Sonntag, 30. September 2012

Die Kommunikation der FDP gibt Rätsel auf

Quelle: NZZ-online:

Der Zürcher Stadtrat Martin Vollenwyder schweigt hartnäckig zum Rücktrittsgerücht um seine Person.
Der Zürcher Stadtrat Martin Vollenwyder schweigt hartnäckig zum Rücktrittsgerücht um seine Person. (Bild: Keystone / Steffen Schmidt)

In der politischen Kommunikation gilt: Wer zu Gerüchten schweigt, bestätigt sie indirekt. Die No-Comment-Strategie zum allfälligen Rücktritt von Stadtrat Martin Vollenwyder bringt die Stadtzürcher FDP in eine unangenehme Situation.

Zu schweigen ist keine Strategie: Dass die Spitze der Stadtzürcher FDP die Kommunikation zu den Rücktrittsgerüchten um Stadtrat Martin Vollenwyder bis jetzt hartnäckig verweigert, lässt Gerüchte und Mutmassungen erst recht ins Kraut schiessen. Wären die am Mittwoch von allen Zürcher Medien beinahe gleichzeitig in Umlauf gebrachten Meldungen völlig aus der Luft gegriffen gewesen, hätte ein sofortiges Dementi folgen müssen.

Keine Flucht nach vorn

Dass dieses ausbleibt, ist in der politischen Kommunikation praktisch gleichbedeutend mit einer Bestätigung. In diesem Falle wäre die FDP allerdings am besten beraten gewesen, hätte sie die Flucht nach vorne ergriffen, zum sofortigen Pressetermin geladen und dabei gleichzeitig auch die neuen Kandidaten präsentiert.

Dass die Spitze der Zürcher FDP weder das eine noch das andere tat, lässt zwei Vermutungen zu: Entweder sie ist schlecht beraten, oder aber sie kann derzeit wirklich nichts sagen. FDP-Präsident Michael Baumer jedenfalls sagte gestern Freitag auf Anfrage der NZZ dasselbe wie am Mittwoch: Da von Martin Vollenwyder kein Rücktrittsschreiben vorliege, bestehe für die FDP kein Grund, etwas dazu zu sagen.

Doch weshalb schweigt Martin Vollenwyder selbst so hartnäckig zum Rücktrittsgerücht?

 Es wäre für ihn ein Leichtes, den Spekulationen mit einem Satz ein Ende zu bereiten. Mittlerweile kaum mehr dementiert wird, dass Martin Vollenwyder einen vorzeitigen Rücktritt tatsächlich geplant hat.

Vollenwyders Schweigen

Dass er seiner Partei, mit der er derzeit einen entspannten Umgang hat, den Gefallen einer Bestätigung nicht erweist, lässt wiederum zwei Interpretationen zu: Er überlegt es sich noch einmal, oder aber es gibt Gründe, die gegen einen vorzeitigen Rücktritt des freisinnigen Finanzvorstehers sprechen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn es seine Amtsgeschäfte nicht zuliessen oder wenn ein weiterer vorzeitiger Rücktritt aus dem Stadtrat geplant wäre.

«Martin Waser bleibt»

Tatsächlich kursieren entsprechende Gerüchte seit einiger Zeit über Sozialvorsteher Martin Waser (sp.), der seit einiger Zeit gesundheitliche Probleme hat. Martin Waser konnte am Mittwoch und am Donnerstag nicht erreicht werden; SP-Fraktionschefin Min Li Marti sagt aber klipp und klar: «Es gibt keinen vorzeitigen Rücktritt von Stadtrat Martin Waser.» Damit steht wieder die FDP im Fokus der Spekulationen – und damit tut sich die Partei keinen Gefallen: Solange keine Klarheit herrscht, wird weiter spekuliert werden, und die Partei steht mit dem Rücken zur Wand.

Kommentar: Die FDP müsste unverzüglich ihr Schweigen brechen und proaktiv informieren. An Beratern fehlt es dieser Partei nicht. 
Bundespräsidentin Widmer-Schlumpf im TIEF

Solotänzerin Widmer-Schlumpf

aus Tagi:
Die Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf steckt im Popularitätstief. Im Bundesrat eckt sie mit ihrem Stil an. Und im Parlament schürt sie Erwartungen, die sie nicht erfüllen kann.


