Filippo Monteforte/AFP/Getty Images
Montag, 16. Januar 2012
Kashya und Philipp Hildebrand waren ein Power Ehepaar, doch....
Es ist noch nicht allzu lange her, da konnte eine Ehefrau keine Verträge unterschreiben und sie bewegte sich stets im Hintergrund als Steigbügelhalterin des Familienernährers. Es gab eine klare Rollenteilung. Inzwischen ist das Patriarchat längst überholt und die Ehen mutierten erfreulicherweise zu gleichberechtigten Partnerschaften.
Gewisse eigenständigen "starken" Frauen tendieren leider heute in modernen Ehen zum Teil ins Gegenteil der früheren einseitigen Machtverteilung. Sie bewegen sich in Richtung Matriarchat d.h. sie sind nicht mehr bereit, eine dialogische Ehe zu führen. Absprachen sind für sie tabu - nach der Devise: "Ich mache, was ich will". Bei der internationalen Familie mit vielfältigem kulturellen Hintergrund kann es dadurch zu folgenschweren Problemen kommen. Das zeigte sich beim Ehepaar Hildebrand:
Beide
verdienen viel. Beide arbeiten selbständig. Gemeinsam kommunizieren sie
Englisch. Man sieht sich selten. Die erste Lektüre beim Frühstück (falls gemeinsam) ist
die"Finacial Time". Man hat spät geheiratet und kennt einen
Freundeskreis, der den Globus umspannt. Die Frau ist nicht mehr gewillt,
ihre Entscheide mit dem Mann zu besprechen, geschweige denn, um sein
Einverständnis zu bitten. Für mich wäre es eine Selbstverständlichkeit,
dass in einer Ehe mit zwei gleichberechtigten Partnern wichtige
Finanzfragen trotz Eigenständigkeit der Frau abgesprochen werden. Eine Frau beweist ihre Emanzipation nicht
dadurch, dass sie auf den Mann keine Rücksicht mehr nimmt.
Wir «gewöhnlichen» Paare können uns kaum richtig vorstellen, wie das ist, derart auf der öffentlichen Bühne zu stehen. Einerseits stellt das wohl einen Kick dar für die Beziehung. Sicher wird dem Paar der Gesprächsstoff niemals ausgehen und das Stresshormon Adrenalin auch nicht. Andererseits kann ein exponiertes Paar auch überfordert sein: Mann und Frau müssen ja unverbrüchlich solidarisch sein miteinander – mindestens nach aussen. Kein Paar schafft es, immer derselben Meinung zu sein; das ist weder möglich noch erwünscht.
Es ist anzunehmen, dass Menschen, die vergleichsweise spät heiraten, mehr Lebenserfahrung haben. Das heisst aber nicht zwingend, dass ihre Ehe haltbarer sein wird. Wer mehr Profil hat, wird vielleicht auch unbeweglicher, selbstbezogener, mehr an Macht interessiert.
Glauben Sie, dass dieses öffentliche Hickhack der letzten Tage das Paar eher zusammen schweisst oder auseinander bringt?
Generell habe ich die Erfahrung gemacht, dass grosse Belastungen viele Beziehungen gefährden. Ich glaube, als Paar unterschätzt man die Sprengkraft von Schicksalsschlägen, schweren Frustrationen und Nöten. Das ist erstaunlich, weil man sich beim Start der Beziehung nichts anderes vorstellen kann, als dass man «in guten und schlechten Tagen» entschieden zusammenhält.
Powercouples haben einen besonders stark ausgeprägten Riecher für Macht. Darum heissen sie «Powercouples». Macht spielt in jeder Ehe eine grosse Rolle, auch und besonders in jenen, die sich dessen nicht einmal bewusst sind. Nun muss man im beruflichen Umfeld mit Macht anders umgehen als im Inneren einer Ehe. Heute, im 21. Jahrhundert, lassen es sich nur noch wenige Frauen bieten, wenn ihr Mann in den privaten vier Wänden kein Gespür hat für Gleichgewicht.
Worin besteht die beziehungstechnische Problematik von Power-Paaren?
