Dienstag, 16. November 2010

Wer ist ein guter Rhetoriker?


Viele Berater vertreten die Meinung das WIE des Kommunizierens sei alles. Andere trainieren vor allem
das ARGUMENTIEREN (das Botschaftenmanagement) und sind überzeugt, der Inhalt sei alles.
Im Alltag entscheiden selbstverständlich bei Kommunikationsprozessen das WIE und das WAS. Aber vor allem die Persönlichkeit, der Ruf, das Image (Marke) einer Person. Deshalb setzte ich zu nachfolgendem Beitrag  einige Fragezeichen. Wenn der Tagesanzeiger nach einer Videosequenz (Die Wermuth in einer Sequenz zeigt, wie er Köppel destabilisieren konnte) eine Befragung macht, wer der beste Rhetoriker ist,  finde ich die Umfrage fragwürdig. Der Artikel suggeriert zudem durch die Wertung   eines PR Beraters, dass die bodenständige Schweizer Rhetorik ausgedient hat und  Céderic Wermuth dadurch gepunktet habe, weil er den Gegner in Rage bringen konnte. Für den Berater ist die Verpackung ALLES!? Wermuth wird gelobt, weil er auf die Argumente NICHT eingegangen ist, weil er vor allem mit dem Moderator, anstatt mit dem Gegner geredet habe. Dann folgt die fragwürdigste Erkenntnis: Wermuth habe gepunktet, weil er den Gegner  mit spöttischen Einwürfen abgekanzelt habe.
Für den PR Berater ist Wermuth  ein RIESIGES POLITISCHES TALENT!!!!!
Ich vertrete eine völlig andere Meinung.

Quelle TAGI (Zur Ueberprüfung der Beurteilung):


Wie man das Volk verführt

Der Erfolg von Politikern verdankt sich meist der richtigen Rhetorik. Aber was ist gute Rhetorik? Und wer ist der beste Schweizer Redner und Debattierer?

 Cédric Wermuth
Das Jungtalent setzt sich über die Spielregeln nicht nur der gegnerischen, sondern auch der eigenen Partei hinweg und beherrscht das Spiel mit der Provokation.
   

Vergangene Woche kreuzten SP-Jungspund Cédric Wermuth und «Weltwoche»-Verleger auf Tele Züri die Klingen, ein Wortgefecht, aus dem viele Wermuth als rhetorischen Sieger hervorgehen sahen. Bezüglich medialer Aufmerksamkeit war er das mit Sicherheit. Alle redeten über den Chef der Jungsozialisten, und vergangenen Sonntag wurde er mit einem Auftritt bei Viktor Giacobbo geehrt. Aber hat Wermuth tatsächlich den rhetorischen Sieg davongetragen? Hatte er wirklich so viel bessere Argumente als Köppel? Und was heisst eigentlich in diesem Zusammenhang rhetorisch?


Alles ist Rhetorik




Die Beherrschung der Argumentation mache lediglich 25 Prozent der Wirkung aus, sagt Rhetorikfachmann Klaus J. Stöhlker. So ging es denn beim Rededuell nicht in erster Linie um sachliche Argumente sondern darum, wer seine Botschaft vermitteln konnte. Wermuth punktete mit ruhig vorgebrachter Anti-Abzocker-Rhetorik. Köppel verlor, weil er versuchte, dagegen anzureden und wütend wurde. Es geht also um die Form, den Eindruck, den man hinterlässt. Tatsächlich kann ein und dieselbe Botschaft, vermittelt durch verschiedene Akteure, völlig unterschiedlich ankommen. Verpackung ist alles – besonders heute, da Politik vornehmlich medial vermittelt wird. Von der knackigen Formulierung der eigenen Ideen, Thesen und Positionen über ihre Präsentation bis zu Äusserlichkeiten wie Kleidung und Stil muss alles sitzen. All dies zusammen bestimmt darüber, wie man auf andere wirkt und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
Beim Duell Köppel/Wermuth konnte Wermuth punkten, weil er sich nicht den Spielregeln von Alphatier Köppel unterwarf und diesen so in Rage brachte. Rhetorisch geschickt wiederholte Wermuth seine Kernbotschaft, wandte sich beim Reden vor allem an Moderator Gilli, ging auf Köppels Gegenargumente kaum ein, sondern kanzelte ihn höchstens mit spöttischen Einwürfen ab. Wermuths Qualitäten, so Stöhlker, zeigten sich aber vor allem auch im grösseren politischen Zusammenhang. Laut Stöhlker kommt er auch deshalb so gut an, weil er Frische in das erstickende SP-Parteiklima bringe. Wermuth habe sich als Kämpfer mit einem guten Gespür für die richtige Story erwiesen. «Ein riesiges politisches Talent.»






