Quo vadis SRG?
Von Marcus Knill
Mit Roger de Weck ist kein Superdirektor gewählt worden, dafür wird ein sachbezogener intellektueller Medienmann das Szepter bei der SRG übernehmen. Eine Persönlichkeit, die sich eindeutig und unmissverständlich positioniert hatte und dadurch zwangsläufig polarisiert. Eigentlich müssten wir froh sein, dass sich der neue Chef des grössten elektronischen Unternehmens präzise ausdrückt und nicht so schwammig formuliert, wie zahlreiche Weichspülpolitiker.
Auch der Medienspiegel bestätigt nach der überraschenden Wahl, dass der Zeitungsjournalist alter Schule die öffentliche Meinung spaltet. Dem neuen Generaldirektor attestieren zwar alle, er sei intelligent, angesehen und rhetorisch brillant. Dennoch befürchtete die Rechte ein rotes Staatsfernsehen, dass Führung der elektronischen Medien nun in europafreundliche linke Hände geraten werde. CVP, SP und Grüne sind über die Wahl begeistert. Den ersten Medienechos entnehme ich folgende Fragen:
- Wird der neuen SRG Chef mehr Geld einfordern oder wird er eher sparen?
- Bockt er – wie einst bei der Tagi Sparübung – falls unpopuläre Entscheide anstehen?
- Wie meistert ein Vollblutjournalist und unerfahrener Manager den trockenen Verwaltungsjob?
- Kann der neue Medienkapitän tatsächlich Qualität und Quote unter einen Hut bringen?
Dem Zweifel an seinen Führungkompetenzen begegnet de Weck mit konkreten Beispielen, die belegen, dass er früher bereits geführt hat.
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Publiziert am 22.05.2010
«Zuerst denken, dann reden»,heisst sein Rezept
Mit Roger de Weck ist kein Superdirektor gewählt worden, dafür wird ein intellektueller Medienmann das Zepter bei der SRG übernehmen. Eine Persönlichkeit, die sich eindeutig und unmissverständlich positioniert hatte und dadurch zwangsläufig polarisiert.
Von Marcus Knill
Der Medienspiegel bestätigt nach der überraschenden Wahl, dass der Zeitungsjournalist alter Schule die öffentliche Meinung spaltet. Dem neuen Generaldirektor attestieren zwar alle, er sei intelligent, angesehen und rhetorisch brillant. Dennoch befürchtet die Rechte ein rotes Staatsfernsehen, dass die Führung der elektronischen Medien nun in europafreundliche linke Hände geraten werde. CVP, SP und Grüne sind von der Wahl begeistert. Den ersten Medienechos entnehme ich folgende Fragen:
– Wird der neue SRG-Chef mehr Geld einfordern, oder wird er eher sparen? – Bockt er – wie einst bei der Tagi- Sparübung –, falls unpopuläre Entscheide anstehen? – Wie meistert ein Vollblutjournalist und unerfahrener Manager den trockenen Verwaltungsjob? – Kann der neue Medienkapitän tatsächlich Qualität und Quote unter einen Hut bringen? Dem Zweifel an seinen Führungskompetenzen begegnet Roger de Weck mit konkreten Beispielen, die belegen, dass er früher bereits geführt hat. Den Bedenken der Kritiker, mit der Wahl des europafreundlichen, linken SRG-Chefs könnte es zu einem roten Staatsfernsehen kommen, nahm Denker de Weck den Wind aus den Segeln, indem er auf den SRG-Programmauftrag hinwies, dem er verpflichtet sei. Zu den laufenden Sparprozessen wollte sich de Weck nicht äussern, bevor er sich nicht eingearbeitet habe. In keinem Interview liess er sich aufs Glatteis führen. Es gelang in keinem Gespräch, den bedachten Analytiker zu einer unbedachten Bemerkung hinzureissen. Bei heiklen Fragen wies er darauf hin, dass er sich zuerst ein Bild von einer Sendung machen müsse und