Mit unverständlichen, komplizierte Formulierungen erhoffen sich noch heute Studenten, Politiker, Wissenschafter Anerkennung. Tatsächlich sind Menschen, die Gedanken verständlich und einfach vermitteln für gewisse Akademiker suspekt.
Es wird erwartet, dass die Inhalte möglichst anspruchsvoll formuliert werden, gespickt mit Fachbegriffen und Anglizismen. Kurze Sätze werden von gewissen Professoren beanstandet. Kompliziertes Formulieren wird honoriert. Endlich beginnt ein Umdenken.
An höheren Schulen wird allmählich erkannt, dass es sich lohnt, so zu schreiben, dass der Inhalt gut verstanden wird. Viele Beamte, Juristen und Politiker müssen leider erst nach dem Studium lernen, die Gedanken so zu vermitteln, dass sie vom jeweiligen Publikum verstanden werden.
Das sprachliche Versagen der Schweizer Universitäten
(Quelle NZZ)
Die
Justizministerin hat genug von den teilweise unbrauchbaren Redetexten,
die ihre Mitarbeiter für sie verfassen. Simonetta Sommaruga bietet über
hundert Bundesbeamte zur Schreibwerkstatt auf. Dort sollen sie lernen,
Sprechnotizen so zu formulieren, dass auch ein Durchschnittsbürger sie
versteht. Diese Meldung der NZZ hat im Internet und im Bundeshaus
etwelche spöttische Kommentare über Sommarugas «Sprachkürsli»
provoziert.
Der Spott ist fehl am Platz. Sommaruga reagiert mit ihrer Weiterbildungsinitiative auf ein echtes Problem. Nicht nur viele Mitarbeiter in ihrem Departement texten unverständlich. An der gleichen Krankheit leiden auch Wissenschafter, Pfarrer oder Politiker – ja teilweise sogar Journalisten.
Die Probleme, die bei schriftlichen Texten anfangen, setzen sich bei der gesprochenen Sprache fort. Unvergessen sind die persönlichen Erfahrungen an der Universität Genf: Professoren, die ganze Vorlesungen lang nie den Blick vom Blatt hoben; Studenten, die derart komplizierte Referatstexte vorlasen, dass sie schon in schriftlicher Form eine Zumutung gewesen wären. Kritisches Feedback gab es dafür nur selten. Das sind Eindrücke aus den 1990er Jahren. Tempi passati?
Nein. Zwar wurde inzwischen das Problem teilweise erkannt. Punktuell wird versucht, die rhetorische Kompetenz zu fördern. Viele Eltern können bezeugen, dass ihre Kinder heute schon in der Volksschule mehr Vorträge halten müssen, als das früher der Fall war. Dabei geht es aber weniger um die Rhetorik als um den Umgang mit der Informationsflut im Internet. Auch manche Hochschulen gewichten heute das rhetorische Können höher. So zeichnet die Universität Zürich seit 2007 gute Dozenten mit einem Lehrpreis aus. Unter dem Titel «Jugend debattiert» veranstaltet eine Stiftung Rhetorik-Wettkämpfe für Jugendliche, unterstützt von der Erziehungsdirektorenkonferenz. Politiker sind dank der Fernseh-«Arena» gezwungen, ihren mündlichen Ausdruck zu verbessern. Und dann gibt es auch jene, die es schon immer konnten: Professoren oder Politiker, die von Natur aus verständlich schreiben und packend referieren.
All das sind positive Ansätze, doch das Problem besteht weiter. Im März 2012 hat eine Juristin nach sieben Semestern ihr Grundstudium an der Universität Zürich abgeschlossen. In dieser ganzen Zeit musste die Frau zwei Referate vor Publikum halten. Zwei! Diese Juristin könnte eine der Beamtinnen werden, die künftig im Justizdepartement Sprechnotizen für Bundesrätin Sommaruga vorbereiten müssen. Kein Wunder, muss Sommaruga bei der Ausbildung ihrer Beamten das nachholen, was die Universitäten zu lehren vergassen.
Es gehe eben um den Inhalt und nicht um die Form: So werden schlechte Schreibe und schlechte Rhetorik oft entschuldigt. Das ist ein Irrtum. Gerade im öffentlichen Dienst und in der Politik genügt es nicht, fachlich top zu sein
- man muss seine Gedanken auch vermitteln können. Sommaruga bringt es im Schulungsvideo ihrer Schreibwerkstatt auf den Punkt: «Politik ist Überzeugen – Überzeugen ist gute Kommunikation.»
