus Angst vor dem unerwartet schnellen russischen Vormarsch Truppen nach Osten abziehen. Am 9. September ziehen sich die Deutschen rund 80 Kilometer hinter die Aisne zurück – was die Franzosen das «Wunder an der Marne» nennen.

    Französische Soldaten 1914 an der Westfront (Wikipedia/PD)

    Mit diesem taktischen Rückzug ist der Schlieffenplan gescheitert. Generalstabschef Helmuth von Moltke erleidet einen Nervenzusammenbruch und wird durch Erich von Falkenhayn ersetzt.
    Fehler der Kriegführenden im August und September 1914 (Youtube/Thomas D.)
  • 14. September 1914: «Wettlauf zum Meer»
    Falkenhayn versucht, mit dem Vorstoss zur Kanalküste («Wettlauf zum Meer») die militärische Initiative zurückzugewinnen, die britischen und französischen Armeen an der Flanke zu umfassen und die Kanalküste an der Strasse von Dover unter Kontrolle zu bringen. Nach dem 19. Oktober geht der Bewegungskrieg an der Westfront endgültig in einen Stellungskrieg über. Das zeigt sich in der Ersten Flandernschlacht um die strategisch wichtige belgische Stadt Ypern.
  • 29. Oktober 1914: Kriegseintritt des Osmanischen Reiches
    Das Osmanische Reich – aufgrund seiner sich im 19. Jahrhundert immer deutlicher offenbarenden Schwäche oft als «kranker Mann am Bosporus» tituliert – tritt auf Seiten der Mittelmächte in den Krieg ein.

    Osmanische Soldaten um 1914 (PD)
  • 14. Dezember 1914: «Unser Schweizer Standpunkt»
    Der angesehene Dichter und spätere Nobelpreisträger Carl Spitteler warnt in einem Vortrag zur Neutralität der Schweiz vor der möglichen Spaltung des Landes. Der nationale Zusammenhalt zwischen Deutschschweiz und Romandie sei durch den Krieg gefährdet.

    Spitteler 1905 (Wikipedia/PD)
  • 24. Dezember 1914: «Weihnachtsfrieden»
    Zuerst schiessen sie aufeinander, nun feiern sie miteinander: An einigen Abschnitten der Westfront in Flandern schliessen – hauptsächlich britische und deutsche – Soldaten spontan und inoffiziell einen temporären Waffenstillstand, um gemeinsam Weihnachten zu feiern.

    Deutsche und britische Soldaten während des Weihnachtsfriedens (Wikipedia/PD)
  • 16. Februar 1915: Winterschlacht in der Champagne
    Eine gemeinsame grosse Offensive der Briten und Franzosen in der Champagne soll den bedrängten Bündnispartner Russland entlasten. Der Angriff wird nach fürchterlichen Verlusten am 20. März abgebrochen. Allein die Franzosen verlieren etwa 240'000 Soldaten – Tote, Verwundete und Gefangene.
  • 19. Februar 1915: Schlacht von Gallipoli
    Nachdem britische und französische Kriegsschiffe im Februar und im März die türkischen Stellungen an den Dardanellen erfolglos angegriffen haben, soll Ende April ein Landungsunternehmen die osmanische Artillerie ausschalten. Das Ziel der Entente ist, die von den Türken gesperrten Meerengen wieder für den Nachschub nach Russland zu öffnen.
    Der Widerstand der osmanischen Truppen ist aber wider Erwarten zäh; zugleich spielt den Verteidigern unter dem Kommando Mustafa Kemal Atatürks die Arroganz der britischen Offiziere in die Hände, die ihren Gegner unterschätzen. Bis zum August verlieren die Angreifer – vornehmlich Australier und Neuseeländer – bei Gallipoli 180'000 Mann. Dennoch werden die letzten Truppen erst am 9. Januar 1916 abgezogen.
    Gallipoli – Der Kampf um die Dardanellen (Youtube/Reportagen007)
  • 22. April 1915: Gas!
    Eine neue Waffe soll die Erstarrung der Fronten, Folge des Übergewichts der defensiven Mittel (Maschinengewehr und Stacheldrahtverhau), überwinden: Gas. Zuerst setzen die Franzosen Tränengas gegen die Deutschen ein, dann die Deutschen gegen die Russen – ohne Erfolg.
    Doch am ersten Tag der Zweiten Flandernschlacht lassen deutsche Truppen bei Poelkapelle in wenigen Minuten 150 Tonnen Chlorgas aus 6000 Stahlflaschen ab. Die Folgen sind verheerend: Die nicht mit Gasmasken ausgerüsteten französischen Soldaten fliehen; tausende kommen um. Von da an gehört die Angst vor dem Gaskrieg zum Alltag der ohnehin geplagten Soldaten.

