Blochers Immunität teilweise aufgehoben
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Blocher muss sich Verfahren stellen
Die ständerätliche Rechtskommission hat entschieden, dass Blocher im Fall Hildebrand für ein Treffen Anfang Dezember keine Immunität geniesst. Ein zweiter Entscheid dürfte ähnlich ausfallen.
Zumindest
für ein Treffen im Fall Hildebrand muss sich Nationalrat Christoph
Blocher einer Strafuntersuchung stellen. (Bild: Keystone)
Im Fall des zweiten Treffens vom 27. Dezember sind sich die beiden Kommissionen uneinig. Die nationalrätliche Immunitätskommission hat den Schutz Blochers am 25. April bejaht und will ihn nicht aufheben. Die Ständeräte sahen dies am Donnerstag anders: Mit 10 zu 3 Stimmen entschieden sie, dass dieses Treffen nicht unter die relative Immunität als Parlamentarier falle. Diese Frage geht damit zurück an die Nationalräte, die am 11. Juni erneut beraten. Halten schliesslich beide Kommissionen an ihrem Entscheid fest, kann sich Blocher auch für das zweite Treffen nicht auf die Immunität berufen.
Oberaufsicht nicht durch einzelnen Parlamentarier
Ihren Entscheid zum 27. Dezember begründet die Rechtskommission damit, dass ein einzelnes Ratsmitglied nicht als Oberaufsicht der Nationalbank fungieren könne. Dies sei vielmehr Aufgabe der Geschäftsprüfungskommissionen. Bekomme ein Parlamentarier einen Hinweis auf Unregelmässigkeiten, müsse dieser bei der Kommission eine Untersuchung beantragen - anstatt sich an die Medien zu wenden.
Blocher wies diesen Vorwurf als haltlos zurück und sprach von einem politischen Entscheid. Als Parlamentarier sei er Teil der Oberaufsicht über die Nationalbank. Hätte er sich an die Geschäftsprüfungskommission gewendet, wäre Hildebrand heute noch im Amt, sagte Blocher. Der SVP-Vizepräsident stellte zudem klar, dass er Nationalrat bleiben werde, selbst wenn es zu einer Verurteilung käme.
Immunitätskommission könnte kippen
Von einem richtigen Entscheid spricht SP-Nationalrat und Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch. Mit der gesetzlichen Änderung habe man die Hürde zur Anrufung der Immunität höher hängen wollen. SVP-Nationalrat und Präsident der Immunitätskommission Hans Brand zeigt sich erstaunt, wie deutlich der Entscheid der Ständeräte ausgefallen ist. Er schliesst wie auch Jositsch nicht aus, dass die nationalrätliche Kommission ihren Entscheid umkehren und damit gegen Blocher entscheiden könnte. Die Immunitätskommission hatte am 25. April mit 5 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung entschieden, dass die Ereignisse vom 27. Dezember unter die Immunität fallen.
Gegen Blocher steht der Vorwurf im Raum, zum Diebstahl beziehungsweise zur Weitergabe von Bankkundendaten angestiftet zu haben. Die Zürcher Staatsanwaltschaft interessiert sich in diesem Zusammenhang einerseits für ein Treffen vom 3. Dezember, an dem neben Blocher der SVP-Kantonsrat Hermann Lei und der Informatiker der Bank Sarasin teilgenommen haben. Andererseits steht der 27. Dezember im Fokus, als Blocher Lei angestiftet haben soll, entwendete Dokumente an die «Weltwoche» weiterzugeben.
Kommentar: Falls sich nächste Woche beide Kammern gegen die Immunität einigen werden, wird sich Christoph Blocher in die Rolle eines Politopfers begeben. Ob die SVP wieder von dieser Situation profitieren wird - wie nach der fragwürdigen Abwahl - darf bezweifelt werden.
TAGI vermutet:
Es ist nämlich durchaus möglich, dass die Staatsanwälte bei der Untersuchung der beschlagnahmten Unterlagen, Computer und Handydaten auf kompromittierende Informationen stossen, die nichts mit dem Fall Hildebrand zu tun haben. Der Gedanke, dass all die privaten Daten gesichtet würden, sei unangenehm, sagte Blocher gestern.
Er agiert gerne im Verborgenen
Theoretisch
könnte sogar ein anderes strafbares Delikt ans Licht kommen. Sollte die
Staatsanwaltschaft derartige Hinweise finden, könnte sie diese laut
Strafrechtsprofessor und SP-Nationalrat Daniel Jositsch verwenden.
Dieser Fall ist aber eher unwahrscheinlich und sei Christoph Blocher
hier ausdrücklich nicht unterstellt.Die Ermittler dürften eher auf andere brisante Fakten stossen, die strafrechtlich nicht relevant sind – etwa auf Hinweise zur Finanzierung der SVP, Informationen zu Blochers Wirken als Bundesrat, Hintergründe zur «Basler Zeitung» und «Weltwoche» oder andere blochersche Geheimnisse. Dies würde nicht überraschen, da Blocher gerne im Verborgenen agiert, wie sich unter anderem beim Kauf der «Basler Zeitung» zeigte.
«Wir wissen ja, wie die Staatsanwälte denken und im Pub reden»
Auch im Wahlkampf 2007 spielte er eine lange unbekannte Rolle. In diesem März veröffentlichte die «NZZ am Sonntag» Informationen, wonach SVP-Wahlkampfleiter Toni Brunner selbst für den Kauf eines Beamers bei Blocher – damals Bundesrat – einen Antrag hatte stellen müssen. Zudem sollen über Blochers Privatanwalt sechsstellige Beträge in bar geflossen sein. Die SVP vermutet, dass diese Daten über einen entsorgten Computer der stellvertretenden Generalsekretärin an die «NZZ am Sonntag» gelangt sind.
Und was findet die Staatsanwaltschaft wohl auf dem Computer der Familie Blocher? Und vor allem: Wird sie es für sich behalten? SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli zweifelt: «Wir wissen ja, wie die Staatsanwälte denken und im Pub reden.» Überdies habe das Fernsehen vorab von der Hausdurchsuchung bei Blocher erfahren. Dieser habe daher allen Grund, an der Diskretion der Staatsanwälte zu zweifeln. Anders schätzt Daniel Jositsch die Lage ein: «Im Gegensatz zur Hausdurchsuchung sind an der Sichtung der Daten derart wenige Personen beteiligt, dass ein Leck sehr unwahrscheinlich ist.»
Computer schreddern lassen
Da
Blocher bereits im Januar als Auskunftsperson einvernommen und am Tag
vor der Hausdurchsuchung über das Verfahren gegen ihn informiert wurde,
hätte er allfällig belastendes Material auch verschwinden lassen können.
Die Erfahrung zeigt aber, dass fast alle Verdächtigen nicht wissen,
dass einmal gelöschte Computerdaten wiederherstellbar sind. Und Blocher
ist alles andere als ein Computerspezialist. Er hat als Bundesrat nie
ein solches Gerät benutzt und besitzt auch heute keinen eigenen
Computer. Beschlagnahmt wurde jener seiner Frau sowie offenbar auch
jener des Sekretariats. Die Staatsanwaltschaft wollte gestern dazu keine
Angaben machen.Sicher ist, dass Christoph Blocher inzwischen sensibilisiert ist. Im April sagte er dem «Magazin», er habe seine Kinder angewiesen, alte Firmencomputer schreddern zu lassen, damit Geheimes geheim bleibe.
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