Dienstag, 7. April 2015

Wie Täter zu Opfer werden

Früher musste die Tat gesühnt werden - 
Täter wurden kaum entlastet.
Und heute?

Ob ein Brandstifter oder ein Mörder psychisch labil ist, spielte meist keine Rolle.
Für eine kriminelle Tat musste ein Täter büssen. Die Umstände zählten kaum eine Rolle.
Heute stellen wir immer wieder fest, dass  Täter zu Opfer mutieren. Es bedarf lediglich eines entsprechenden Gutachtens. Bei der jüngsten grauenhaften Tat eines Co-Piloten, der 149 Menschen mit in den Tod riss, macht ein Neurologe den Täter ebenfalls zum Opfer. Das kommt bei der Oeffentlichkeit nicht gut an.

Ich zitiere 20 Min:

Germanwings-Absturz



«Lubitz war kein Täter, sondern ein Opfer»
Co-Pilot Andreas Lubitz riss beim Flugzeugabsturz 149 Menschen mit in den Tod. Ein US-Arzt sieht in ihm dennoch keinen Täter. Lubitz sei unschuldig, seine Krankheit habe das getan.


Andreas Lubitz (27) war der Co-Pilot der Germanwings-Maschine, die am 24. März 2015 in den französischen Alpen in eine Felswand krachte.
Andreas Lubitz (27) war der Co-Pilot der Germanwings-Maschine, die am 24. März 2015 in den französischen Alpen in eine Felswand krachte. Das Haus der Familie Lubitz in Montabaur (Rheinland-Pfalz) wird am Donnerstag von Polizisten bewacht. Die Familie befindet sich derzeit auf dem Weg zur Unglücksstelle. Die Polizisten sollen Journalisten vom Haus fernhalten. Seinem Facebook-Profil ist zu entnehmen, dass er ein begeisterter Pilot war. Zudem war Lubitz ein langjähriges Mitglied eines Fliegervereins der Region Montabaur. Seine Kollegen sind von seinem Tod betroffen. Lubitz folgte auf Facebook einer Seite, auf der technische und operative Informationen rund um den Flugzeugtyp A320 diskutiert werden. Erfahrene Piloten besprechen dort verschiedene Szenarien, die bei dieser Maschine auftreten können.


«Es war nicht Andreas Lubitz, der das getan hat, es war seine Krankheit» – mit dieser Aussage nach der Germanwings-Tragödie in den französischen Alpen sorgt der US-Neurologe Robert M. Sapolsky für Empörung.

Sapolsky ist Professor für Neurologie an der renommierten Stanford-Universität. In einem Beitrag für die «LA Times» schreibt er: «Der Germanwings-Absturz hatte 150 Opfer, nicht 149».

Lubitz habe aufgrund seiner Depressionen keinen Einfluss auf seine Entscheidung gehabt, er sei deshalb unschuldig, so Sapolsky weiter. Der Germanwings-Co-Pilot litt unter schweren Depressionen und war für den Tag des Absturzes eigentlich krankgeschrieben.



 Die Krankheit sei biologischen Ursprungs: «Eine Depression ist wie alle psychischen Erkrankungen eine Störung. Sie bringt den Betroffenen in einen Zustand, bei dem das Wesen aufgrund biologischer Veränderungen nicht wiederzuerkennen ist.»

Er warnt vor Pauschalurteilen. Die meisten Menschen, die unter Depressionen leiden, würden nicht zu aggressiven Handlungen neigen, schreibt er weiter. «Wenn die beispiellose Tat von Andreas Lubitz Menschen, die unter Depressionen leiden, dazu bringt, ihre Krankheit zu verstecken, zu verleugnen oder zu ignorieren, wird die Zahl der Unschuldigen, die umkommen, 150 klein erscheinen lassen», so der Arzt.

Empörte Leser

Bei den Lesern der «LA Times» stiessen die Worte des Neurologen auf Unverständnis. So ist etwa in den Kommentaren zum Artikel zu lesen: «Wir alle kennen Menschen, die an Depressionen leiden, jedoch haben nur wenige von ihnen die Fähigkeit, einen Massenmord zu begehen.» Zahlreiche andere werfen Sapolsky vor, die Tat zu verharmlosen. Lubitz sei kein Opfer, sondern ein Massenmörder.


Lubitz hat die Lufthansa bereits im Jahr 2009 als Flugschüler über eine «abgeklungene, schwere depressive Episode» informiert, nachdem er seine Pilotenausbildung für mehrere Monate unterbrechen musste. Er galt vor mehreren Jahren als selbstmordgefährdet.

(pat)

 KOMMENTAR: Massenmörder oder Opfer? Einerseits hat die Oeffentlichkeit ein Recht vor "kranken" Tätern geschützt zu werden. Anderseits dürfen wir die Krankheit eines Menschen nicht völlig ausklammern. Das unter einen Hut zu bringen, ist und bleibt schwierig. Dieses Spannungsfeld ist kaum lösbar. Taten dürfen nicht verharmlost werden mit einer vorschnellen Opferthese. Gerichtsentscheide sind vielfach nicht nachvollziehbar, weil beide gegensätzlichen Aspekte mit berücksichtigt werden müssen.

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