    Von Tränengas geblendete britische Soldaten im April 1918 (Wikipedia/PD)
  • 1. Mai 1915: Durchbruchsschlacht von Gorlice-Tarnów
    Der erste grosse strategische Durchbruch gegen ein befestigtes Grabensystem im Ersten Weltkrieg ermöglicht den Mittelmächten, die russische Linie in den folgenden Wochen etwa 100 Kilometer zurückzuwerfen und am 22. Juni 1915 Lemberg zu erobern. Die russischen Truppen werden zum Rückzug aus Galizien gezwungen.
    World War I: Gorlice Tarnow Offensive 1/4 (engl.) (Youtube/mengutimur)
  • 7. Mai 1915: Versenkung der «Lusitania»
    Vor der Südküste Irlands torpediert ein deutsches U-Boot die «Lusitania». Der britische Passagierdampfer – einst das grösste Schiff der Welt – sinkt; in den Fluten kommen rund 1200 Menschen um. Unter den Opfern befinden sich 128 Amerikaner. Die Proteste der USA bewegen die deutsche Führung dazu, den seit Ende Februar erklärten uneingeschränkten U-Boot-Krieg wieder einzustellen.

    Deutsche Illustration des Untergangs der «Lusitania» (Wikipedia/Bundesarchiv DVM 10 Bild-23-61-17)
  • 23. Mai 1915: Italien entscheidet sich gegen die Mittelmächte
    Obwohl Italien vor dem Krieg im geheimen Dreibund mit Deutschland und Österreich-Ungarn verbündet war, tritt es nun auf Seiten der Entente in den Krieg ein. Diese verspricht Rom umfangreiche Gebietsgewinne: Italien soll nach dem Krieg das Tirol bis zum Brenner, Triest und Istrien ausser Rijeka (Fiume) sowie das nördliche und mittlere Dalmatien mit den vorgelagerten Inseln erhalten.
  • 27. Mai 1915: Ein Gesetz für einen Genozid
    Mit dem Deportationsgesetz oder Tehcir-Gesetz fasst die Regierung des Osmanischen Reiches die Umsiedlung der Armenier und Assyrer in einen juristischen Rahmen. Damit beginnt die systematische Phase des Völkermords an den Armeniern und an den Assyrern.

    Armenische Flüchtlingskinder (PD)
  • 22. September 1915: Herbstschlacht in der Champagne
    Erneut versuchen die Armeen der Entente, die deutschen Linien mit einem durch massives Trommelfeuer vorbereiteten Frontalangriff zu durchbrechen. Bis zum 6. November rennen die Alliierten gegen die deutschen Stellungen an. Die Folge sind gewaltige Verluste, aber keine greifbaren Resultate. Dies führt zu einer innenpolitischen Krise; Premierminister René Viviani wird durch Aristide Briand abgelöst. Auch der Oberbefehlshaber der British Expeditionary Force (BEF), John French, wird am 19. Dezember durch Douglas Haig ersetzt.
  • 14. Oktober 1915: Bulgarien schliesst sich den Mittelmächten an
    Das über den Ausgang des Zweiten Balkankriegs unzufriedene Bulgarien tritt auf Seiten der Mittelmächte in den Krieg ein. Die Mittelmächte erobern in der Folge bis zum Jahresende Serbien, Montenegro und Albanien und stellen so die Landverbindung zur verbündeten Türkei her. Die Entente besetzt darauf das bis dahin neutrale Griechenland.
  • 21. Februar 1916: Die Blutpumpe läuft an
    Ausgerechnet eine der stärksten französischen Stellungen wählt Erich von Falkenhayn für seine Grossoffensive, die an der Westfront die Entscheidung bringen soll: Verdun. Der deutsche Generalstabschef will die französischen Truppen in einer gewaltigen Abnutzungsschlacht «ausbluten»; zudem hofft er auf überhastete Gegenangriffe der Briten zur Entlastung der Franzosen.