Verpackung statt Inhalt






Dass es in der Politik nicht so wichtig ist, was man sagt, sondern vor allem, wie man es sagt, wussten schon die alten Griechen. Und so erfanden sie zum Staatswesen auch gleich noch die Rhetorik, welche zur politischen Meinungsbildung und vor allem dazu dienen sollte, die andern von der eigenen Meinung zu überzeugen. Die Kunst der Beredsamkeit hat seither nicht an Bedeutung verloren – im Gegenteil. In der Informationsgesellschaft entscheiden nach wie vor die rhetorischen Fähigkeiten darüber, ob ein Politiker es weit bringt oder im Mittelmass versumpft. Schliesslich geht es in der Politik ja nicht in erster Linie darum, was man sagt, sondern vor allem, wie man es sagt.
Rhetorik und Ausstrahlung sind heute auch deshalb so wichtig, weil Politik vornehmlich medial vermittelt wird und die Medien heute weder Zeit noch Raum bieten, komplexe Sachverhalte auszuführen. Es geht also vor allem darum, zu überzeugen, gut rüberzukommen, das richtige Gefühl zu vermitteln. Studien hätten ergeben, so Stöhlker, dass Zuschauer nach einer Fernsehdebatte kaum mehr wüssten, wer was gesagt habe. Sie könnten nur noch darüber Auskunft geben, wer besser auf sie gewirkt habe. Ausstrahlung ist alles, wobei sich Politiker darüber klar sein müssten, was sie verkörpern wollten, und dann alles daran setzen, das auch so rüberzubringen.




Mut zum Ego




Daher auch die Tendenz zur Personifizierung der Politik auf einzelne Köpfe. «Mut zum Ich», sagt Stöhlker, «hängt eng mit Rhetorik zusammen.» Denn in einer Zeit, da die Schweiz nicht mehr nur vom Röstigraben, sondern von zahlreichen Rissen durchzogen wird, verlangt das Publikum nach einem starken Ich, das diese Gräben überwinden kann. Die typisch schweizerische Rhetorik sei deshalb auch eine eher bodenständige Rhetorik. Und obschon es auch Ansätze zur grossen, intellektuellen, eleganten Rhetorik gebe, wie sie etwa Kurt Furgler pflegte und woran sich Pascal Couchepin vergeblich versucht habe, sei diese heute im Aussterben begriffen.
Das bedeutet nun aber nicht, dass Redner heute von Sachgeschäften nichts mehr verstehen und nur noch Phrasen dreschen müssen. Im Gegenteil. Nur wer über eine komplexe Materie Bescheid weiss, kann diese auch sinnvoll verkürzen. Wichtiger aber noch ist laut Stöhlker die innere Überzeugung. «Politik ist Mitreissen», sagt der Fachmann. Deshalb seien sich grosse Rhetoriker immer ihres Publikums bewusst, auch wenn sie mit einem Journalisten sprechen, richteten sie sich an die ganze Nation. Und auch Provokationen, wie sie Cédric Wermuth verkörpert, seien ein wichtiges politisches Instrument.
. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)



