Mittwoch, 20. Juni 2012

Lehrer wollen weniger extern kontrolliert werden


Wir alle möchten selbständig arbeiten und schätzen es nicht, wenn man immer wieder extern von der Arbeit abgehalten werden. Nachdem das Qualitätsmanagement heute auch vor den Klassenzimmern nicht mehr Halt macht und die Methodenfreiheit der Lehrkräfte wie auch die versprochene Teilautonomie nur noch Wunschdenken ist,  verwundert  es nicht,  dass die Lehrkräfte darauf hinweisen, dass sie in allen Bereichen - auch bei die Wahl der Lehrmittel - immer mehr eingeschränkt werden. Die Erhebung von Daten, Evalutationen, Ranglisten im Rahmen des Bildungsmonitorings belastet ihren Job und führt angeblich nur zu einem abträglichen Konkurrenz- und Leistungsdenken. Die Lehrer finden jendenfalls die externen Tests übertrieben.




Schulwesen

Lehrer fordern weniger externe Kontrolle

Quelle NZZ
Wollen sich nicht mehr dreinreden lassen. Ein Lehrer unterrichtet vor einer Klasse.
Wollen sich nicht mehr dreinreden lassen. Ein Lehrer unterrichtet vor einer Klasse. Bild: Imago

Der Lehrerverband wehrt sich mit einem Positionspapier gegen die zunehmende Kontrolle der eigenen Profession. Schulqualität sei direkt von den Ressourcen und der Autonomie abhängig.

Es ist normal, dass Berufsverbände ab und an nach mehr finanziellen Mitteln in Form von Lohn, Weiterbildung oder Zeit rufen. So tut es auch der Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) in einem am Samstag von seinen Delegierten verabschiedeten Positionspapier. Aufhorchen lässt das noch nicht. Bemerkenswert ist jedoch die Kritik an einem in den letzten zehn Jahren gewachsenen – und noch wachsenden – System der Kontrolle von Unterricht, Lehrern und Schule und an den teilweise paradoxen Entwicklungen, die zu beobachten sind.
Widersprüchlich ist laut dem LCH, dass den Lehrpersonen, den Schulleitungen und den lokalen Behörden mehr «teilautonomer» Gestaltungsraum versprochen worden ist, die Schulen indes vermehrt kontrolliert und mit Standards verglichen werden, die es früher so nicht gab. Widersprüchlich sei im Weiteren, dass von den Lehrpersonen eine stärkere Differenzierung und Abstimmung des Unterrichts auf den Einzelnen gefordert werde, während die frühere Methodenfreiheit aus verschiedenen Gründen nicht mehr realistisch sei. – Bezogen auf den eigenen Beruf fordern die Lehrer nun mehr Autonomie. Ihr Beruf müsse gestärkt werden. Genannt werden die Wahlfreiheit bei den Lehrmitteln wie auch für jede Lehrperson je fünf teaminterne und individuelle Weiterbildungstage. Sodann sollen 20 Prozent der gesamten Unterrichtszeit für eine frei gestaltbare Lernzeit zur Verfügung stehen. Gefordert wird der Masterabschluss für Lehrpersonen auf der Kindergarten- und Primarstufe. Zur Entlastung von Lehrern und Schulleitungen seien niederschwellige Ombudsstellen zu schaffen, die bei Streit vermitteln.
Der Konflikt der Lehrerschaft mit den Behörden geht indes über diese Forderungen hinaus, er ist grundsätzlicher Art. Die Lehrer haben genug von der externen Kontrolle. Im Schulwesen werden vermehrt Daten erhoben und Standards definiert. Auf die externen Schulevaluationen und die Pisa-Tests werden Leistungsmessungen im Rahmen des Bildungsmonitorings der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) folgen. Keine Behörde will zwar Schul-Rankings erstellen, doch der LCH ist skeptisch. «Ergebnisse der Schulen aus flächendeckenden Tests müssen wegen des Öffentlichkeitsprinzips offengelegt werden. Ein Schul-Ranking ist deshalb eine Frage von Monaten oder wenigen Jahren», steht im Positionspapier. Ranglisten und «sinnloser Wettbewerb» zwischen Schulen erhöhten indes die Schulqualität nicht, ist man beim LCH überzeugt. Animiert werde dadurch einzig zum «Optimieren» der Testergebnisse, zum Auswählen, Abschieben oder zur Separation von Kindern. Für Lehrer und Schulen würden falsche Anreize entstehen. Die Auswirkungen dieser Fixierung auf messbare Lernergebnisse seien bedeutsamer als das, was der neue Lehrplan 21 bewirken werde. Die externe Kontrolle in Form von Tests sei «definitiv übertrieben».
Es sind nicht nur die Pläne der EDK betreffend das Bildungsmonitoring, die dem LCH sauer aufstossen. Getadelt wird die Funktionsweise der EDK als solche. So stellt der Verband fest, dass die Dinge vermehrt in Konkordaten geregelt würden, dass aber in der EDK nicht öffentlich diskutiert werde. Die Rede ist von einer «politischen Dunkelkammer», während die kantonalen Parlamente – der materiellen Mitbestimmung beraubt – nur zustimmen oder ablehnen könnten. Der LCH fordert wieder klarere Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Schulwesen.
Die EDK lässt die Kritik aus der Lehrerschaft nicht gelten. Laut Gabriela Fuchs, der EDK-Kommunikationsbeauftragten, ist kein stetiger Prozess im Gange, immer mehr auf der interkantonalen Ebene zu regeln. Die Konkordate der vergangenen Jahre hätten einen konkreten Auslöser gehabt – bei Harmos etwa die von der Verfassung verlangte Harmonisierung. Die EDK sei auch keine Dunkelkammer: Konkordate seien demokratische Instrumente zur Regelung der interkantonalen Zusammenarbeit. Schul-Rankings seien überdies mit den Instrumenten, welche die EDK oder die Sprachregionen entwickeln lassen, «nicht vorgesehen». Die Tests zur Überprüfung der nationalen Bildungsziele würden mit repräsentativen Schülergruppen durchgeführt. Die individuelle Standortbestimmung für Schüler diene deren Förderung


Kommentar: Nach meinem Feststellungen basiert das Unbehagen vieler Lehrkräfte auf dem Umstand, dass ihre Kernaufgabe - nämlich "Das Unterrichten" - von aussen ständig beeinträchtigt wird. Einmal durch zunehmende Bürokratie (Papierkrieg) und kräfteraubenden Absprachen (Teamsitzungen), weil es meist an einer konstanten Bezugsperson  in den Klassen fehlt. Zum Unterrichten gehört bekanntlich Konstanz, Ruhe und Verweilen können. Dass die Leistung gemessen werden darf, finde ich anderseits eine Selbstverständlichkeit. Nur darf dies nicht jenen externen Professoren überlassen bleiben, denen es nicht darum geht, unsere Schule zu verbessern, sondern sich in erster Linie mit einer neuen Auswertung profilieren wollen.

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