    Deutsche Infanteristen verlassen die Schützengräben, um die Höhe Toter Mann zu erstürmen. (Wikipedia/PD)
    Das mörderische Ringen um wenige Meter, das zum Inbegriff des Stellungskriegs und der Materialschlachten an der Westfront wird, dauert bis zum 19. Dezember. Bis dahin verschlingt die «Blutpumpe», wie die Soldaten Verdun nennen, hunderttausende von Menschenleben: 167'000 Franzosen und 150'000 Deutsche fallen im Kampf um die Festung.
    Die Schlacht um Verdun (Youtube/GeschichtsDokus)
  • 31. Mai 1916: Die grösste Flottenschlacht der Geschichte
    Wider Erwarten spielt die deutsche Hochseeflotte im Krieg kaum eine Rolle – dabei hat der Flottenwettlauf mit Grossbritannien Unsummen verschlungen und das Verhältnis zur stärksten Seemacht nachhaltig getrübt. Nun dümpelt des Kaisers Stolz nutzlos in den Heimathäfen.

    Erst durch die offensivere Seekriegsführung des deutschen Vizeadmiral Reinhard Scheer kommt es Ende Mai 1916 zu einem Gefecht mit der britischen Grand Fleet vor Jütland. An der grössten Seeschlacht von Grosskampfschiffen der Geschichte sind rund 250 Schiffe beteiligt, wobei die Briten etwa im Verhältnis 8:5 überlegen sind. Obwohl die Grand Fleet höhere Verluste erleidet, endet die Skagerrakschlacht als Patt: Der deutschen Flotte gelingt es nicht, die britische Überlegenheit zu brechen. Die britische Seeblockade bleibt bestehen.

    Ein Schiff feuert während der Skagerrakschlacht eine Breitseite ab. (PD)
  • 4. Juni 1916: Brussilow-Offensive
    Mit der Taktik, die feindliche Front auf grosser Breite zugleich anzugreifen, damit der Gegner seine Reserven nicht konzentriert einsetzen kann, erzielt der russische General Alexei Brussilow den grössten militärischen Erfolg Russlands während des gesamten Krieges. Die nach ihm benannte Offensive entlastet die westlichen Alliierten – die Deutschen müssen Truppen von Verdun abziehen – und drängt bis zum 20. September die Linien der Mittelmächte in Wolhynien und Galizien zurück. Besonders die österreichisch-ungarischen Verbände erleiden gewaltige Verluste, aber auch die Russen verlieren rund eine Million Mann. Dieser Aderlass beschleunigt die Demoralisierung des russischen Heeres.

    Österreichisch-ungarische Maschinengewehr-Stellung in Wolhynien (Österreichisches Staatsarchiv)
  • 1. Juli 1916: Die blutigste Schlacht des Krieges beginnt
    Nach einer Woche Trommelfeuer beginnt die britischen Offensive an der Somme, die bis zum 18. November dauern wird. Es ist die verlustreichste Einzelschlacht des Krieges; über 620'000 Mann auf Seiten der Entente sind danach tot, verwundet oder vermisst, fast 500'000 Mann auf deutscher Seite. Allein am ersten Tag der Schlacht, dem «schwärzesten Tag der britischen Militärgeschichte», fallen über 19'000 britische Soldaten, davon 8000 in der ersten halben Stunde.

    Während dieser grössten Schlacht des Ersten Weltkriegs setzen die Briten am 15. September erstmals Panzer ein. Die aus Geheimhaltungsgründen «Tanks» genannten Kampfwagen sollen das tödliche Patt des Stellungskrieges überwinden – vorerst ohne Erfolg.