Vermutlich in erster Linie im grassierenden Mangel am Rohstoff der Liebe – der Zeit. Man kann wohl unmöglich sein Bestes geben in einem anspruchsvollen Beruf und gleichzeitig die notwendige Zeit finden fürs Zusammensein.
Die Worte sind denkwürdig: «Wir hatten von Anfang an eine Ehe, die, wie
soll ich sagen...meine Frau ist eine starke Persönlichkeit. Sie hat
eigene Überlegungen. Ich werfe mir vor, ihr nicht gesagt zu haben: ‹Hör
auf darüber zu diskutieren.›» Philipp Hildebrand,
der oberste Chef der Schweizerischen Notenbank, muss sich für die
Handlungen seiner Frau verantworten – und er stellt sich hinter sie. Das
ist, dreissig Jahre nach dem Fall Kopp, eine bemerkenswerte Situation.
Damals versuchte die Bundesrätin ihren Mann mit einem Telefonanruf zu
retten – was sie das Amt kostete. Heute stellt sich der mächtige Banker
hinter seine Frau, obschon sie ihm mit ihren Handlungen nicht eben einen
Gefallen getan hat. Ein grosser Akt.
Der in den Medien angeschlagene und von Feministinnen sogleich heftig kritisierte Tenor lautet: Warum hat er seine Frau nicht im Griff? Sind starke Frauen an der Seite mächtiger Männer vielleicht gar ein Sicherheitsrisiko? Was tatsächlich die falsche Frage ist. Denn gerade wenn die Frau eine «starke Persönlichkeit» ist, also auch autonom handeln kann, warum informiert sie ihren Mann nicht vorgängig über solch heikle Transaktionen? Warum tätigt sie sie vom gemeinsamen Konto aus statt von ihrem persönlichen? Wusste sie schlicht nicht, was sie da tut? Oder tat sie es vielleicht sogar absichtlich, um sich an ihm zu rächen? Und wie funktioniert eigentlich eine solche Ehe, die Hildebrand elegant zusammenfasst mit «sie hat eine starke Persönlichkeit»?
Wettbewerbsvorteil durch Partnerschaft
Sogenannte Power-Paare sind ein einigermassen neues, aber gerade bei Menschen in machtvollen Positionen immer häufiger auftretendes Phänomen. Es sind Paare, bei denen es kein offensichtliches Machtgefälle gibt beziehungsweise bei denen das Machtgefälle nicht entlang der Gender-Linien verläuft. So verschieden Power-Paare im Einzelnen sind, sie haben etwas gemeinsam: die Interessen des beruflichen und wirtschaftlichen Vorankommens. Allerdings, so erklärt eine bekannte Unternehmerin, die sich nicht namentlich zitieren lassen möchte, gehe es dabei nicht allein um das «Gross-heraus-Kommen» oder Sozialprestige wie früher. Vielmehr stehe der maximale persönliche Entwicklungsfreiraum sowohl für den Mann als auch für die Frau im Zentrum. Dazu zählen berufliches Vorankommen, gesicherte Finanzen, ein Familienleben.
Power-Paare haben hier einen Wettbewerbsvorteil durch ihre Partnerschaft. Das heisst, beide können beim anderen mitreden, was nicht nur ein beruflicher und persönlicher Vorteil und eine Stütze, sondern auch für die Partnerschaft vorteilhaft sein kann. Allerdings haben auch sogenannte Power-Paare ihre je spezifischen Probleme. Eine echte, gewinnbringende Partnerschaft setzt Reife voraus – und Stärke, von beiden Seiten. Das heisst, die Frau muss den starken Mann, der Mann die starke Frau an seiner Seite erstmal aushalten. Während Ersteres dem gesellschaftlichen Bild entspricht, kratzt Zweiteres an den Gender-Ideologien, nach denen unsere Gesellschaft noch immer funktioniert
.
Sagen, was Sache war?
