Montag, 11. April 2011

Ist ein kurzfrister Schulverweis (Time-out) kontraproduktiv?


Von wegen renitent und problematisch: Wenn Kinder in die Pubertät kommen ist das kein Krisenfall.




In einem Beitrag in der NZZ vom 11. April zweifelt Allan Guggenbühl an der Wirksamkeit des Schulausschlusses von renitenten Schülern. Wenn wir davon ausgehen, dass ein unflätiger Schüler, nach einem Time-out reumütig und einsichtig in die Schule zurückkehrt werde, so hat Guggenbühl recht, wenn er daran zweifelt.


Renitente Schüler, aber auch die Mitschüler erkennen immerhin durch einen Aussschluss, dass ein permanentes verweigern von Spielregeln nicht geduldet werden kann.  Der Schulausschluss ist nicht als Therapie gedacht. Er wird wie beim Sport nur als Zeichensetzung gedacht: Wenn die gelbe und rote Karte nichts nützt,  so folgt dort auch ein Spielausschluss. Es geht somit lediglich um das Einhalten von Spielregeln, sofern ein verhaltensgestörter Schüler sich weigert, sich einzugliedern.


Der Begriff "gestört" wird heute leider vermieden, obschon wir bei einem Kind, das dauernd den Unterricht "stört" und beispielsweise dem Tischnachbarn den Stift in die Hand sticht oder sein Etui zum Fenster hinaus wirft, eher  von einer "Störung des Verhaltens"  sprechen, als von einer "Verhaltensauffälligkeit". Das Verhalten ist zwar auffällig, aber es stört. Ein Schulpsychologe beschönigte das Verhalten eines Schülers (welcher die Anweisungen der Lehrerin ebenfalls ständig verweigerte und sie vor der Klasse sogar als "fette Sau" bezeichnet hatte). Er bezeichnete das Verhalten beschönigend als "verhaltensoriginell". 
Nach meinem Dafürhalten lohnt es sich, Worte vermehrt ernst zu nehmen.


rotekarte

Das "Time-out" als Schutz und deutliches Signal "Das akzeptieren wir nicht!"



Der Ausschluss ist nicht als therapeutische Massnahme gedacht. Er kommt nur dann in Frage, wenn alle andern Erziehungsmassnahmen versagt haben. 

Ich begreife Lehrkräfte, die sich nicht gefallen lassen wollen, von einem Schüler  terrorisiert zu werden.  Ich kenne sogar Fälle von Tätlichkeiten gegen  Lehrpersonen. 


Erzieher dürfen bekanntlich Kinder  nicht mehr körperlich züchtigen. Jugendliche haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit. Weshalb soll ein Lehrer oder Mitschüler des Täters  darauf nicht auch ein Recht haben? 
Selbstverständlich kann das ständige Aussrasten eines Schülers ein Symptom einer persönlichen Krise sein. Das Time-out wird  das Fehlverhalten nicht  grundsätzlich lösen können. Aber es setzt immerhin ein Signal: Das was Du machst, geht nicht! Es gibt Taten, die einfach nicht geduldet werden können, wenngleich der Täter Probleme hat und das Fehlverhalten begründet werden kann. Persönliche Krise hin oder her.  Es geht beim Time-out lediglich darum, dafür zu sorgen, dass das Lernklima nicht vergiftet wird und sich die Lehrerin nicht mehr im vorgesehenen Mass mit der Klasse beschäftigen kann.
Auf Gewalt oder unflätiges Verhalten muss die Schule reagieren können. Sie kann nicht tolerieren, dass ein Lehrer angespuckt wird. Selbstverständlich braucht es Verständnis für Jugendliche, die Grenzen ausloten und  bewusst brechen wollen. Das Time-out ist nicht als Standarderziehungsmassnahme gedacht. Es ist lediglich  eine letzte Massnahme, die eine Lehrerin oder ein Lehrer als Signal und Schutzmassnahme anwenden darf. Es gibt nämlich nicht nur der Schutz des Kindes. Es gibt auch einen Schutz der Klasse. Das Time-out ist kein Abschieben von Problemen. Es ersetzt auch nicht die Kooperation mit Eltern und Schule.  Ich kenne übrigens Fälle, bei denen sich Jugendliche nach dem Schock des Ausschlusses problemlos integriert hatten.

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