    «Die Höllen-Schlacht: Somme 1916», Teil 1 (Youtube/politikpestreload)
  • 17. August 1916: Rumänien schliesst sich der Entente an
    Lange ist Rumänien neutral geblieben und hat sich von beiden Kriegsparteien umwerben lassen. Unter dem Eindruck der russischen Erfolge zu Beginn der Brussilow-Offensive entschliesst sich Bukarest nun zum Kriegseintritt auf Seiten der Entente. Deren Versprechungen sind naturgemäss attraktiver: Der neue Bündnispartner soll zu Lasten von Österreich-Ungarn Siebenbürgen und das Banat erhalten. Überdies sichern die Allierten Rumänien Teile der Bukowina zu.
  • 29. August 1916: Hindenburg und Ludendorff übernehmen
    Der glücklose Generalstabschef Erich von Falkenhayn muss gehen – seine Nachfolge tritt die sogenannte 3. OHL (Oberste Heeresleitung) an. Sie besteht aus Stabschef Paul von Hindenburg, dem «Helden von Tannenberg», und dem ersten Generalquartiermeister Erich Ludendorff, dem eigentlichen Kopf des Gespanns. Die neue militärische Führung, deren Ernennung auch eine politische Wende – hin zur faktischen Militärdiktatur – bedeutet, bricht die Offensivaktionen gegen Verdun ab.

    Hindenburg, Kaiser Wilhelm II. und Ludendorff (v.l.n.r.) 1917 (PD)
    Auch der Oberbefehl des französischen Heers wechselt angesichts der Erfolglosigkeit der französischen Kriegführung: Im Dezember 1916 löst General Georges Robert Nivelle General Joseph Joffre ab.
  • 6. Dezember 1916: Bukarest fällt
    Nach einer desaströsen Offensive wird die schlecht ausgerüstete und ausgebildete rumänische Armee von deutschen, österreichischen und bulgarischen Truppen zurückgedrängt. Trotz russischer Unterstützung kann Rumänien dem Angriff der Mittelmächte nicht standhalten; am 6. Dezember erobert die Heeresgruppe Mackensen die rumänische Hauptstadt.
    Der Fall Rumäniens bringt die russische Armee in Schwierigkeiten, die nun mit einem Drittel ihres Truppenbestandes die neue Front im Süden verteidigen muss.

    Kavallerieeinheiten der Mittelmächte marschieren in Bukarest ein. (Wikipedia/PD)
  • 12. Dezember 1916: Friedensangebot der Mittelmächte
    Nach der Eroberung Rumäniens drängt die Donaumonarchie darauf, der Entente ein Friedensangebot zu unterbreiten. Die Friedensnote an den US-Präsidenten Woodrow Wilson soll die kriegsmüden Länder der Entente entzweien und die Position der Mittelmächte gegenüber den neutralen Staaten (d.h. vornehmlich den USA) stärken.
    Da der Ton der Note unverbindlich gehalten und vor allem keine Bereitschaft Deutschlands erkennbar ist, die besetzten Gebiete zu räumen, ist das Angebot für die Entente unannehmbar. Sie lehnt es am 30. Dezember ab.
  • Winter 1916/1917: «Steckrübenwinter»
    Die britische Seeblockade trifft Deutschland schwer, das vor dem Krieg rund ein Drittel seiner Lebensmittel importieren musste. Dazu kommt eine Kartoffelfäule im Herbst 1916, so dass für den grössten Teil der Bevölkerung die Steckrübe, eine Kohlart, zum wichtigsten Nahrungsmittel wird. Es gibt Steckrübensuppe, Steckrübenauflauf, Steckrübenkoteletts, Steckrübenpudding, Steckrübenmarmelade und Steckrübenbrot. Dennoch leidet ein beträchtlicher Teil der Deutschen unter der katastrophalen Ernährungslage. Zwischen 1914 und 1918 sterben in Deutschland schätzungsweise 800'000 Menschen an Hunger und Unterernährung.

