Wer sich für Krisenkommunikation interessiert, kann von den aktuellen angeschossenen Persönlichkeiten Christian Wulff und Philipp Hildebrand Einiges lernen.
Ich hatte die Zuspitzung der Krise laufend kommentiert und musste für verschiedenste Medien die angeblichen Befreiungsschläge (Interview Wulff/ Medienkonferenz Hildebrand) beurteilen.
Eine Zeitung hatte beispielsweise mein Lob Hildebrands bei der Präsentationsphase als grosses Lob für den ganzen Auftritt gewertet, obschon ich in das Lob nur auf den 1. Teil der Präsentation bezog und nicht auf das Krisenmanagement des Bankratspräsidenten und die Diskussionsrunde.
Zusammenfassend darf heute festgehalten werden:
Wulff und Hildebrand ist der BEFREIUNGSSCHLAG nicht gelungen, obschon beide sehr wahrscheinlich in ihrem Amt bleiben können.
Beide haben ihre GLAUBWUERDIKEIT eingebüsst, wenn nicht schon verloren:
Wulff, weil er Transparenz predigte, aber nicht bereit war, das Tonband publizieren zu lassen, das beweisen könnte, dass er im Interview die Wahrheit gesagt hat. Weil er als moralische Instanz versagt hat. Weil er in der Krisensituation die Nerven verloren hatte (er hatte verschiedenen Medien gedroht).
Hildebrand, weil niemand glauben kann, dass seine Frau Devisengeschäfte von einer halben Million tätigen konnte, ohne dass er vorher davon etwas erfahren hatte. Niemand kann ihm glauben, dass in einer Ehe solche Geschäfte nicht besprochen werden und die Frau den eigenen Mann über solche Transaktionen nicht vorher informiert.
In beiden Fällen ist derzeit die Glaubwürdigkeit mehr als nur erschüttert.
In folgender Nachlese fasse ich die wichtigsten Erkenntnisse der Krisenkommunikation zusammen, die uns Wulff und Hildebrand in ihrer Krise veranschaulicht haben:
1. Glaubwürdigkeit ist etwas vom Wichtigsten. Widersprüchliche Aussagen oder unglaubwürdige Argumente untergraben die Glaubwürdigkeit.
2. In Krisenzeiten muss RASCH (nicht zu vorschnell), d.h. Bevor das Feuer lodert informiert werden. Wullf und Hildebrand schwiegen zu lange. Bei der Krisenkommunikation kommt Schnelligkeit vor Vollständigkeit.
Der Nationalbankpräsident informierte zu spät. Auf die Frage, warum er erst jetzt orientiere, sagte er. Erst jetzt habe er alle Fakten und der Druck sei erst jetzt zu gross geworden, sodass nun informiert werden musste.
Der deutsche Bundespräsident tauchte ebenfalls zu lange ab und wartete bis der Druck zu gross war-
3. Beide reagierten, anstatt die Krisenkommunikation zu führen, zu managen.
Wulff reagierte auf Druck der Medien (Bild).
Hildebrand analog - auf Druck des Weltwocheartikels.
4. Widersprüchliche Aussagen sind bei der Krisenkommunikation Gift.
Laufend kam es in beiden Fällen zu Widersprüchen.
5. Wer Transparenz fordert, muss auch die Karten offen legen.
Philipp Hildebrand blieb den Beweis schuldig, dass seine Frau ohne sein Wissen die Transaktionen getätigt hat. Die Anschuldigungen der Weltwoche räumte er nicht vollständig aus.
Wulffs "Blockieren" entspricht nicht seinem Versprechen, er werde im Internet alle Fragen offen legen.
6. Wirksame Krisenkommunikation berücksichtigt von Anfang an mögliche Gegenspieler, nimmt Vorwürfe vorweg, nimmt Kritik ernst und liefert vor allem FAKTEN, FAKTEN, FAKTEN. Diesbezüglich agierte Hildebrand bei der Medienkonferenz zu wenig überzeugend. Auch bei Wulff bleibt heute nach dem Interview reichlich Nährboden für Spekulationen und Enthüllungen.
In Krisensituationen dürfen wir keine Eigentore schiessen, indem beispielsweise offene Fragen nicht unverzüglich geklärt, Zweifel nicht sofort beseitigt und Transparenz mit Taten hergestellt werden.
Wer in Krisen immer nur das zugibt, was sich länger nicht bestreiten lässt, giesst im Grund genommen Oel ins Feuer.
Krisenkommunikation müsste im Grunde genommen das Feuer eindämmen. Nur handeln belegt, dass die Kritik ernst genommen wird. Krisen lassen sich weder wegschwatzen, noch dürfen sie ignoriert werden.
Für Wulff und Hildebrand erträgt es somit keinen Hauch von Ungereimtheiten mehr.
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