Kommentar: Für mich ist ein guter Rhetoriker, der bei den Adressaten überzeugt. Einer, der stur seine Behauptungen herunterleiert, nicht zuhören will und  das Gegenüber nur provozieren will und schadenfreudig abzukanzeln versteht, der ist alles andere als glaubwürdig. Ein guter Kommunikator kann übrigens auch seine Argumente  verständlich und glaubwürdig darlegen. Leider ist Beides wichtig: Das WIE und das WAS! Shows werden auch von Laien erkannt. Ein Rhetoriker kann zwar mit Tricks, Kniffs -mit theaterzentriertem Verhalten vorübergehend Punkte holen. Doch habe ich im Alltag immer wieder erlebt: Jene Personen überzeugen, die auch das glauben, was sie sagen. Unabhängig von der politischen Botschaft ist Wermuth eine Paradebeispiel von einer Persönlichkeit, die nicht überzeugt.  Letztlich zählt immer die Marke PERSOENLICHKEIT und nicht die Fähigkeit das Gegenüber fertig zu machen. Ausschlaggebend ist für mich die Ausstrahlung, die Wirkung und die Glaubwürdigkeit. Zuhören können und auf die Argumente des Gegenübers einzugehen ist nach meinem Dafürhalten keine Schwäche. Im Gegenteil! So wie Schlagfertigkeit nichts mit Schlagen oder mit "Fertigmachen" zu tun hat, geht es auch bei  echten Dialogen weder um Duelle noch um Egomanie.  
 
Uebrigens ist es nicht das erste Mal, dass uns Stöhlkers Ratschläge sauer aufgestossen sind.
2003 kommentierte ich in rheotrik.ch seine Tips


Ich zitiere aus meiner Analyse:

Es wurde in der Filmsequenz zudem erwähnt, dass der mediengewandte Berater in seinen Büchern fragwürdige Anregungen gegeben hatte, die gegen die Menschenwürde verstossen. Deshalb sei er aus dem Verband der schweizerischen PR Gesellschaft ausgeschlossen worden. Dies erklärte Mireille E. Saucy von der Public Relations Gesellschaft. Stöhlker soll früher Tips gegeben haben, die mit den Standesregeln der Schweizerischen PR Berater unvereinbar sind. So schrieb beispielsweise in einem seinen Bücher, dem "Wahlkampf von A bis Z in den 80 er Jahren":




"Darum vielleicht auch der Rat, Behinderte und Alte vor den Karren des Wahlkampfes zu spannen."


Vor zwei Jahren empfahl er in einem Serviceclub, in dem es um "die 48 Gesetze der Macht" ging, Tips die alles andere als dialogisch sind:

:

  • Lernen Sie Menschen von sich abhängig zu machen.
  • Geben Sie sich wie ein Freund - agieren Sie wie ein Spion.
  • Mimen Sie den Trottel, um die Aufmerksamkeit von Trotteln zu erringen.
  • Vernichten Sie ihren Feind.


Stöhlker wies im Interview darauf hin, das diese Zitate nicht von ihm, sondern von Reinhard Selten seien. Wir wiesen schon beim Borerskandal darauf hin, dass sich Botschafter Borer gemäss NZZ (17.3.89) ebenfalls von Klaus Stöhlker beraten liess. Stöhlkers Rat lautete damals:



"Liegt jedoch ein schwerer Angriff vor, ist diese Ursache entweder abzustreiten, auch dann wenn sie gegeben ist, oder kurz und sofort zu erwidern."


Nachdem sich Borer am Anfang seiner Krisensituation entsprechend diesem Rat verhalten hatte, fragten wir uns im damaligen Beitrag, ob er sich möglicherweise bei der ersten ungeschickten Antwort an den fragwürdigen Rat Stöhlkers erinnert haben mag?

**********

Was sich leider erst nach der Sendung bestätigt hatte: Das angebliche Zitat von Reinhard Selten ist unauffindbar. Stöhlker gelang es - dank einer  Behauptung, die vor Ort nicht überprüft werden konnte - den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.


EINIGE  KOMMENTARE ZU WERMUTHS TALENT:


Hans Lips

15:44 Uhr
Wermuth ist ein Rüppel, der anderen ins Wort fällt und andere sind eben anständig:Ein weiteres linkes Merkmal linker Debattierer ist der häufige Gebrauch ihrer Extremitäten, mit denen sie andern vor dem Gesicht herumschwadern.


