Samstag, 21. September 2013

Trittin muss bangen

Kurz vor der Wahl sieht es für die Gruenen nicht gut aus

Das Bild aus DIE ZEIT sagt mehr wie Worte.
Trittin wurde von der fragwürdigen Vergangenheit (als Befürworter SEX mit KINDERN) eingeholt:

Kaum ein Grüner glaubt an ein gutes Ergebnis bei der Bundestagswahl. Schon werden Szenarien für einen Generationswechsel entworfen – und eine Zukunft ohne Jürgen Trittin. 







Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin auf einer Wahlkampfveranstaltung in Hannover

Ich ziziere DIE WELT:

Mehrzweckhalle, das ist so ein Wort aus der alten Bundesrepublik. Und wenn die Halle auch noch in Göttingen steht, dann riecht das Wort nach dem revolutionären Schweiß und Zigarettenqualm von Versammlungen der Siebzigerjahre. Kein schlechter Ort, um Jürgen Trittin eine Frage zu stellen, die tief hineinführt in die Irrungen und Wirrungen jener Zeit. Hier in Göttingen studierte Trittin damals. Hier wurde aus dem studentischen Revoluzzer der Politiker, der er heute ist.
Heute, das ist der Dienstagabend dieser Woche. Auf dem Podium der Mehrzweckhalle sitzen die Bundestagskandidaten von SPD, FDP, CDU, der Linken und der Grünen. Letzterer ist Jürgen Trittin. Es geht um die bekannten politischen Themen. Aber noch eine andere Frage steht im Raum. Und nun stellt sie der Moderator. Es ist die Pädophilen-Frage: "Es gibt da Vorwürfe, Herr Trittin, bitte nehmen Sie kurz Stellung."
Trittin trägt eine Krawatte, deren Farbe man als Metallicgrün beschreiben könnte. "Es war 1981", beginnt er, "da habe ich hier in Göttingen die AGIL mitgegründet." Diese Alternative Grüne Initiativen-Liste war ein Bündnis aller möglichen linken Gruppen, damals typisch für Uni-Städte. Die Fraktionen der Studentenbewegung zerbröselten, aber die Bewegung musste weitergehen, und so tat man sich vorerst in solchen Listen zusammen.
Aus denen entstanden dann oft Ortsgruppen der Grünen. In solche Listen drängte damals alles, was auf dem Unterdrückte-Minderheiten-Ticket unterwegs war. Auch propagierende und praktizierende Pädophile.

"Das muss Betroffenen wie Hohn erschienen sein"

"Im Rahmen des Kommunalwahlprogramms", fährt Trittin fort, "haben wir damals die Streichung des Homosexuellen-Paragrafen 175 gefordert, aber auch von Paragrafen, die sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern unter Strafe stellen."
Dann wird er deutlich: "Diese Formulierung geht fehl. Sie ist schlicht falsch. Es gibt keine einvernehmlichen Formen sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern. Wir müssen uns vorwerfen lassen, dass wir zu lange gebraucht haben, bis wir diese Position abgelegt haben. Das muss vielen Betroffenen wie Hohn erschienen sein." Nun aber habe seine Partei unabhängige Forscher beauftragt, das alles aufzuarbeiten. "Wir klären auf!"
Das Podium begrüßt Trittins Erklärung einhellig. Vom Mann der Linken über den SPD-Mann und den FDP-Mann bis zur CDU dankt man ihm für die klaren Worte.
Einzig der CDU-Mann merkt an, Trittin müsse einmal darüber nachdenken, wie sein moralischer Rigorismus etwa in der Causa Guttenberg, dessen Rücktritt er vehement gefordert hatte, zu seiner Haltung jetzt in eigener Sache passe. "Aber das muss er selbst wissen." Und Pfusch bei einer Doktorarbeit, sagt er noch, sei ja wohl mit pädophilen Aktivitäten nicht zu vergleichen.
Jürgen Trittin, der neben dem CDU-Mann sitzt, duckt sich leicht. Eine Geste, als wolle er sich zwischen die hochgezogenen Schultern zurückziehen. Das ist er nicht gewohnt, man sieht es ihm an: moralisch infrage gestellt zu werden. Das war doch sein Part: andere moralisch infrage zu stellen. Vielleicht ist es das erste Mal seit Jahrzehnten, dass er sich einer solchen Lage ausgesetzt sieht. Wie der strenge Pastor, der immer so scharf predigt, und dann wird er im Bordell erwischt, so schaut er jetzt aus.