Grosser Auftritt diese Woche vor der UNO-Vollversammlung in New York, zu Hause aber sinkt ihre Popularität: Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf. (24. September 2012)
Bild: Keystone
Die Schweizer Medien sollten im härter werdenden Wettbewerb die faktengetreue Berichterstattung nicht über Bord werfen. Indiskretionen und Fehlinformationen würden das Klima vergiften, warnte Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf am Jahreskongress des Verbandes Schweizer Medien in Lausanne. Die Finanzministerin sorgt mit ihrer intransparenten, sprunghaften Art aber selber für schlechte Stimmung, Verwirrung und Verärgerung in Bundesrat und im Parlament, sagen Politiker in Bern.

Beispiel Ökosteuer:

 Die Bundesräte Alain Berset (SP), Johann Schneider-Ammann (FDP) und Doris Leuthard (CVP) erfuhren im August aus der Presse, dass die Finanzministerin ein Aussprachepapier ausgearbeitet hat. Obwohl ihre Departemente von den Widmer-Schlumpf-Plänen direkt betroffen sind, bezog sie diese bei ihren Arbeiten nicht mit ein. So plante sie, die Energieabgabe über tiefere AHV-Beiträge der Wirtschaft zurückzuerstatten. Das hätte für die AHV über eine Milliarde weniger Einnahmen bedeutet und die Pläne von Berset für die AHV-Revision beeinträchtigt. 

Berset, Schneider-Ammann und Leuthard intervenierten bei Widmer-Schlumpf. Nun muss die Finanzministerin zusätzliche Abklärungen vornehmen und kann den von ihr selber festgelegten Fahrplan nicht einhalten. Bis im Frühjahr 2013 wollte sie eine Vernehmlassungsbotschaft vorlegen, jetzt wird es wohl 2014. Der Bundesrat ging ohnehin von einem anderen Fahrplan aus und erwartete im Juni 2012 einen Bericht zur Ökosteuer. Diesen lieferte sie nicht. Stattdessen stiess Widmer-Schlumpf die Regierung mit einem Aussprachepapier vor den Kopf, in dem sie bereits konkrete Massnahmen formulierte und vom Bundesrat einen Beschluss für eine Ökosteuer erwartete. Morgen fällt im Bundesrat der Entscheid, wie es mit der Ökosteuer tatsächlich weitergeht.

Steuerstrafrecht sorgt für Verwirrung

Beispiel Steuerstrafrecht:

 Letzten Freitag überraschte sie ihre Kollegen im Bundesrat mit einer geplanten Revision des Steuerstrafrechtes: Die Pressemitteilung war derart abgefasst, dass die Parteisekretariate der Bundesratsparteien in ihren Departementen mehrfach nachfragen mussten, was denn bei dieser Reform neu sei. Das eigentliche Herzstück der Reform wurde in einem mickrigen Sätzchen erwähnt. Nämlich, dass das Steueramt auch bei Steuerhinterziehung Zugriff auf Bankdaten erhalten soll und das Bankgeheimnis damit weiter aufgeweicht werden soll. Um diese innenpolitisch heissen Pläne anzukündigen, trat die Bundespräsidentin nicht einmal selber vor die Medien.
Dabei hat sie selber im Nationalrat im Frühjahr 2012 dargelegt, wie wichtig ihr dieses Geschäft ist. Damals wurde im Parlament unter anderem über das Steueramtshilfegesetz und über den Steuervertrag mit den USA debattiert. Widmer-Schlumpf kündigte dabei eine Revision dieses Steuerstrafrechtes an und sprach von der Aufhebung des «steuerlichen Bankkundengeheimnisses» in ganz schweren Fällen von Steuerhinterziehung. Gegenüber der «Aargauer Zeitung» relativierte die Eidgenössische Steuerverwaltung jetzt diese Aussagen: Im Gesetz eine Unterscheidung zu machen zwischen leichter und schwerer Steuerhinterziehung, sei nicht möglich, erklärte ein Beamter auf Anfrage der Zeitung.