alle Fakten zu berücksichtigen habe, bevor er urteile. Seinem Hinweis, es gehe ihm um eine VerSACHlichung der Diskussion, entnehme ich, dass es dem parteilosen liberalen Denker tatsächlich um die SACHE geht. SACHpolitik scheint ihm wichtiger zu sein als Parteipolitik. Bei der Quotenfrage stelle ich fest, dass der neue Generaldirektor ein Mann des «Sowohl-als-auch» und nicht des «Entweder-oder» ist. Er will beides unter einen Hut bringen: Qualität und Quote. Ob dies gelingen wird? Angesprochen auf die enge «Du-Beziehung» zu vielen Verlegern, kehrt de Weck diesen verstecken Vorwurf ins Positive: In der globalisierten Medienwelt sei es ein Vorteil, den Verlegern nahezustehen. Man könne es sich nicht mehr leisten, sich zu bekämpfen. Fazit: De Wecks Antworten überzeugen mich, weil jedes Wort sitzt, weil er das Dialogische, das Vermittelnde betont und sich auf den SACHbezogenen Auftrag bezieht, dem er verpflichtet sei. Ich bin sicher, dass unter der neuen Führung der SRG die Medienfragen verSACHlicht werden. Rhetorisch überzeugte mich de Weck immer als scharfer Denker und Analytiker. Nun muss er sich nur noch als sachbezogener Manager bewähren. De Wecks These: «Zuerst arbeiten und dann reden» wird ihm bei der neuen Tätigkeit ebenso hilfreich sein, wie sein bisheriges Kommunikationsprinzip: «Zuerst denken, dann reden!»
Marcus Knill ist Medienpädagoge und Kommunikationsberater (www.knill.com). Er wohnt in Uhwiesen.
Nachtrag aus BLICK:
Provokateur de Weck und die SVP
Die SVP wird die "Kröte" kaum schlucken. Sie glaubt nicht, dass jemand die Gesinnung so rasch ändern kann:
Exakt 210 Kolumnen in der «SonntagsZeitung» hat Roger de Weck in den letzten vier Jahren verfasst – auch aus den Ferien versorgte er die Redaktion in Zürich pünktlich mit Manuskripten. In 50 Texten taucht de Wecks Lieblingsgegner auf: die Schweizerische Volkspartei (SVP). Niemanden hat der neue SRG-Generaldirektor lustvoller und schärfer angegriffen als die Truppe von Blocher, Brunner, Maurer & Co. Fast immer, wenn sie in de Wecks Kolumne vorkommt, hagelt es Watschen: Die SVP macht «Ränkespiele», sie «trickst» und «täuscht das Volk». Ihre Anliegen sind «besonders töricht» (Minarett), ihre Politik «giftige Propaganda» oder «islamophob». Ihr Chef «zeuselt», «strickt an Märchen» und «vergiftet die Debatte». Toni Brunner und seinen Leuten attestiert de Weck auch schon mal «autoritäre Engstirnigkeit». Besonders scharf schoss der kommende SRG-Generaldirektor gegen Ueli Maurer als Bundesratskandidaten. Der habe «eidgenössische Grundwerte beschädigt», «Rücksichtslosigkeit zur Methode erhoben» und bediene sich gelegentlich eines Vokabulars, mit dem auch die Nazis die gemässigten Kräfte in der Weimarer Republik diskreditierten. Maurer, heute Wehrminister, wolle eine «Armee aus Grossvaters Zeiten». Mit der SVP, befand der Freiburger Aristokrat, lasse sich die Verteidigung nicht erneuern. Selbstredend sprach sich de Weck deutlich für die Abwahl Blochers aus. «Der Mann wurde gewählt, doch die SVP ist nach wie vor in der hochprozentigen Opposition», analysierte er am 23. September 2009. Vielen Freisinnigen und Christdemokraten fehle aber der Mut, «den Populisten» abzuwählen. Diese Kolumne beendete er – in einer Anspielung auf Blochers Amtseid – mit einer neckischen Formel: «Auf dass uns Gott helfe» – gemeint war, Blocher aus dem Amt zu jagen. Gott hat anscheinend geholfen. Blocher ist weg, und de Weck sitzt auf dem