Es galt das kommunistische Reinheitsgebot

Aber so ist es ja gar nicht. In dem Milieu, aus dem er um 1980 herum kam, galt in sexuellen Fragen das kommunistische Reinheitsgebot. "Verantwortlich im Sinne des Presserechts" war Jürgen Trittin für das Wahlprogramm jener Göttinger Liste, in dem das furchtbare Zeug stand. Mehr aber auch nicht.
Man möchte ihn rütteln. Ihm sagen, jetzt sag doch mal was. Nicht viel. Ein, zwei Sätze, meinetwegen abgehackt, unelegant, grammatisch falsch. Aber echt. Echtes Bedauern. Ein Mitgefühl mit den Kindern, die auf dem Altar der sexuellen Revolution vernascht wurden. Was hindert dich denn an so einem Wort, möchte man ihn fragen, du selbst hast doch keinen Dreck am Stecken? Du bist doch frei davon. Jetzt sag halt was!
Nun meldet sich ein Herr aus dem Publikum: "Ich habe eine Frage an Herrn Trittin." Der Moderator: "Nein! Wird nicht zugelassen." Der Herr mit der Frage setzt nach: "Aber die Positionen auf dem Podium sind doch sehr homogen …" Der Moderator: "Nein, nein! Nicht zugelassen. Da kämen wir ja vom Hundertsten ins Tausendste." Und weiter geht's auf dem Podium, rasch hin zu den brennenden Themen Handball und Sport in Göttingen.
Ein Aroma von Volksfront steht in der Mehrzweckhalle. Man kann sich gut in die Lage jedwedes Störenfriedes versetzen, der in seinem Dorf, seinem Verein oder beim Elternabend auch mal eine Frage hat, die keiner hören will. Warum sagt jetzt Jürgen Trittin nicht zum Moderator: "Nun lassen Sie doch den Mann seine Frage stellen?"

"Keine Fragen aus dem Publikum"

Ja, warum nicht? Weil das hier Politik ist. Große Politik. Wahlkampf, die letzten Meter vorm Ziel. Weil Jürgen Trittin der Marathonmann der Grünen ist. Weil er nicht sieht, dass der Moment gekommen ist, in dem er nicht zuallererst Wahlkämpfer sein darf. Weil er sich bestätigt fühlt in seiner unerschütterlichen Polit-Professionalität fast vom gesamten Podium. Weil die Fünf-Minuten-Terrine, in der das störende Thema kurz aufgewärmt wird, vorab so abgemacht war.
Der Moderator sagt es explizit: "Wir haben das so verabredet. Keine Fragen aus dem Publikum." Das wird jetzt so durchgezogen. Basta.
Und der Göttinger Abend ist noch der ausführlichste, selbstkritischste auf Jürgen Trittins Wahlkampftour via Bremen und Hamburg. In diesen Stunden und Tagen kann man förmlich zuschauen, wie der pädophile Makel in der wahlkampferhitzten grünen Moralverbrennungsanlage zu Asche wird.
Tags darauf, am Mittwochmittag, spricht Jürgen Trittin in Bremen. Es ist der Höhepunkt der grünen Wahlkampagne dort. Er spricht auf dem historischen Markt seiner Heimatstadt, gegenüber wacht der steinerne Roland und über allem der Dom. Es ist eine übersichtliche Schar von Anhängern, die um die Bühne herum Platz genommen hat.
Eine türkischstämmige Grüne, hier geboren, fordert mehr Geld für Bildung und die doppelte Staatsbürgerschaft. Die Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck spricht emotional und mitreißend von ihrem Traum eines ökologischen Wirtschaftswunders, von dem der Norden bereits profitiere.