Rückzugsgefechte bei der Finanzplatzstrategie

Beispiel Finanzplatzstrategie:

 Auch im Dossier Finanzplatzstrategie sorgt die Finanzministerin für Verärgerung. Als sie im Frühjahr 2012 die Eckwerte einer Finanzplatzstrategie ausbreitete, war vor allem von verstärkten Sorgfaltspflichten der Banken bei der Entgegennahme von Geldern die Rede. Und von einer Verpflichtung der ausländischen Kunden, zu deklarieren, ob sie die Steuerpflicht erfüllt haben. Wenige Tage später, im Parlament, wollte sie plötzlich nicht mehr alle ausländischen Bankkunden zur Selbstdeklaration verpflichten. Sie sprach von «Gruppen» und «Kategorien», die man von einer Selbstdeklaration ausnehmen müsse.
Für noch grösseren Ärger sorgte Widmer-Schlumpf, als sie die Finanzmarktstrategie auf das kommende Jahr verschieben wollte. Die Vorlage hat sie eigentlich für September versprochen. Laut «Sonntag» trat sie im Bundesrat zweimal Rückzugsgefechte an.

 Das erste Mal protestierte Bundesrat Alain Berset, das zweite Mal Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Verblieben ist man nun so, dass die Finanzministerin im Oktober eine Art Auslegeordnung zur Finanzplatzstrategie bringt und im Frühjahr dann die Vernehmlassungsbotschaft. Glücklich darüber ist aber eigentlich niemand.

Viel Goodwill im Parlament verloren

Mit dieser Hü-und-hott-Politik hat Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf im Parlament inzwischen viel Goodwill verspielt. Bei der SP wie bei der FDP sagen einflussreiche Politiker heute über die Bundespräsidentin, sie richte ihre Politik nach der eigenen Popularitätskurve aus. Das mache sie bei Sachgeschäften sehr unberechenbar. Ausser ihrer eigenen Partei verteidigt eigentlich nur noch einer Widmer-Schlumpf durch alle Böden hindurch: CVP-Parteipräsident Christoph Darbellay. 

 Kommentar: Eveline Widmer-Schlumpf war für die SVP seit der Abwahl von Christoph Blocher gleichsam eine "Verräterin". Anderseits wurde sie von den anderen Parteien und den Medien nach der Wahl als populäre Bundesrätin und beliebte Bundespräsidentin geschätzt und gelobt. Die Wegwahl misslang. Aus Sicht der SVP wurde jedoch Widmer-Schlumpf gezielt hochgejubelt. Heute scheint  der Glanz durch ihren fragwürdigen undurchsichtigen Politstil doch noch zu verbleichen.
Schon wieder:

Günter Grass kann es nicht lassen, obschon er sich schon einmal in die Nesseln gesetzt hat.

Ist dies Zivilcourage  oder Unbedachtheit?

Grass schiesst wieder gegen Israel

In einem neuen Gedichtband lobt Literaturnobelpreisträger Günter Grass den israelischen Nukleartechniker Mordechai Vanunu, der wegen Landesverrat 18 Jahre im Gefängnis sass.

Ich zitiere 20 Min:

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Der deutsche Literaturnobelpreisträger Günter Grass kritisiert Israel nicht zum ersten Mal. (Bild: Keystone/AP/Jens Meyer)

In seinem neuen Gedichtband «Eintagsfliegen» liefert Günter Grass wieder Zündstoff für politische Kontroversen mit Israel.
Grass hielt in dem Text Israel vor, mit seinen Atomwaffen den ohnehin brüchigen Weltfrieden zu gefährden und das Recht auf einen militärischen Erstschlag gegen Irans Atomanlagen zu beanspruchen. Der neue Gedichtband kommt an diesem Wochenende in den Buchhandel.

Kommentar: Wir beschäftigten uns bereits verschiedentlich mit dem unbedachten Kommunikationsverhalten des bekannten Nobelpreistägers:

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05 Apr. 2007
Wir finden dies schön krass. War es doch Günter Grass, der jahrzehntelang - als angeblich gutes Gewissen - mit anderen stets recht hart ins Gericht ging, vor allem mit Politikeren, die nicht zu ihrer Nazivergangenheit standen.