Aufmerksamkeit wecken darf nicht Selbstzweck sein. Es geht bei der Werbung vor allem um die glaubwürdige Uebermittlung einer Kernbotschaft. Das Image der FDP wird mit der jüngsten "oben ohne Foto" kaum aufgewertet. Es darf zudem bezweifelt werden, dass durch diese Aktion künftig mehr Frauen in den Verwaltungsräten sitzen.
Ich zitiere 20 Min:
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Ein Ausschnitt aus der neusten Kampagne der FDP Frauen, die ab Donnerstag auf Facebook und ab September im Kino zu sehen sein wird.
So sexy haben sich die Freisinnigen Frauen noch nie präsentiert:
Mit nackter Brust, nur bedeckt von einem Banner «Nicht mehr oben ohne»,
posiert Generalsekretärin Claudine Esseiva ab heute Donnerstag auf
Facebook für die neuste Kampagne der FDP Frauen. «Der Slogan zielt auf
unsere Forderung, dass mehr Frauen in den oberen Etagen von Wirtschaft
und Politik vertreten sein müssen», sagt die 32-jährige
Generalsekretärin gegenüber 20 Minuten Online. «Mit dem Bild und dem
Satz bringen wir das Thema auf den Punkt», ist Esseiva überzeugt.
«Wir wollen, dass die Leute darüber sprechen»
Esseiva ist aber klar, dass gerade ihr Auftritt einigen zu gewagt sein könnte. «Mit dem Oben-ohne-Foto provozieren wir bewusst. Wir wollen, dass die Leute darüber sprechen.» Zudem sei das Ziel der Kampagne, junge urbane Frauen anzusprechen, und dies gelinge nur mit einer frischen und frechen Kampagne. Dieser Meinung ist auch Carmen Walker-Späh, Präsidentin der FDP Frauen und betont gegenüber 20 Minuten Online: «Mit der Kampagne wollen wir weg vom feministischen Mief, hin zu einer fortschrittlichen liberalen Politik, die auch einmal lustvoll sein darf.»
Kommentar: Selbstverständlich hat die Werbung ein Teilziel erreicht. Sie macht von sich reden.
Doch müssen wir uns fragen, ob die "Pin-up-Aktion" hinsichtlich Imageförderung und Botschaftenmanagement der FDP Erfolg haben wird.
Für mich wird dieser verzweifelte Versuch mit einer provokativen Foto, die bewusst aneckt und der FDP das Image einer frechen, frischen Partei vermitteln soll, keine Ernte einfahren. Bei politischen Werbeaktionen ist die Wirkung beim Stimmvolk ausschlaggebend. Ich habe 20 Personen das Bild gezeigt. Das Echo war ernüchternd: Muss dies sein? Weshalb hat sich die FDP nicht von Marketing Profis beraten lassen? war zu hören. Nur eine Minderheit fand die Aktion modern und frech. Niemand diskutierte über den Frauenanteil auf den Chefetagen.
Mit dem Pin- up Girl lösen sich die FDP Frauen auch nicht vom feministischen Mief. Sie unterstreichen höchstens zusätzlich die Frau als Sexobjekt. Meine kritischen Gedanken zur Playboyaktion der deutschen Fussballerinnen bestätigte mir, wie Themen mit Frauen als Sexobjekt polarisieren. Die einen finden solche Aktionen modern, unverkampft und gut - andere lehnen jegliche Versuche ab, mit der Frau als Sexobjekt zu spielen. Nach meinem Dafürhalten ist immer das Resultat der Werbung ausschlaggebend. In diesem Fall bezweifle ich, dass auf Grund des "Oben - ohne Auftrittes" die Frauen der FDP im Herbst mehr Stimmen erhalten werden und künftig etwas getan wird, damit mehr Frauen in den Verwaltungsräten sitzen.
Ich bin zudem davon überzeugt, dass meine Bedenken von vielen Marketingspezialisten geteilt werden. Der Erfolg der Kampagne zeigt letztlich, ob eine Werbung gut war. On verra!
Nachtrag:
Provokationen können im Politgeschäft ein bewährtes Instrument sein, um etwas zu bewirken. Provokationen haben sich bei vielen Parteien immer wieder gelohnt. Doch in diesem Fall hat mir ein Politologe geschrieben, dass die FDP Werbung - nach dem Aufmerksamkeitsgag - kaum nachhaltig sein wird. Ein Journalist vertrat sogar die Meinung, diese Werbung zerstöre die Nachhaltigkeit, denn die Konsumenten sagen sich: Was diese Frauen alles machen müssen, nur um gewählt zu werden.
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