Rhetorik.ch Blog
Persönliche Gedanken von Marcus Knill
zu Aktuellem.
Freitag, 29. April 2011
Ueberdosis
Zwei Milliarden Menschen werden voraussichtlich heute die so gennannte Traumhochzeit an den Bildschirmen mitverfolgen. Ein mediales Ereignis, das die Oeffentlichkeit total in den Bann zieht. Alle redetenn, schrieben und kommentierten die Liebesgeschichte von zwei jungen Menschen - als sei dies die wichtigste Geschichte der Weltgemeinschaft. Die mediale Dosierung steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Zeitfragen, welche die uns derzeit beschäftigen sollte. Durch die mediale Ueberdosierung wird die Feierlichkeit des britischen Königshauses zu einem Kollektivereignis, der sich keine Zeitung, kein Radio oder keine Fernsehstation entziehen kann.
Banale Fragen dominierten das Tagesgeschehen: Frisur der Braut? Diadem und Schleier oder nur Schleier? Wie verhalten sich die Gäste? Passt der Ring? Wie ist das Wetter? Verhaspelt sich jemand beim Ehegelübde? Wichtige politische Fragen waren für Stunden vom Tisch.
Niemand schien sich dem Medienphänomen entziehen zu können. Die königliche Hochzeit dominierte die Traktandenliste der Aktualität. Vielleicht findet die banale Geschichte deshalb einen so grossen Widerhall, weil sich die Bevölkerung für ein paar Stunden in eine Märchenwelt flüchten konnte und sich damit die Sorgen und Alltagsprobleme verdrängen lassen.
Der Mensch scheint ein Bedürfnis zu haben, Märchen zu glauben. Könnte es nicht auch sein, dass jeder weiss, dass heute die Hälfte der Ehen scheitern und hier auf der Weltbühne wenigstens die Illusion einer perfekten Ehe nachvollzogen werden kann. Der Traum und der Glaube an ein Versprechen, tatsächlich in guten wie in schlechten Zeiten - "bis dass der Tod euch scheidet" einander treu zur Seite zu stehen ist angeblich in der Bevölkerung nicht ausgeträumt.
All jene, die das Kollektivereignis am Bildschirm mitverfolgen konnten, ist die mediale Ueberdosierung kein Thema. Sie genossen die Hochzeit und die inszenierte Traumwelt in vollen Zügen. Aus Distanz betrachtet, weckt das mediale Ereignis jedoch viele Fragen. Vor allem müsste es Medienwissenschafter interessieren, wie es zu solch einem Phänomen kommen kann, dass sich die ganze Welt nur noch einem Thema widmet. Es gibt kaum ein Medium, das diese Traumhochzeit ausklammern konnte. Erstaunlich, dass sich für ein paar Stunden das Weltgeschehen auf dieses Traum-Märchen fokussieren liess.
Die Medien spielten bei dieser MEGA-Show eine zentrale Rolle.
In der Westminster Abbey haben sich die königliche
Familie und die illustre Gästeschar versammelt, um der Trauung von Kate
und William beizuwohnen. Weltweit verfolgen zwei Milliarden Menschen das
Ereignis.
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