Freitag, 11. November 2011

CLUB: Die neue Moderatorin und  ihre Gäste




«Club»-Chefin Karin Frei. (SRF/Oscar Alessio)

Zur Moderatorin Karin Frei:



Ich zitiere Blick:


Zuerst: Die ehemalige Radio-Frau Karin Frei hat eine angenehme Art, moderiert ruhig und zurückhaltend. Sie lässt reden, hört zu. Und doch hat sich die neue «Club»-Chefin in ihrer ersten Sendung verzettelt.


Ich zitiere Tagi:


Souveräner Blick, kein Verhaspler

Die 42-Jährige legte souverän und ohne den kleinsten Verhaspler los. Reden unter Druck, das kann sie; immerhin hat sie 19 Jahre Radioerfahrung: Zuerst als Redaktorin und Moderatorin bei DRS 3, danach bis 2003 als Abend- und Nachtmoderatorin bei DRS 1 (tagsüber studierte sie an der Uni Zürich), 2004 wechselte sie zur Hintergrundsendung «Doppelpunkt» und führte zuletzt durch die Talksendung «Persönlich» auf DRS 1. Nicht einmal durch ein frühes Missgeschick liess sich Frei irritieren: Sie hatte ihren Talkgast Marion Deck fälschlicherweise beim Namen ihrer Schwester genannt, die sich vor elf Jahren das Leben genommen hatte, nachdem sie missbraucht worden war. Die meisten anderen Moderatoren wären wohl beschämt errötet, sie aber blieb völlig locker und griff den Versprecher später nochmals lässig auf.
Auch im Scheinwerferlicht von SF machte die Luzernerin eine gute Figur (und erinnerte in der scheinbar obligaten «Club»-Uniform, dem Hosenanzug, an Christine Maier): Ihr Blick war selbstbewusst und ohne einen Hauch von Unsicherheit mitten auf die Kamera gerichtet und später auf ihre Gäste. Bloss im Laufe der Sendung schaute sie hie und da ein wenig so drein, als würde sie die Studiodecke nach Überwachungskameras absuchen.


Lange Reden ohne Unterbruch

Karin Frei tritt zusammen mit Mona Vetsch die Nachfolge von Christine Maier an. Ob sie einen eigenen Stil pflegen wolle, wollte Tagesanzeiger.ch/Newsnet im Vorfeld unter anderem von ihr wissen (siehe Artikel zum Thema). «Ich finde es unangenehm, wenn man den Leuten permanent übers Maul fährt», antwortete Karin Frei im Interview und hielt sich gestern entsprechend zurück.


Mein Kommentar: Die Moderatorin hat eine angenehme, ruhige Art. Karin Frei hat eine sympathische Stimme.  Ich bin sicher, die Moderatorin kommt gut an. Es ist erfreulich, dass die Redner  ausreden konnten und nicht ständig unterbrochen wurden. Doch war es des Guten zu viel. Langredner müssen unterbrochen werden Es war eine Zumutung am Anfang einen Teilnehmer fast 10 Minuten reden zu lassen.







Zum roten Faden der Sendung:


Ich zitiere Blick:


Schade, das Thema hätte spannenden Gesprächsstoff geliefert. Eine Sendung zu einem der düstersten Kapitel der Schweizer Geschichte. Dazu läuft im Moment im Kino einer der besten Schweizer Filme seit «Reise der Hoffnung» – eigentlich eine Steilvorlage für den «Club».
Markus Imbodens grandioses Kinoepos wirft so viele sozial-historische Fragen auf, dass man Stunden darüber diskutieren könnte. Man hätte Nähe zum Thema zeigen können, indem man den Regisseur einlädt, einen der überzeugenden jungen Darsteller und einen Verdingub, der die schlimme Zeit am eigenen Leib erfahren musste.

Der Lokalsender TeleZüri hat es dem Schweizer Fernsehen gestern vorgemacht. Mit den richtigen Gästen hätte man gestern im «Club» so viel aufarbeiten können: Von der tristen Situation der Bauern in den Kriegsjahren über das verkehrte Weltbild der Behörden, für die das Wohl der Kinder zweitrangig war; Lehrer, die oft zwischen den Fronten waren. Oder die Schmarotzer, die sich am Elend der Kinder bereicherten.

Der erste «Club» von Karin Frei war aber über weite Strecken abgehobenes Gerede über die aktuelle Situation von Pflegekindern. Die Frage, die der Sonntagsblick aufwarf, ob man Verdingkinder nicht entschädigen müsste, wurde nur kurz gestreift. Man hatte als Zuschauer das Gefühl, sich in einen Fortbildungsabend für Vormundschaftsbehörden und Sozialdienste verirrt zu haben. Es wurde viel über Bewilligungspflicht, Pflegekinderverordnung und Aufsicht geredet. Da wurde der Fall einer jungen Winterthurerin in allen Details plattgewalzt, der zwar traurig und interessant war – mit dem Thema «Verdingkinder» aber nichts zu tun hatte.