Kommentar: K+K profitiert von diesem Umdenken. Wir sind auf verschiedensten Ebenen - bei unterschiedlichsten Institutionen - tätig, vor allem, damit das Kader mit einfacher Sprache und glaubwürdiger Rhetorik überzeugen kann.
Quiz im TAGI (zu dieser Thematik):
Frage 9: Und zum Abschluss ein Ausdruck aus der DDR: Eine «Personenvereinzelungsanlage» bezeichnete…
Ihre Antwort ist richtig: Ein Drehkreuz
Der Spott ist fehl am Platz. Sommaruga reagiert mit ihrer Weiterbildungsinitiative auf ein echtes Problem. Nicht nur viele Mitarbeiter in ihrem Departement texten unverständlich. An der gleichen Krankheit leiden auch Wissenschafter, Pfarrer oder Politiker – ja teilweise sogar Journalisten.
Zwang zur Kompliziertheit
Die Ursache des Problems liegt im schweizerischen Bildungssystem und dort vor allem bei den Universitäten. An Unis ist eine bizarre Kultur verbreitet: Akademische Texte werden oft bemängelt, wenn sie komplizierte Sachverhalte einfach erklären. Vor allem in Dissertationen und Habilitationsschriften gibt es einen Zwang zur Kompliziertheit. Akademisch belohnt wird, wer monströse Formulierungen und viel Fachjargon verwendet. Welche Blüten dieses System treibt, erlebte eine Anthropologie-Studentin unlängst an der Universität Freiburg. Die Frau, die nebenher als Journalistin arbeitete, wurde vom Professor dafür kritisiert, dass sie in Seminararbeiten zu kurze Sätze formuliere.Die Probleme, die bei schriftlichen Texten anfangen, setzen sich bei der gesprochenen Sprache fort. Unvergessen sind die persönlichen Erfahrungen an der Universität Genf: Professoren, die ganze Vorlesungen lang nie den Blick vom Blatt hoben; Studenten, die derart komplizierte Referatstexte vorlasen, dass sie schon in schriftlicher Form eine Zumutung gewesen wären. Kritisches Feedback gab es dafür nur selten. Das sind Eindrücke aus den 1990er Jahren. Tempi passati?
Nein. Zwar wurde inzwischen das Problem teilweise erkannt. Punktuell wird versucht, die rhetorische Kompetenz zu fördern. Viele Eltern können bezeugen, dass ihre Kinder heute schon in der Volksschule mehr Vorträge halten müssen, als das früher der Fall war. Dabei geht es aber weniger um die Rhetorik als um den Umgang mit der Informationsflut im Internet. Auch manche Hochschulen gewichten heute das rhetorische Können höher. So zeichnet die Universität Zürich seit 2007 gute Dozenten mit einem Lehrpreis aus. Unter dem Titel «Jugend debattiert» veranstaltet eine Stiftung Rhetorik-Wettkämpfe für Jugendliche, unterstützt von der Erziehungsdirektorenkonferenz. Politiker sind dank der Fernseh-«Arena» gezwungen, ihren mündlichen Ausdruck zu verbessern. Und dann gibt es auch jene, die es schon immer konnten: Professoren oder Politiker, die von Natur aus verständlich schreiben und packend referieren.
All das sind positive Ansätze, doch das Problem besteht weiter. Im März 2012 hat eine Juristin nach sieben Semestern ihr Grundstudium an der Universität Zürich abgeschlossen. In dieser ganzen Zeit musste die Frau zwei Referate vor Publikum halten. Zwei! Diese Juristin könnte eine der Beamtinnen werden, die künftig im Justizdepartement Sprechnotizen für Bundesrätin Sommaruga vorbereiten müssen. Kein Wunder, muss Sommaruga bei der Ausbildung ihrer Beamten das nachholen, was die Universitäten zu lehren vergassen.