Er ist fähig zu öffentlichen Gefühle

"Und jetzt kommt Jürgen!"
"Moin!", ruft er in die kleine Menge. "Moin! Moin!", schallt es zurück. Es ist ein Heimspiel, das zweite nach Göttingen. Aber hier ist es echt, hier sitzt jeder Ton. Hier kommt er her. Seine Mutter sitzt in der ersten Reihe, eine sympathische weißhaarige Dame, die ihren Sohn umarmt und sichtlich stolz auf ihn ist. Er flicht eine Kindheitserinnerung in seine Rede ein und spricht seine Mutter direkt an.
Er kann es doch. Er ist fähig zu öffentlichen Gefühlen. Es tut ihm gut, hier zu sein. Er kämpft, wirbt, baut Witze ein, er donnert gegen Schwarz-Gelb. Ein Bremer Junge, der es weit gebracht hat.
Er spricht das heikle Thema an, natürlich. Aber das hier ist keine Mehrzweckhalle, das ist jetzt ein Marktplatz. Das ist richtig Wahlkampf. Es geht ums Ganze. "Es wird sauknapp!", ruft er den Seinen zu. Die Selbstkritik ist jetzt genau drei Sätze lang, und sie klingt wie eine Attacke: "Wenn wir Grünen zu sexuellem Missbrauch eine falsche Position eingenommen haben, dann sollte man zur Kenntnis nehmen, dass wir das überwunden haben! Wir stellen uns diesem Anspruch! Wir lassen das aufarbeiten!"
Dann geht es lang und breit gegen "die Schwarzen". Wie Seehofer, Kauder und andere im Bundestag damals dagegen stimmten, dass Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt wurde. "Ich lasse mir von diesen Leuten nichts übers Kindeswohl erzählen!" Und zehn Milliarden werden die Grünen in Kitas stecken, in Betreuung, in Ganztagsschulen. Und das idiotische Betreuungsgeld muss weg. Ja, wir tun was!
Die leidige Pädo-Chose ist jetzt vor allem eines: eine Hetzkampagne der CDU. "Ja", ruft Trittin, "aggressiv und zu Hetzkampagnen neigend, so ist er, der Schwarze!"

In Hamburg wartet ein Zelt voller Bluesmusik

Und weiter geht es nach Hamburg. Dort wartet in Winterhude ein Zelt voller Bluesmusik und Jack-Wolfskin-Jacken auf ihn. Der Zufall will es, dass er just zu der hübschen Liedzeile "You're so fine / let me love you all the time" einzieht, durch ein Spalier aus Parteifreunden und Applaus. Menschen auf Bänken, Bierhumpen auf den Tischen. Die Szene hat etwas Bayerisches. Das täuscht. Gegen die Schwarzen da unten in Bayern lässt sich so ein grünes Zelt allemal zum Kochen bringen.
Wieder kommt die Selbstkritik, und diesmal ist sie wieder genauer, ausführlicher. Fast so klar wie in Göttingen. Doch es ist nur das Vorspiel zum Angriff. Die Grünen hätten aus ihren Fehlern gelernt, ruft Trittin seinen Anhängern zu. "Diesen Lernprozess sollten die CSU-Leute uns zubilligen, anstatt dieses Land mit einer Schmutzkampagne zu überziehen!" Als die Namen Seehofer, Kauder, Hasselfeldt fallen, da tobt das Zelt.
Man kann das so machen. Die Reihen schließen, das eigene Milieu mobilisieren. Für Zweitstimmen werben. Die Grünen dieser Tage erinnern an die FDP, funktional, versteht sich. "Nur mit uns!" Das ist die Aussage, in die Trittins Wahlreden am Ende münden. Nur mit uns tut die CDU das Richtige, sagt die FDP. Nur mit uns tut die SPD das Gute, sagt Trittin. Die Volksparteien, hieß es doch vor gar nicht langer Zeit, seien mausetot. Erinnert sich noch jemand daran?

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