Sie sei nachlässig gewesen, aber sie habe ihren Fehler wieder gutgemacht: «Ich habe für die letzten zehn Jahre gesamt rund 200'000 Euro Steuern nachgezahlt, plus Säumniszinsen.» Der Fall sei damit auch aus Sicht der Steuerbehörde bereinigt. «Mit welchem Recht also diese Denunzierung?», fragt sich Schwarzer im Hinblick auf den «Spiegel»-Artikel. Sie vermutet, dass ein Informant aus der Schweiz die Details zu ihrem Fall gleich mehreren Redaktionen zugesteckt habe, «damit es einer sicher bringt». Der «Spiegel» habe offenbar nicht widerstehen können.
Schwarzer hat das Konto in der Schweiz nach eigenen Angaben zu einer Zeit eröffnet, «in der die Hatz gegen mich solche Ausmasse annahm, dass ich ernsthaft dachte: Vielleicht muss ich ins Ausland gehen.» So denke sie schon länger nicht mehr, und vom Konto habe sie nie einen Cent abgehoben. Selbstverständlich hätte sie das Konto von Anfang an beim deutschen Finanzamt angeben müssen. «Doch ganz ehrlich: Auch mein persönliches Unrechtbewusstsein hat sich an dem Punkt erst in den letzten Jahren geschärft.»
Eine «moralische Instanz» im Fokus
Der «Spiegel» hatte zuvor publik gemacht, dass Alice Schwarzer über viele Jahre eine erhebliche Summe in der Schweiz gebunkert und die hier angefallenen Zinsen nicht, wie vorgeschrieben, dem deutschen Fiskus zur Besteuerung angegeben. Sie habe im vergangenen Jahr Selbstanzeige erstattet, als sich die Medienberichte über neue Steuer-CDs und Schwarzgeldkonten in der Schweiz gehäuft hatten.
Mit Alice Schwarzer werde nach dem Ex-«Zeit»-Herausgeber Theo Sommer zum zweiten Mal innert kurzer Zeit «eine moralische Instanz der deutschen Presse wegen einer Steuerangelegenheit auffällig». Uli Hoeness, Präsident des FC Bayern München, muss sich zudem im März wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten.
KOMMENTAR: Es ist immer peinlich, wenn eine moralische Instanz demontiert wird. Ich erinnere an Günther Grass, der als Gewissen Deutschlands galt und später zugeben musste, dass er bei der WaffenSS war. Jahrelang hatte er dies verschwiegen. Oder Cohn Bendit, der als grüner Vordenker mit seinen erotischen Erfahrungen im Kinderladen in Erklärungsnotstand kam und eine krasse Imageeinbusse erlitt. Die angeschwärzte Schwarzer muss nun auch mit dem jüngsten schwarzen Fleck leben, der nach der Publikation der Steuerhinterziehungsgeschichte zurück bleibt.
Grass darf sich heute nicht als Medienopfer bezeichnen und die Publikation der Steuersünde von Alice Schwarz ist kein DENUNZIEREN. Ob es Schwarzer gelingt mit der Stiftung von einer Million Franken die schwarze Weste rein zu waschen?
Auf den sozialen Netzwerken ergiesst sich derzeit eine Flut von Häme über die selbsternannte moralische Instanz.
An vorderster Front verleiht Jörg Kachelmann seiner Schadenfreude Ausdruck und lästert in unzähligen Tweets über seine Erzfeindin Schwarzer ab. Eine späte Rache: 2010/11 schrieb die Frauenrechtlerin für die «Bild» über den Vergewaltigungsprozess gegen Kachelmann. Wobei sie nie einen Hehl daraus machte, dass sie den Meteorologen für schuldig befand. Der Prozess endete mit einem Freispruch.
Promis sind leider im Schaufenster der Oeffentlichkeit. Die Medien müssen das Recht haben, Missstände offen zu legen.
Alice Schwarzer hätte ich geraten, sich nicht zu rechtfertigen oder sich zu verteidigen. Auch in Krisensituationen kann SCHWEIGEN Gold sein.
16. Aug. 2006 ... Das späte Eingeständnis des deutschen Schriftstellers Günter Grass, im zweiten
Weltkrieg Mitglied der Waffen SS gewesen zu sein, erregte die ...
www.rhetorik.ch/Aktuell/06/08_16.html
Dateiformat: PDF/Adobe Acrobat
6. Juni 2013 ... Kann der. Fall Cohn-Bendit mit der Nazi-Vergangenheit von Günther Grass oder
der DDR-Vergan- genheit Merkels verglichen werden?
www.rhetorik.ch/Aktuell/13/05_28/06_13.pdf
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16 Aug 06: Zum Outing von Günther Grass · 15 Aug 06: Marken als generische
Sprachbegriffe · 14 Aug 06: Deeskalation bei der Alltagskommunikation.
www.rhetorik.ch/Aktuell/Aktuell_2006.html
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