    Warteschlange vor einem Kartoffelladen (Stadtarchiv Düsseldorf)
  • 1. Februar 1917: Uneingeschränkter U-Boot-Krieg
    Auf Druck der Marineleitung und annexionistischer Kreise nimmt Deutschland den seit September 1915 abgebrochenen uneingeschränkten U-Boot-Krieg – also die Versenkung von Handelsschiffen ohne Vorwarnung – wieder auf, obwohl dadurch mit einer amerikanischen Kriegserklärung gerechnet werden muss. Die deutsche Admiralität ist indes optimistisch: England könne innerhalb von fünf Monaten «in die Knie gezwungen» werden, noch bevor ein eventueller Kriegseintritt der USA sich auswirken werde.
    Am 3. Februar brechen die USA die diplomatischen Beziehungen zum Reich ab.

    Deutsches U-Boot der UC-1-Klasse mit seiner Besatzung (Wikipedia/PD)
  • 8. März 1917: Der Zar muss abdanken
    Die Februarrevolution in Russland (am 23. Februar nach dem julianischen Kalender) zwingt Zar Nikolaus II. zur Abdankung. Die Zarenherrschaft in Russland ist damit beendet. Die provisorische Regierung Kerenski führt den Krieg jedoch weiter.
  • 16. März 1917: Rückzug auf die Siegfriedstellung
    Die deutschen Truppen an der Westfront ziehen sich – für die Alliierten überraschend – auf die stark ausgebaute Siegfriedstellung zurück. Der taktische Rückzug unter dem Codenamen «Alberich» verkürzt die Frontlinien und verbessert die Lage des angeschlagenen deutschen Heeres. Der geräumte Landstrich in Nordfrankreich wird dabei systematisch verwüstet, die Bevölkerung zwangsevakuiert.

    Siegfriedstellung bei Bullecourt (Wikipedia/PD)
  • 6. April 1917: Die USA treten in den Krieg ein
    Nach der Wiederaufnahme des zwischenzeitlich abgebrochenen uneingeschränkten U-Boot-Krieges erklären die USA, die ohnehin schon seit Herbst 1914 Grossbritannien unterstützen, Deutschland den Krieg. «Recht ist kostbarer als Frieden», erklärt Präsident Wilson. Neben dem «maritimen Terror» des U-Boot-Kriegs erzürnt auch die Zimmermann-Depesche das Weisse Haus: Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt in Berlin hat Mexiko Gebiete in Texas, Neu-Mexiko und Arizona versprochen, wenn es den USA den Krieg erklärt. Die Briten fangen das Telegramm ab und informieren Washington.

    Der Kriegseintritt der damals schon grössten Wirtschaftsmacht verstärkt das materielle Übergewicht der ohnehin an Ressourcen bereits überlegenen Entente enorm. Im Mai führen die USA die Wehrpflicht ein. Militärisch kommt der amerikanische Kriegseintritt vorerst jedoch kaum zum Tragen.
  • 16. April 1917: Die Offensive des «Blutsäufers»
    Der neue französische Oberbefehlshaber Robert George Nivelle befiehlt eine Grossoffensive gegen den Höhenzug Chemin des Dames an der Aisne im zentralen Abschnitt der Westfront. Nivelles Rezept: Mehr vom Gleichen: mehr Soldaten, mehr Artillerie, mehr Granaten. Fast eine Million Soldaten greifen die deutschen Stellungen an. Bis zum 25. April summieren sich die französischen Verluste auf etwa 30'000 Tote und 100'000 Verwundete.
    Im Mai kommt es zu Befehlsverweigerungen im französischen Heer: Mehrere französische Fronteinheiten meutern offen. Die Offensive muss abgebrochen werden.
    Mitte Mai wird Philippe Pétain anstelle des «Blutsäufers» Nivelle Oberbefehlshaber der Westfront. Mit brutalen Strafmassnahmen wie Todesurteilen gelingt es ihm, die Meuterei zu beenden.

    General Nivelle (Wikipedia/PD)
  • 25. Juni 1917: Die Amerikaner kommen
    Die ersten 14'000 Soldaten der American Expeditionary Forces (AEF) landen in Europa. Zunächst werden die Truppen aber ausgebildet; erst im Oktober 1917 kommen die ersten amerikanischen Einheiten an die Front. Bis März 1918 kommen drei weitere Divisonen in Frankreich an, doch erst ab Mai 1918 werden die AEF zu einem gewichtigen Faktor an der Westfront: Dann stehen etwa eine Million amerikanische Soldaten in Frankreich, die Hälfte davon an der Front.

