Mittwoch, 11. Januar 2012

Zu den Kommunikationsfehlern des Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank (SNB)

Ich beurteilte den Auftritt Hildebrands vor den Medien als glaubwürdig und begründete dies.Mein Lob betraf vor allem die rhetorischen Aspekte. In verschiedenen Medien wies ich jedoch immer wieder darauf hin, dass Hildebrand zu spät aufgetreten ist. Ich beanstandete auch die Kommunikationsstrategie des Präsidenten der SNB. Es wurde zu wenig geklärt. Weshalb wurden nicht schon vor Weihnachten alle Fakten auf den Tisch gelegt? Beim Krisenmanagement wurde versagt: Es wurde vor allem reagiert und Fakten scheibchenweise dargelegt. Erst als der Druck zu gross wurde, trat Hildebrand vor die Presse. Nach dem letzten Medienauftritt sieht es so aus, dass der Rücktritt vor allem deshalb so überraschend erfolgte, weil Hildebrand befürchten musste, es könnten bei weiteren Untersuchungen zusätzliche Mängel ans Tageslicht kommen. Der überzeugende Medienauftritt hinterlässt nun im Nachhinein einige Schatten. Der Präsident der Nationalbank gab das Ehrenwort, er habe die Wahrheit gesagt, er sei aus eigenen Stücken zurückgetreten. Wenn es nun zutrifft, dass Hildebrand vom Bankrat gezwungen wurde, den Rücktritt zu erklären (und nicht aus eigenen Stücken), so wäre dies gravierend. In Krisen müssen alle Aussagen stimmen. Falls er zum Rücktritt gezwungen worden wäre, hätte Hildebrand  in diesem Fall vor der Presse erklären müssen: Zusammen mit dem Bankrat entschloss ich mich, zurückzutreten.
Was mich aber am meisten enttäuschte, ist der Umstand, dass heute sein Ehrenwort in Frage gestellt werden muss. Denn die Fakten (Aussage eines Beraters)  beweisen, dass Hildebrand das o.k. für die Transaktionen gegeben hatte und die Frau nicht - wie versichert worden war - ohne sein Wissen gehandelt habe.
Wenn in Umfragen (20 Min)  die Bevölkerung Hildebrand nach seinem Auftritt als glaubwürdig beurteilt hatten, zweifle ich daran, dass dies nach Bekanntwerden der Unzulänglichkeiten auch noch der Fall wäre.

Wenn Philipp Hildebrand und die Nationalbank besser kommuniziert hätten, wäre der Rücktritt des SNB-Präsidenten nicht nötig geworden. Zwei Experten zeigen die Kommunikationsfehler auf.

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Hildebrand geht. Er hätte seinen Abgang verhindern können, glauben Experten. (Bild: Keystone)



Der Auftritt Philipp Hildebrands vom Montag, als er seinen Rücktritt bekannt gab, hat die Kommunikationsexperten überzeugt: «Der Notenbanker wirkte glaubwürdig», sagt Roger Huber, Präsident des Schweizerischen Verbands für Krisenkommunikation. So klar hätte der zurückgetretene SNB-Präsident aber bereits viel früher auftreten sollen, findet Huber.



Am Tag seines Rücktritts hat Philipp Hildebrand alle E-Mails zum heiklen Dollar-Deal offengelegt – inklusive handschriftlicher Notizen von Felix S. (56), Sarasin-Banker und langjähriger Vermögensverwalter der Hildebrands (siehe Bildstrecke oben).

Zunächst wird der Nationalbankpräsident entlastet. Es war eindeutig Kash­ya Hildebrand, die am 15. August 2011 den Auftrag gegeben hat, für 400 000 Franken Dollar zu kaufen.

Aber, und das ist der springende Punkt: Philipp Hildebrand war voll und ganz einverstanden. Nachdem er per Mail eine Kopie der Kaufbestätigung bekommen hat, mailt er am nächsten Morgen zwar an Felix S.: «Ich bin überrascht wegen einer Dollar-Transaktion.» Kurz darauf antwortet ihm Felix S. mit dem verhängnisvollen Satz: «Ich erinnere mich auch, dass du bei unserem gestrigen Gespräch gesagt hast, es sei für dich in Ordnung, wenn Kashya den Dollar-Anteil erhöhen wolle.»

Zu diesem Gespräch hat Felix S. zudem ein Protokoll erstellt. Darin hält er fest: Philipp Hildebrand «erwägt, seinen Dollar-Anteil zu erhöhen, möchte die Entscheidung aber Kashya überlassen». Deshalb besuchte Felix S. die Ehefrau noch am gleichen Tag in der Galerie. «Sie war sehr begeistert, das zu machen», notierte der Banker. Sofort erteilte sie den heiklen Auftrag.

Fazit: Philipp Hildebrand hat am 15. August selber keinen Auftrag erteilt – damit ist die «Weltwoche» in diesem Punkt widerlegt. Aber er hat indirekt dazu angestiftet: Er sprach mit seinem Banker über einen grösseren Dollar-Kauf, fügte aber an, Kashya solle entscheiden – im Wissen, dass seine Frau schon länger Dollar kaufen wollte.

Bleibt die Frage: Wer kannte diese brisanten Unterlagen? Die Finanzkontrolle und Pricewaterhouse Coopers bezeichneten vor Weihnachten alle Vorwürfe als «haltlos». Allerdings bezieht sich deren Bericht nur auf Hildebrands Mail an Banker Felix S. – dessen Antwort mit dem entscheidenden Satz wird nicht erwähnt. Ent­weder wurde er verschwiegen, oder er lag damals noch nicht vor.

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