Freitag, 3. April 2015

Zur Medienqualität

Ich besuchte in der Karwoche das Lilienberg Kolloquium zum neuen Zyklus MEDIENQUALITAET.

Der Zyklus beleuchtet künftig Kriterien, Sichtweisen und mögliche Antworten im Aktionsfeld Medien und Kommunikation.

In der ersten Auslegeordnung in der Medienlandschaft sprach
Bildergebnis für Künzler matthias Chur

 
Prof. Dr. Matthias Künzler
Forschungsleiter IMP – Institut für Multimedia Production
HTW – Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur über

 



 "Medienqualität 

aus der Sicht der Konsumenten". 



Nach den fundierten Ausführungen Künzlers und der anschliessenden vertiefende Diskussion, kehrte ich mit zahlreichen wertvollen neuen Erkenntnissen nach Hause:

Etwas was unbedingt vermehrt beachtet werden müsste:
- Geprüfte und ungeprüfte Informationen müssten deutlicher gekennzeichnet werden.

- Die Vielfalt der möglichen Qualitätsmerkmale machte mir einmal mehr bewusst, dass die Qualität ganzheitlich beurteilt werden muss.

- Alle Ansätze fand ich  als Diskussionsgrundlage hilfreich (Kurt Imhof,  Rainer Stadler,  Sicht der Jugendlichen usw).

- Der Ansatz von Karl Lüönd, der nur wenige Qualitätskriterien  festlegt, ist generell anwendbar. Er überzeugte mich besonders:
> Der redliche Umgang mit der Quelle.
> Die Darstellung kontraverser Meinungen
> Die Verständlichkeitskriterien
> Die Prozessqualität

Da ich  mich auch über die Medienqualiatät im Zusammenhang mit dem Germanwings-Absturz verschiedentlich verlauten liess, interessierte mich die Beurteilung Künzlers zu diesem Medienhype. Er vertrat ebenfalls die Meinung, dass die Medien 
nach dem Absturz  sehr viel gut gemacht haben.

Ich zitiere aus dem Referat von Matthias Künzler folgenden lesenswerten Beitrag
Quelle: ZEIT online:



IMMER AUF SENDUNG


Ein Airbus stürzt ab, 150 Menschen sterben, sofort starten Live-Ticker und Sondersendungen, auch wenn noch nichts bekannt ist.

So wird Wirklichkeit verzerrt. von Alice Bota

Wenn die Nachrichten nicht abreißen dürfen, dann wird selbst das zu einer: dass auf dem Flughafen in Düsseldorf wartende Passagiere einfach so weiter Kaffee trinken, weil sie
noch nichts von dem Absturz mitbekommen haben. Dass Passagiere, die es mitbekommen haben, nun ein mulmiges Gefühl haben, selbst zu fliegen. Dass es ihnen, das hat man nun
wirklich nicht vermutet, leidtue um die Opfer. Dass Ann-Kristin G. (21) aus Ratingen beinahe auch in der Maschine gesessen hätte. Dass die Angehörigen unter Schock stünden.
Dass Seelsorger versuchen, die Situation, die nicht auszuhalten ist, mit den Angehörigen auszuhalten (es folgt ein Video). Dass Schaulustige von der Bergungsstelle ferngehalten
werden sollen, und man ahnt schon, wer diese Schaulustigen wohl sein werden – auch wir Journalisten. Dass eine Nachbarin den Copiloten Andreas L., der mutmaßlich das
Flugzeug hat abstürzen lassen, nicht kannte, aber nun ständig an ihn denke, man sei ja benachbart gewesen. Dass Andreas L. ein netter und höflicher Mensch war.

Alles zu lesen im "Live-Blog zum Unglück", "Flugzeugabsturz im Live-Ticker", "Live-Ticker", "Live-Blog", "Live-Stream"; fast alle Medien ziehen bei außergewöhnlich schrecklichen
oder großen Ereignissen mit, die Boulevard-Presse genauso wie die seriöse, auch die öffentlich-rechtlichen Sender sind dabei.


Die einen versuchen, sich an Meldungen mit Nachrichtenwert zu halten, Offizielles zu vermelden und dem Boulevard zu widerstehen, der jedes noch so absurde Gerücht zur
Nachricht erhebt. Aber bei allen Mühen, sie tappen dennoch in dieselbe Falle: Mit der Einrichtung eines "Live-Tickers" nach jedem bewegenden Ereignis, ganz gleich ob
Terroranschlag oder Flugzeugabsturz, verwischen sie den Unterschied zwischen Bedeutsamem und Nebensächlichem.

Die Nachricht vom Unglück wird überspült von der Flut der darauffolgenden Meldungen. Es gibt keine Hierarchisierung, keine Einordnung, keine Erklärung, im Live-Ticker
erscheint alles gleich wichtig: die Zahl der Opfer und die Nachrichten über den Copiloten Andreas L. ebenso wie Ann-Kristin G., die fast mitgeflogen wäre oder welche Politiker nun welche Kontrollen fordern. Medien folgen so der Logik von Twitter und Facebook.
 

Aber sie sind nicht Twitter, auch nicht Facebook.

Das Berichten in Echtzeit verstümmelt jede Wirklichkeit, wenn gerade nichts passiert. Es wird zum Selbstzweck, denn das, was bekannt ist, wäre in fünf Minuten gesagt.