Amerika geht voran
Wie anders gehen amerikanische Hochschulen mit der Sprache um. Dort gehört Rhetorik teilweise zum Pflichtstoff. Schon College-Studenten üben sich in sogenannten Elevator Speeches. Dabei erhält der Student für ein Kurzreferat so lange Zeit, wie eine Fahrt im Aufzug dauert. Das muss genügen, um dem Publikum seinen Gedanken zu präsentieren. Wo in der Schweiz werden solche Fähigkeiten trainiert? Die Auswirkungen dieses unterschiedlichen Verhältnisses zur Sprache lassen sich an jedem Kiosk erkennen. Sachbücher amerikanischer Wissenschafter werden zu Bestsellern, während Sachbücher schweizerischer Wissenschafter in Bibliotheken verstauben. Die Reden amerikanischer Politiker landen auf Youtube, die Reden hiesiger Politiker enden im «Amtlichen Bulletin».Es gehe eben um den Inhalt und nicht um die Form: So werden schlechte Schreibe und schlechte Rhetorik oft entschuldigt. Das ist ein Irrtum. Gerade im öffentlichen Dienst und in der Politik genügt es nicht, fachlich top zu sein
- man muss seine Gedanken auch vermitteln können. Sommaruga bringt es im Schulungsvideo ihrer Schreibwerkstatt auf den Punkt: «Politik ist Überzeugen – Überzeugen ist gute Kommunikation.»
Kommentar: K+K profitiert von diesem Umdenken. Wir sind auf verschiedensten Ebenen - bei unterschiedlichsten Institutionen - tätig, vor allem, damit das Kader mit einfacher Sprache und glaubwürdiger Rhetorik überzeugen kann.
Quiz im TAGI (zu dieser Thematik):
Frage 1: Was ist eine «forstwirtschaftliche Nutzfläche mit Wildtierbestand»?
Ihre Antwort ist richtig: Wald mit Tieren
Ihre Antwort ist richtig: Wald mit Tieren
Frage 2: Welcher Satz findet sich tatsächlich im Deutschen Lebensmittelbuch?
Ihre Antwort ist richtig: Margarine im Sinne dieser Leitsätze ist Margarine im Sinne des Margarinegesetzes.
Ihre Antwort ist richtig: Margarine im Sinne dieser Leitsätze ist Margarine im Sinne des Margarinegesetzes.
Frage 3: Was ist eine Schliesszange?
Richtige Antwort: Eine Handschelle.
Richtige Antwort: Eine Handschelle.
Frage 4: Was steht anstelle der Pünktchen in dieser Tarifbestimmung des Bundes?
«Zum Kapitel 2 gehören auch gewisse Erzeugnisse, wenn ihnen bei der Herstellung Würzstoffe zugesetzt worden sind, sofern dadurch der Charakter einer Ware dieses Kapitels nicht verändert wird. Als typische Bespiele hierfür können … und dgl. der Nummer 0210 erwähnt werden.»
Richtige Antwort: Coppa, Bündnerfleisch, Bresaola
«Zum Kapitel 2 gehören auch gewisse Erzeugnisse, wenn ihnen bei der Herstellung Würzstoffe zugesetzt worden sind, sofern dadurch der Charakter einer Ware dieses Kapitels nicht verändert wird. Als typische Bespiele hierfür können … und dgl. der Nummer 0210 erwähnt werden.»
Richtige Antwort: Coppa, Bündnerfleisch, Bresaola
Frage 5: Was ist eine «raufutterverzehrende Grossvieheinheit»?
Richtige Antwort: Kuh
Richtige Antwort: Kuh
Frage 6: Was bezeichnet ein «selbstreproduzierender
Kleinflugkörper auf biologischer Basis mit fest programmierter
automatischer Rückkehr aus allen beliebigen Richtungen und Distanzen»?
Ihre Antwort ist richtig: Brieftaube
Ihre Antwort ist richtig: Brieftaube
Frage 7: Wie wird im Leitfaden für den Umgang mit Anglizismen der Bundeskanzlei ein Anglizismus definiert?
Ihre Antwort ist richtig: Als «sprachliche Einheit oder sprachliche Regel, die aus dem Englischen in eine andere Sprache übernommen wurde».
Ihre Antwort ist richtig: Als «sprachliche Einheit oder sprachliche Regel, die aus dem Englischen in eine andere Sprache übernommen wurde».
Frage 8: Was könnte mit «raumübergreifendem Grossgrün» gemeint sein?
Ihre Antwort ist richtig: Ein Baum.
Ihre Antwort ist richtig: Ein Baum.
Ihre Antwort ist richtig: Ein Drehkreuz
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