Marcus Knill
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Pseudo-News zum Zugunglück
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Kaffeesatzlesen auf einigen Online-Portalen.
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Nach dem Unglück am Donnerstagmorgen wurden die unterschiedlichsten Vermutungen zu rasch ins Netz gestellt. Auch der Unglücksort wurde unpräzis und sogar falsch angegeben. Die Anzahl der Verletzten wechselte laufend. Es war zuerst von 40 Verletzten die Rede - dann von nur ganz wenigen. Erst gegen 10 Uhr wurde die Zahl auf 17 festgelegt. Da ich am Morgen unterwegs war, hatte ich keine Gelegenheit, die unterschiedlichen Kommentare, welche ich auf dem i-Phone gelesen und im Autoradio gehört hatte, als Belege sofort zu kopieren. Ich hätte diese Beiträge gerne für einen Fachartikel gespeichert. Am Abend versuchte ich bei den verschiedenen Online-Anbietern, die ersten fragwürdigen Informationen nachträglich wieder zu finden und auszudrucken. Vergeblich: Die ersten Flopinformationen waren bereits gelöscht. Ein Leser, der diese Unzulänglichkeit mit den Falschinformationen im Kommentar recht hart kritisierte, war leider auch nicht mehr auf dem Netz zu finden. Der Beitrag fehlte!
Erkenntnis: Nach einem Unglück sollten sich die Medien immer nur an belegte Fakten halten und mitunter warten, bis wichtige Sachverhalte geklärt oder bestätigt worden sind. Fakten dürfen selbstverständlich beschrieben und geschildert werden. Es ist verständlich, wenn Online-Redaktionen die Schwemme von Kommentaren unter Zeitdruck kaum noch filtern können. Bei Krisen, Katastrophen und Unfällen gilt dennoch: Keine Vermutungen, keine Hypothesen, keine Mutmassungen über die Schuldfrage oder die Ursachen des Unglücks.
Dass sachgerechte Information zeitaufwändig sind, zeigte sich bei diesem Zugzusammenstoss mit Verletzten in Neuhausen. Alle Pseudoexperten, die in derartigen Situationen glauben, Kaffeesatz lesen zu können, müssten heute Abend über die Bücher gehen. In der Tagesschau konnte zehn Stunden nach dem Unfall die Ursache des Zusammenstosses offiziell immer noch nicht bekannt gegeben werden. Im Grunde genommen sind die erwähnten Erkenntnisse banal und nichts Neues. Sie bestätigen aber: Nur wer das Krisenkommunikationsmanagement trainiert hat, kann auch in der Hektik des Geschehens die Tools aus den Lehrbüchern umsetzen. Erfreulich war beim jüngsten Zugsunglück immerhin, dass die offiziellen Sprecher, die ich gehörte habe (SBB, Polizei), ihre Sache recht gut gemacht hatten.
Text: Marcus Knill
Kommentar:
[11.01.2013 - 16.26 Uhr] Marie Kalser |
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