Innezuhalten, zu sagen: Momentan wissen wir auch nicht mehr – das geht nicht


Im Laufe des Dienstagnachmittags wurden keine neuen Erkenntnisse zum Absturz des
Germanwings-Airbus bekannt, aber kein Sender verzichtete auf Sondersendungen, fortlaufende Live-Schalten und Expertengespräche, in denen gemutmaßt wurde, was geschehen
sein könnte. 


Der Satz der Stunde fiel im Brennpunkt, aber nicht nur da: "Momentan verbieten sich ja alle Spekulationen über die Unfallursache, aber was könnte da eigentlich
passiert sein?"

 Vielleicht alles. Vielleicht nichts. Aber damit kriegt man keine 45-Minuten-Sendung voll.
"Simultationsmoderne" nannte der Philosoph Jean Baudrillard diesen Zustand der Gesellschaft, in der authentische und simulierte Ereignisse nicht mehr auseinanderzuhalten
seien. Man muss seine Theorie nicht teilen, um anzuerkennen: Es gilt die Realität, die Medien herbeisenden und herbeischreiben – mitunter mit fataler Wirkung für das tatsächliche
Geschehen.
Warum eigentlich darf der künstlich erzeugte Nachrichtenstrom nicht abreißen? Sind die Medien schuld (das wäre dann doch sehr einfach), oder doch die Zuschauer, die
dranbleiben, sich durchklicken, einschalten? Werden mit Sondersendungen und Live-Tickern Bedürfnisse befriedigt – oder erst geweckt? Was wäre dagegen zu sagen, nur dann auf
Sendung zu gehen, wenn neue, relevante Informationen vorliegen und diese wirklich bestätigt sind? Denn es ist ein Irrtum, zu glauben, dass Aufmerksamkeit die Währung ist, in der sich Mitgefühl ausdrückt.

Absurd!

Zu viel Wind! Kohlekraft- und Kernkraftwerke mussten groteskerweise einspringen

Deutschland baute im Norden unzählige Windparkanlagen.
Dort wird Strom produziert.
Doch er wird vor allem in Süden benötigt. Dort bestehen Engpässe. Windparks mussten stillgelegt werden.
Weil vor Tagen beim Sturm im Norden zu viel Strom produziert wurde, kam es zum Kollaps.
Die vielen Strommasten quer durch Deutschland sind umstritten. So konnte der Strom  nicht abgeführt werden.
Noch Jahre fehlen  die notwendigen "Stromautobahnen". Damit kam es beim Sturm gleichsam zum "Stau".

Um das Netz zu stabilisieren, mussten Kohlekraftwerke und  Kernkraftwerken den notwendigen Ausgleich schaffen. Auch die Schweiz war genötigt, unseren nördlichen Nachbarn mit  Strom unter die Arme greifen.
Aus 20 Min:
«Einmal windet es zu wenig, dann zu stark»
Für Christian Wasserfallen zeigt das Beispiel die Schwächen der Windenergie auf: «Was in Hochglanzprospekten zur Energiewende propagiert wird, geht in der Realität eben nicht auf.» Die Windenergie könne unmöglich eine konstante Energieversorgung garantieren. «Die Problematik ist, dass wir in der Schweiz nicht unendlich viele Stauseen haben, um die Energie vom Sommer in den Winter zu speichern.»
Albert Rösti (SVP), der wie Wasserfallen im Vorstand der atomfreundlichen «Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz» sitzt, ergänzt: «Einmal windet es zu wenig, dann wieder zu stark – es ist schlicht keine Verlässlichkeit da.» Mit dem heutigen Netz sei es unverantwortlich, darauf zu vertrauen, dass die erneuerbaren Energien die Kernkraft dereinst ersetzen können werden.
40 Mal mehr Windenergie geplant
Laut Fachleuten gibt es allerdings grosse Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz. Das aktuell grösste Windkraftwerk der Schweiz steht auf dem Mont Croisin im Berner Jura und umfasst 16 Anlagen. Von einer Grösse, die Netzstörungen verursachen könnte, sei man weit entfernt, sagt Gilles Seuret, Sprecher der Betreibergruppe BKW: «Ein stürmischer Wind ist genau das, was wir haben wollen, um die Windenergieanlagen mit Volllast betreiben zu können.»
Im Zuge der Energiestrategie des Bundes soll der Anteil der Stromproduktion durch Windenergie in der Schweiz allerdings stark ansteigen. Bis 2050 soll er sich von 100 auf 4000 Gigawattstunden vervierzigfachen. Was dann? Andreas Schwander, Sprecher der Netzgesellschaft Swissgrid, sagt: «Wir müssen das Netz ohnehin ausbauen – mit oder ohne Windenergie.»
Landschaftsschutz als Hindernis
Dieser Meinung ist auch Bastien Girod : «Wenn wir ein gutes Netz haben, ist das eine Riesenchance für die Wasserkraft, da das Wasser dann fast zu negativen Kosten in Stauseen gepumpt werden kann.» Girod rechnet zudem damit, dass andere Speicher-Technologien in den nächsten Jahren grosse Fortschritte machen werden. «Dann werden wir Wind- und Sonnenüberschuss viel besser speichern können.»
Bevor diese Schritte nötig werden, gilt es allerdings noch andere Hürden zu überwinden. Landschaftsschutz-Organisationen haben bereits angekündigt, Windturbinen in verschiedenen Regionen zu bekämpfen. FDP-Politiker Wasserfallen sagt: «Allein, um das AKW Mühleberg zu ersetzen, bräuchten wir rund 740 Windkraftwerke.» Politische, technische, planerische und rechtliche Grenzen sowie die Opposition in der Bevölkerung würden die Erreichung dieses Ziels verunmöglichen, glaubt er.