    Soldaten der AEF nach der Schlacht von St. Mihiel im September 1918 (Wikipedia/PD)
  • 6. Juli 1917: Interfraktioneller Ausschuss
    Beginn der Parlamentarisierung des Deutschen Reiches: Im Reichstag formiert sich der sogenannte Interfraktionelle Ausschuss, ein Gremium, das die Zusammenarbeit von Sozialdemokratischer Partei (SPD), Fortschrittlicher Volkspartei (FVP) und Zentrumspartei koordinieren soll. Diese Parteien verfügen seit den Wahlen von 1912 über die Mehrheit im Parlament.
    Am 14. Juli tritt Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg zurück.
  • 31. Juli 1917: Dritte Flandernschlacht
    Erneut versuchen die Alliierten, bei Ypern die deutsche Front zu durchbrechen. Bei den Kämpfen sind die Verluste enorm und die Geländegewinne gering. Den kanadischen und britischen Truppen gelingt am 6. November die Einnahme des Dorfes Paeschendaele; damit endet die Schlacht.
    Bilder von der Schlacht um Paeschendaele (Youtube/Hugh Little):
  • 15. Oktober 1917: Mata Hari hingerichtet
    In den Befestigungsanlagen von Schloss Vincennes nahe Paris richtet ein französisches Erschiessungskommando die «exotische Tänzerin» Mata Hari hin. Die aus den Niederlanden stammende Margaretha Geertruida Zelle, wie sie mit bürgerlichem Namen heisst, soll für die Deutschen spioniert haben. Mit ihrem Tod im Morgengrauen beginnt der Mythos Mata Hari.

    Mata Hari (Wikipedia/PD)
  • 24. Oktober 1917: Schlacht von Karfreit
    Österreichische und deutsche Truppen – darunter eine Kompanie unter dem Kommando eines Oberleutnants namens Erwin Rommel – durchbrechen in der Schlacht von Karfreit (Caporetto) die italienische Front am Isonzo. Der Rückzug der Italiener verwandelt sich in eine Massenflucht; ganze Truppenkontingente desertieren. Italien steht am Rand der Niederlage. Erst die Unterstützung französischer und britischer Hilfstruppen kann die Front am Piave wieder stabilisieren.

    Deutsche Soldaten und italienische Gefangene (Wikipedia/PD)
  • 7. November 1917: Oktoberrevolution
    Die Bolschewiki ergreifen in der Oktoberrevolution (nach dem julianischen Kalender am 25. Oktober) die Macht in Russland. Nicht zuletzt ihre Forderung nach einem «Frieden um jeden Preis» macht sie beim kriegsmüden Volk populär. Die neuen Machthaber erlassen ein Dekret Dekret über einen «sofortigen Frieden ohne Annexionen und Kontributionen» und nehmen unverzüglich Waffenstillstandsverhandlungen mit den Mittelmächten auf.

    Lenin, der Anführer der Bolschewiki (PD)
  • 8. Januar 1918: Wilsons «14 Punkte»
    Präsident Wilson präsentiert mit den «14 Punkten» die Friedensbedingungen der USA. Neben konkreten Forderungen wie zum Beispiel der Räumung der besetzten Gebiete in Belgien und Frankreich oder der Rückgabe von Elsass-Lothringen an Frankreich enthält die Liste auch allgemeine («Freiheit der Meere») und zum Teil vage Punkte («autonome Entwicklung» für die Völker Österreich-Ungarns).
    Am 24. Januar lehnen die Mittelmächte die «14 Punkte» ab.

    US-Präsident Wilson (AP)
  • 3. März 1918: Frieden im Osten
    Nachdem die Ukraine bereits am 9. Februar einen Friedensvertrag mit den Mittelmächten geschlossen hat, unterzeichnen nun auch die Bolschewiki den Friedensvertrag von Brest-Litowsk. Russland wird nach Osten zurückgedrängt; der Vertrag sieht die Bildung von deutschen Vasallenstaaten von der Ukraine bis zum Baltikum vor. Überdies verschafft der Frieden im Osten den Mittelmächten militärische Handlungsfreiheit im Westen.