Im Fall Hildebrand bleibt die Frage: Wenn Power-Paare einen gemeinsamen Wettbewerbsvorteil suchen, wie kommt Frau Hildebrand dazu, eine solch heikle Transaktion zu tätigen? Und wie kommt es, dass Mitglieder der Notenbank oder ihre Angehörigen überhaupt Devisenspekulationen betreiben dürfen? Und wie hätte Philipp Hildebrand richtig reagieren müssen? Reicht es zu sagen: «Das war meine Frau, nicht ich» ( so wie Adam im Paradies die Schuld am Sündenfall sofort Eva zuwies), wie Regula Stämpfli in der Zeitung «Sonntag» süffisant bemerkte? Hätte er die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, sie gar nicht ins Spiel bringen sollen – auf die Gefahr hin, ihr ihre Mündigkeit in der Sache abzusprechen? Oder müsste nicht Kashya Hildebrand jetzt hinstehen und sagen, was Sache war? (Tagesanzeiger.ch/Newsnet)
Bei einer
emanzipierten Ehe wird partnerschaftlich entschieden - weder macho-,
noch machahaft.
Zur Problematik von Power Ehen
Kashya und Philipp Hildebrand sind ein typisches Power-Paar. Doch wie wirkten sich die letzten Tage rund um die Devisenaffäre auf deren Ehe aus? Paartherapeut Klaus Heer antwortet.
Quelle Blick
Herr Heer, wie belastend ist diese Öffentlichkeit, wie sie Herr und
Frau Hildebrand in den letzten Tagen erlebten, für ein bekanntes Paar?
Wir «gewöhnlichen» Paare können uns kaum richtig vorstellen, wie das ist, derart auf der öffentlichen Bühne zu stehen. Einerseits stellt das wohl einen Kick dar für die Beziehung. Sicher wird dem Paar der Gesprächsstoff niemals ausgehen und das Stresshormon Adrenalin auch nicht. Andererseits kann ein exponiertes Paar auch überfordert sein: Mann und Frau müssen ja unverbrüchlich solidarisch sein miteinander – mindestens nach aussen. Kein Paar schafft es, immer derselben Meinung zu sein; das ist weder möglich noch erwünscht.
Philipp Hildebrand sagte, er und seine Frau hätten erst später geheiratet. Sind späte Ehen bewusstere Ehen, die auch mehr Zusammenhalt haben?
Es ist anzunehmen, dass Menschen, die vergleichsweise spät heiraten, mehr Lebenserfahrung haben. Das heisst aber nicht zwingend, dass ihre Ehe haltbarer sein wird. Wer mehr Profil hat, wird vielleicht auch unbeweglicher, selbstbezogener, mehr an Macht interessiert.
Glauben Sie, dass dieses öffentliche Hickhack der letzten Tage das Paar eher zusammen schweisst oder auseinander bringt?
Generell habe ich die Erfahrung gemacht, dass grosse Belastungen viele Beziehungen gefährden. Ich glaube, als Paar unterschätzt man die Sprengkraft von Schicksalsschlägen, schweren Frustrationen und Nöten. Das ist erstaunlich, weil man sich beim Start der Beziehung nichts anderes vorstellen kann, als dass man «in guten und schlechten Tagen» entschieden zusammenhält.
Welche Erfahrung machen Sie mit sogenannten Powercouples? Kommen Männer im Privaten wirklich mit Partnerinnen zurecht, die auch eine verantwortungsvolle Position haben im Beruf?
Powercouples haben einen besonders stark ausgeprägten Riecher für Macht. Darum heissen sie «Powercouples». Macht spielt in jeder Ehe eine grosse Rolle, auch und besonders in jenen, die sich dessen nicht einmal bewusst sind. Nun muss man im beruflichen Umfeld mit Macht anders umgehen als im Inneren einer Ehe. Heute, im 21. Jahrhundert, lassen es sich nur noch wenige Frauen bieten, wenn ihr Mann in den privaten vier Wänden kein Gespür hat für Gleichgewicht.
Worin besteht die beziehungstechnische Problematik von Power-Paaren?
Vermutlich in erster Linie im grassierenden Mangel am Rohstoff der Liebe – der Zeit. Man kann wohl unmöglich sein Bestes geben in einem anspruchsvollen Beruf und gleichzeitig die notwendige Zeit finden fürs Zusammensein.
