(aus TAGI)
Bilaterale sind kein heiliger Gral
Wir haben gestern bei Nationalrat Noser nachgefragt. Er bekräftigte dabei: «Die Sichtweise ist falsch, die bestehenden Bilateralen seien ein heiliger Gral.» Würde es diese Bilateralen nicht mehr geben, wäre die Schweiz nicht tot. «Wir hätten dann ein Problem mehr, aber dieses wäre zu lösen.» Und: «Ohne Bilaterale hätten wir gegenüber der EU die gleiche Rechtssituation wie sie die USA und Hongkong haben – allerdings mit dem Unterschied, dass wir hundert Prozent unserer Landesgrenzen mit der EU teilen.» Dass dieser Unterschied einen höheren Regulierungsbedarf erfordere als bei den USA oder Hongkong sei wohl jedem klar. Entscheidend für die Schweiz sei der EU-Marktzutritt.
Noser zeigte sich im Gespräch mit der BaZ zudem überzeugt davon, dass die EU die Bilateralen mit der Schweiz «nicht kündigen werde.» Also auch dann nicht, sollte es bei den notwendigen Verhandlungen über das Personenfreizügigkeits-Abkommen keine Einigung mit der EU geben. Dann müsste die Personenfreizügigkeit gemäss angenommener Zuwanderungsinitiative gekündigt werden – dann müssten aufgrund der Guillotineklausel eigentlich auch die übrigen Bilateralen fallen.
Als Grund für seine Annahme, dass dies nicht geschehen wird, nennt Noser die Interessen von EU-Staaten, namentlich beim Landverkehrsabkommen. Er erinnert daran, dass alle 27 EU-Staaten einer Kündigung zustimmen müssten. «Deutschland und Italien werden das Landverkehrsabkommen nicht kündigen», sagt Noser. Zu wichtig sei für die beiden Länder die Nord-Süd-Achse durch die Schweiz. Noser sagte weiter, neuen Abkommen mit der EU komme grössere Bedeutung zu, als dies bei den bestehenden der Fall sei. Die alten Verträge seien mit der kleinen EU-15 einfacher auszuhandeln gewesen, als dies heute bei neuen Abkommen mit der grösseren EU-27 der Fall sei.
KOMMENTAR: Mit dieser neuen Sicht eines prominenten FDP Politikers könnte die Schweiz bei den Verhandlungen entspannter auftreten. Denn bis anhin gingen viele Politiker davon aus, dass im Interesse der Bilateralen der Schweiz nichts anderes übrig bleibt als in alle sauren Aepfel zu beissen.
Es ist durchaus möglich, dass viele Staaten Europas das Landverkehrsabkommen nie kündigen würden. Sie profitieren von der heutigen Situation.
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