mächtigsten Medienposten im Land. Dort aber holt ihn jetzt möglicherweise seine Vergangenheit ein: Mit der Frontstellung, die de Weck in den letzten Jahren gegen die SVP aufgebaut hat, hat die SRG eine grosse politische Hypothek auf sich genommen. SVP-Präsident Toni Brunner (35): «Mit der Wahl von de Weck geht die SRG auf Konfrontation mit unserer Partei. Der Staatssender versucht, uns mit diesem politischen Entscheid fernzuhalten.» Nächste Woche bekommt der neue SRG-Chef Post von der SVP. Die Parteiführung will de Weck noch vor seinem Amtsantritt am 1. Januar 2011 zu einer Aussprache treffen. Doch die Skepsis ist gross: «De Weck hat sich in der Vergangenheit schonungslos auf die SVP eingeschossen. Ich bezweifle, dass er als oberster publizistischer Verantwortlicher der SRG mit seiner politischen Haltung jetzt plötzlich zurückhalten kann.» Immerhin: Ein einziges Mal fand de Weck gute Worte für einen SVP-Mann. Das war am 17. Juni 2007. Die Blumen waren für Hans Peter Ruprecht bestimmt, damals Präsident des Thurgauer Regierungsrats. Der Ostschweizer Wertkonservative empfehle ein guteidgenössisches Masshalten im Steuerwettwerb, den die Rechte im Land sonst skrupellos anheize.
Aus 20 min:
Hatte Leuenberger die Hände im Spiel?
Wurden die Bedingungen des Jobprofils während der Evaluation geändert?
Vieles deute darauf hin(schreibt 20 Min), dass Bundesrat Moritz Leuenberger die Wahl Roger de Wecks an die SRG-Spitze gesteuert hat, berichtet die «SonntagsZeitung» in ihrer neuesten Ausgabe. Dies obwohl der Verwaltungsrat der SRG alleine für die Wahl zuständig ist. So habe sich Bundesrat Leuenberger mit De Weck im Zürcher Restaurant Schiffsbau getroffen. Danach habe er den später unterlegenen Publigroupe-Chef Hans-Peter Rohner anders als ursprünglich abgemacht gar nicht mehr treffen wollen. «Jetzt kommts gut», soll Leuenberger laut «SonntagsZeitung» in dieser Zeit verbreitet haben.
Moritz Leuenberger soll entscheidenden Anteil an der Wahl ... ... Roger de Wecks zum neuen SRG-Direktor gehabt haben. (Bilder: Keystone)Damals wurde auch das Anforderungsprofil an den künftigen SRG-Direktor geändert. Zunächst suchte der Verwaltungsrat einen klassischen Manager, «eine führungsstarke Persönlichkeit mit breit abgestützter betriebswirtschaftlicher Fachkompetenz». Anfang Mai kam dann die Korrektur. Der Verwaltungsrat änderte auf Initiative des vierköpfigen Findungsausschusses und nach interner Diskussion das Profil. «Wir haben eine gewisse Akzentverschiebung vorgenommen, die publizistische Komponente wurde im Vergleich zur Ausschreibung höher gewichtet», bestätigt Ausschussmitglied Viktor Baumeler gegenüber der «SonntagsZeitung». Jetzt wurde statt eines Managers ein Publizist gesucht.
Giezendanner will Antworten
Leuenberger dementiert eine direkte Einmischung. Der Medienminister und de Weck seien gute Bekannte und würden sich «zufällig immer wieder» treffen, sagte Sprecher Daniel Bach gegenüber der «SonntagsZeitung». Auch SRG-Präsident Jean-Bernard Münch beharrt: «Bundesrat Leuenberger wurde ins Verfahren weder direkt noch indirekt einbezogen.»
Ob das Treffen Zufall war oder nicht, es gibt Nationalrat Ulrich Giezendanner, der sich für einen bürgerlich gesinnten SRG-Direktor einsetzte, neue Munition. Er verlangt nun gemäss «SonntagsZeitung», dass Leuenberger seine Beziehung zu de Weck und die Gründe für das Treffen vor der Wahl offenlegt.
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