Nachtrag:
Power-Paare und ihre Power-Probleme
Wie funktioniert eigentlich die Ehe der Hildebrands und anderer Menschen, die «eine starke Persönlichkeit» haben? Zum Phänomen der «Power-Couples».
Der in den Medien angeschlagene und von Feministinnen sogleich heftig kritisierte Tenor lautet: Warum hat er seine Frau nicht im Griff? Sind starke Frauen an der Seite mächtiger Männer vielleicht gar ein Sicherheitsrisiko? Was tatsächlich die falsche Frage ist. Denn gerade wenn die Frau eine «starke Persönlichkeit» ist, also auch autonom handeln kann, warum informiert sie ihren Mann nicht vorgängig über solch heikle Transaktionen? Warum tätigt sie sie vom gemeinsamen Konto aus statt von ihrem persönlichen? Wusste sie schlicht nicht, was sie da tut? Oder tat sie es vielleicht sogar absichtlich, um sich an ihm zu rächen? Und wie funktioniert eigentlich eine solche Ehe, die Hildebrand elegant zusammenfasst mit «sie hat eine starke Persönlichkeit»?
Wettbewerbsvorteil durch Partnerschaft
Sogenannte Power-Paare sind ein einigermassen neues, aber gerade bei Menschen in machtvollen Positionen immer häufiger auftretendes Phänomen. Es sind Paare, bei denen es kein offensichtliches Machtgefälle gibt beziehungsweise bei denen das Machtgefälle nicht entlang der Gender-Linien verläuft. So verschieden Power-Paare im Einzelnen sind, sie haben etwas gemeinsam: die Interessen des beruflichen und wirtschaftlichen Vorankommens. Allerdings, so erklärt eine bekannte Unternehmerin, die sich nicht namentlich zitieren lassen möchte, gehe es dabei nicht allein um das «Gross-heraus-Kommen» oder Sozialprestige wie früher. Vielmehr stehe der maximale persönliche Entwicklungsfreiraum sowohl für den Mann als auch für die Frau im Zentrum. Dazu zählen berufliches Vorankommen, gesicherte Finanzen, ein Familienleben.
Power-Paare haben hier einen Wettbewerbsvorteil durch ihre Partnerschaft. Das heisst, beide können beim anderen mitreden, was nicht nur ein beruflicher und persönlicher Vorteil und eine Stütze, sondern auch für die Partnerschaft vorteilhaft sein kann. Allerdings haben auch sogenannte Power-Paare ihre je spezifischen Probleme. Eine echte, gewinnbringende Partnerschaft setzt Reife voraus – und Stärke, von beiden Seiten. Das heisst, die Frau muss den starken Mann, der Mann die starke Frau an seiner Seite erstmal aushalten. Während Ersteres dem gesellschaftlichen Bild entspricht, kratzt Zweiteres an den Gender-Ideologien, nach denen unsere Gesellschaft noch immer funktioniert
.
Sagen, was Sache war?
Im Fall Hildebrand bleibt die Frage: Wenn Power-Paare einen gemeinsamen Wettbewerbsvorteil suchen, wie kommt Frau Hildebrand dazu, eine solch heikle Transaktion zu tätigen? Und wie kommt es, dass Mitglieder der Notenbank oder ihre Angehörigen überhaupt Devisenspekulationen betreiben dürfen? Und wie hätte Philipp Hildebrand richtig reagieren müssen? Reicht es zu sagen: «Das war meine Frau, nicht ich» ( so wie Adam im Paradies die Schuld am Sündenfall sofort Eva zuwies), wie Regula Stämpfli in der Zeitung «Sonntag» süffisant bemerkte? Hätte er die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, sie gar nicht ins Spiel bringen sollen – auf die Gefahr hin, ihr ihre Mündigkeit in der Sache abzusprechen? Oder müsste nicht Kashya Hildebrand jetzt hinstehen und sagen, was Sache war? (Tagesanzeiger.ch/Newsnet)