Den Bogen von gestern bis heute wollte Karin Frei bei ihrer Premiere spannen. Er wurde überspannt. Heute gibt es moderne Formate wie «Hart aber Fair» in der ARD. Sie bringen Themen auf den Punkt, sind klar strukturiert, die Gäste haben klare Positionen. Man bleibt dran, weil es spannend ist.

Im «Club» hingegen wird immer einfach drauflos geredet. Karin Frei hat noch viel Arbeit vor sich.
Ich zitiere Tagi:

Ihre Gäste beim Thema «Vom Verdingkind zum Pflegekind – ist heute alles besser?» durften so lange reden, wie sie wollten, was die Diskussion manchmal ins Stocken brachte und für ein paar Momente der Stille sorgte. Der erste Gast in der Runde, Monika Minder, die früher als Verdingkind heftig verprügelt worden war, hatte die ersten zehn Minuten quasi für sich alleine. Erst um 22.42 Uhr kam der zweite Gast zu Wort. Minders Erzählungen waren zwar meist interessant, als sie sich jedoch zu verzetteln begann, hätte ein kurzes Eingreifen nicht geschadet.
Auf der anderen Seite hakte Frei immer sofort nach, wenn ihre Gäste zu schwammig blieben. Die Radiofrau wollte anschauliche Beispiele haben und bekam sie meistens auch. Und wehe, wenn nicht – was Nicolas Galladé, Stadtrat Departement Soziales in Winterthur, zu spüren bekam. Weil er Einsicht in die Akte der Deck-Schwestern hatte, wollte Frei von ihm wissen, was drin stand. Als er sagte, es hätten sich keine eindeutigen Hinweise auf Misshandlungen oder Missbrauch in der Pflegefamilie gefunden, fuhr sie dazwischen: «Das ist ein Politiker, der so redet!», worauf Galladé konterte: «Das ist einer, der sich an den Datenschutz hält.» Dann war die Sache vom Tisch.


Vorgängig geübt?



Man spürte: Karin Frei war perfekt und bis ins letzte Detail auf die «Club»-Sendung vorbereitet. Zwischendurch las sie seelenruhig eine ganze Mitteilung von Simonetta Sommaruga vor. Es schien fast so, als hätte sie die Sendung mit ihren Gästen am Nachmittag schon einmal durchgespielt. Fiel ein bestimmtes Stichwort, griff Frei dieses auf, reicherte es mit vorbereiteten Infos an, und spielte den Ball dann weiter an den passenden Gast in der Runde. Würde man die gestrige Diskussion niederschreiben, sie würde wohl beinahe als kompletter Hintergrundartikel durchgehen, so abgerundet war das Ganze. Da erstaunte es nicht, dass Karin Frei am Ende der Sendung erwähnte, welche anderen Thema sie noch auf Lager gehabt hätte, was fast ein wenig streberhaft daherkam.
Die Kontrolle verlor Karin Frei während der gesamten Sendung nie, was mitunter auch an den braven Talkgästen lag, die sich selten aufdrängten und sich an das ungeschriebene Drehbuch hielten. Man darf gespannt sein, wie Frei sich in einer Diskussion schlägt, in der die Emotionen hochgehen und die Redner aufmüpfiger sind. Zuerst ist aber noch Co-Moderatorin Mona Vetsch an der Reihe, die vom Typ her so anders wirkt als Karin Frei. Bald wird sich zeigen, ob die Thurgauerin ihre Lockerheit auch auf dem «Club»-Sofa beibehalten kann.
Ende Zitat.


 Kommentar:



Vielleicht hatte die Moderatorin nicht die beste Hand gehabt hinsichtlich Auswahl der Teilnehmer. Es dominierte die Sicht des Sozialdienstes und der Behörden. Ich hätte gerne erfahren, wie sich ehemalige Verdingkinder später im Leben zurecht gefunden haben. Künftig müssten angekündigte Diskussionen besser als Diskussion geführt werden. Viele Teilansichten müssten während de Sendung zu einem Ganzen werden. Ein Thema diskutieren heisst: Das Thema von möglichst vielen Seiten zerlegen  lassen. Es gab an dieser Sendung zu viele Einzelvorträge. Das hat die Dynamik stark beeinträchtigt.



"Die Diskussion ist eine Sonderform des Gesprächs. Sie umspannt ein weites Feld vom alltäglichen Zwiegespräch bis hin zur grossen Auseinandersetzungen, ...
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Bei der Diskussion kommen verschiedene Standpunkte zu einem Thema zum Tragen. Diskutieren heisst, ein Thema zerlegen. Verschiedene Sichten werden ...
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Wenn sie als Moderatorin oder als Moderator ein Gespräch, eine Sitzung, eine Diskussion oder eine Veranstaltung leiten müssen, so nehmen Sie ebenfalls ...
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