Ivan Casale

15:33 Uhr
Ich will keinen Rhetoriker als Politiker. Wir haben ein Milizsystem. Ich wähle keinen staatsgefütterten Rhetoriker. Er soll das Bewährte verwahren und Gutes und Neues bringen - nicht mehr nicht weniger. Die Medien sollten mehr in ihre eigenen Fähigkeiten stecken als diese sich bei Politikern herbeizusehnen.

robert mueller

15:04 Uhr
Sie schreiben, Herr Wermuth sei für seine Rhetorik mit einem Auftritt bei Giacobbo/Müller " geehrt " worden. Diese sogenannte Ehre ist doch eher fragwürdig und hat keinen Stellenwert....

Albert Stachel

15:04 Uhr
Für mich ist Roger Köppel der beste Rhetoriker, auch wenn ich seine politische Standpunkte nicht vertrete. Noch nie habe ich von ihm eine schlechte Argumentation zu Ohren bekommen.


Stefan Bosshard

14:48 Uhr
Es ist leider tatsächlich so, dass es wichtiger ist, wie man etwas sagt als was man sagt. Denn wäre der Inhalt einer Botschaft das entscheidende Kriterium, würde Herr Wermuth am Schluss der Rangliste landen. Bei ihm habe ich immer den Eindruck, dass er viel redet ohne dabei etwas zu sagen.

Selbstverständlich gab es auch Echos, die Stöhlkers Meinung bestätigten.


Der erste Schnee (bis 600 Meter)!


Hallo Winter!: Schnee bis auf 600 Meter 


Im Zürcher Oberland hat es bis auf 450 Meter hat es am Dienstag hinuntergeschneit. Auf den Autobahnen kam es zu Behinderungen.



teaser image  Nass und kalt: In der Schweiz fiel in gewissen Regionen Schnee bis in tiefe Lagen.


Photo: TAGI
Bundesräte als Statisten


Wenn Bundesräte die Bühne suchen, statt zu regieren, dürfen wir Fragezeichen setzen.  Wenn jedoch Moritz Leuenberger nach seinem Rücktritt einen Bühnenauftritt sucht , ist  nichts einzuwenden. Das ist seine Sache.  Es kann auch nachvollzogen werden, dass ein ehemaliger Bundesrat  - hinsichtlich öffentlicher Auftritte -Entzugserscheinungen hat.


Ich zitiere 20 Min:






Bei der Premiere der Oper «Wilhelm Tell» im Zürcher Opernhaus spazierte alt Bundesrat Leuenberger über die Bühne. Der überraschende Auftritt wird unterschiedlich beurteilt.


Erstaunt verfolgte das Publikum letzten Samstagabend das Geschehen auf der Bühne des Opernhauses Zürich. Während der Ouvertüre zu Rossinis «Wilhelm Tell» hatte Moritz Leuenberger einen Auftritt als Statist: Er schob ein Militärvelo über die Bühne und setzte sich dann auf eine Bank, wie das Schweizer Online-Opernmagazin «Im Scheinwerfer» schreibt. Dieser Gastauftritt kam nicht bei allen Besuchern gut an, wie die Gesellschaftsreporterin Hildegard Schwaninger gestern im «Tages-Anzeiger» vermeldete. Sie berichtet von empörten Pausengesprächen des Publikums, «das traditionsgemäss ja eher aus Vermögenden und Schönen als aus SP-Wählern ­besteht». Der Auftritt des alt Bundesrates, der an Fluglärm und andere Ärgernisse erinnere, habe die Ouverture gehörig vermasselt....


Ende Zitat



Kommentar: Ich habe den Auftritt nicht gesehen. Leuenberger Wilhelm Tell und ein Miliärvelo haben nicht viel gemeinsam.
Ich gehe davon aus, dass der Regisseur die Irritation beabsichtigt hatte. Vielleicht wollte er den Bezug Leuenberger - Militär - Wilhelm Tell als Anregung zum Reflektieren einstreuen.
Ich verzichte auf eine Interpretation des irritierenden Einschubes auf der Opernbühne. Dies überlasse ich den Lesern.