Montag, 10. August 2009

Eiertänzer Pelli:

Geschicktes Lavieren oder schädliches Verwirrspiel?

Die FDP hat die Oeffentlichkeit immer wieder überrascht mit vagen Zielsetzungen und unklaren Kernbotschaften. Fulvio Pelli setzt die Verwirrspiele der FDP fort.

Ueber eine allfällige Kandidatur hielt er sich lange bedeckt. Er sagte nie eindeutig, ab wann er sich endgültig entscheidet.

Die FDP Tessin liess verlauten, dass sie Pelli nicht nominieren werde.

Dann war zu erfahren, dass der FDP Parteipräsident als Kandidat doch zur Verfügung stehe, wenn die von der Bundeshausfraktion beantragt würde.

In einem Interview bestätigte er, dass er dann doch zur Verfügung stehe, wenn er nominiert würde.

Weshalb dieses Verwirrspiel? Warum so kompliziert?

Kommentar: Fulvio Pelli ist in Verlegenheit. Als Parteipräsident muss er als Stratege die Nachfolge des zurücktretenden FDP Bundesrates sichern. So müsste er sich unter Umständen bei entsprechender Konstellation zur Verfügung stellen. Denn bei der FDP ist er ein valabler Kandidat und könnte unter Umständen den Sitz retten. Damit könnte sich für ihn das Taktieren letztlich doch noch auszahlen. Pelli hat bestimmt auch noch persönliche Interessen und möchte sich den Aufstieg nicht verbauen. Auf der anderen Seite schadet ihm das Taktieren nicht nur bei den Parlamentariern, weil man keinen halbherzigen, unschlüssigen Bundesrat wünscht. Man will keine Zögerer, keine Zauderer.

Auf die Frage, ob Pelli den Entscheid vom CVP Kandidat abhängig machen wolle, antwortete er wortwörtlich:

"Ich würde NEIN antworten."

Diese Antwort mit dem Konjunktiv "würde" macht uns bewusst, dass Pelli auch unklar und vage kommuniziert.

Ich vermisse bei ihm die Eindeutigkeit. Für seine Wahl sehe ich schwarz. Die Echos in den Medien ist schecht!

Ich zitiere Blick:

Bundesrat Puff um Pellis Kandidatur!

Die Tessiner FDP schickt Fulvio Pelli ins Rennen um den Sitz von Bundesrat Pascal Couchepin. Oder doch nicht? Die Partei macht ein «Gschtürm». Denn sie schlägt Pelli zwar vor, nominiert ihn aber nicht.

Polit-Posse

Kommentar von Marcel Zulauf, stv. Chefredaktor blick.ch Kandidiert er? Kandidiert er nicht? Das Puff um Fulvio Pellis Kandidatur passt zum Eindruck, den die FDP immer wieder hinterlässt: Den einer Partei ohne Plan und Strategie. Eigentlich hat FDP-Präsident Pelli mehrmals unmissverständlich klar gemacht: Ich will nicht in den Bundesrat, ich will der Partei bis zu den nächsten Wahlen vorstehen. Nun «beugt er sich dem Entscheid der Fraktion», sagt er nach der inoffiziellen Nomination seiner Tessiner Kollegen. Bis die FDP weiss, was sie will, wird sie vielleicht von Mitte-Links überholt. Denn am 16. September muss die Bundesversammlung nicht zwingend einen Parteikollegen Couchepins wählen. Sondern einen Kandidaten, der das Amt mit Überzeugung übernehmen will.

Blick:

Bundesrats-Wahl Pellis Hin und Her: Reicht das für den Bundesrat?

11.08.2009

ZÜRICH – Das Hin und Her um die Bundesrats-Kandidatur von Fulvio Pelli gibt zu reden. Polit-Experten sind sich einig: Führungsqualitäten, wie sie ein Bundesrat zeigen muss, hat Pelli nicht bewiesen.

Laviert er sich doch noch in den Bundesrat? FDP-Chef Fulvio Pelli. (Keystone)

Üblicherweise ziert man sich, gibt aber diskret zu erkennen, dass man die Wahl annehmen würde. Und manchmal wird man sogar Bundesrat und hatte das gar nicht im Sinn: Wir erinnern uns an Otto Stich, 1983, und Eveline Widmer-Schlumpf, 2007.

Aber was FDP-Parteipräsident Fulvio Pelli in Sachen Bundesratskandidatur bisher geboten hat, löst Kopfschütteln aus. Wie ein Mantra hatte er seit dem Rücktritt von Parteikollege Pascal Couchepin verkündet, er wolle nicht Bundesrat werden. Gestern nun hat ihn seine Tessiner Kantonalpartei doch noch vorgeschlagen. Eine offizielle Kandidatur ist das aber immer noch nicht. Jetzt sagt Pelli nur, wenn die Fraktion ihn wolle, dann würde er kandidieren. Bis Ende August heisst das also: Warten auf Pelli.

Wie passt dieses Lavieren zu den Anforderungen an einen Bundesrat? Zeigt Pelli damit die Führungsqualitäten, die in der Finanz- und UBS-Krise gefordert sind Nein, sagenPolit-Experten.

«Pelli bewegt sich zwischen Taktieren und Lavieren», meint HSG-Politologe Silvano Möckli gegenüber Blick.ch. Als ob er Angst vor einer Nichtwahl hätte. «Aber als Bundesratskandidat sollte man auch in schwierigen Situationen klar Position beziehen.» Pelli mache daher einen zwiespältigen Eindruck. Ausserdem sollten für alle dieselben Regeln gelten. Gestern lief die Frist für FDP-Kandidaten ab. «Alle haben sich daran gehalten. Nur Pelli nicht.»

Pelli mache sich mit seinen Widersprüchen unglaubwürdig. Das moniert sogar eine FDP-Parteikollegin, die nicht genannt werden will. Früher habe Pelli für einen Generationenwechsel im Bundesrat plädiert. Jetzt zeige er aber doch Ambitionen: «Das könnte man ihm jetzt vorwerfen.» Ausserdem sei es nicht überzeugend, dass Pelli die Verantwortung für seine Kandidatur jetzt der Fraktion zuschiebe.

Skeptisch ist auch Bastien Girod, junger Zürcher Nationalrat der Grünen. Er sieht im Bundesrat nur Verwalter und ratlose Akteure. Keine klare Linie. Nach den jüngsten Manövern der FDP befürchtet Girod: «Daran wird auch Pelli nichts ändern.»

Nachtrag Tagi:

FDP-Vizepräsidentin: «Wir brauchen Pelli nicht»

Die Bundesratskandidatur von FDP-Chef Pelli sorgt in der Partei für Ärger: Die Partei habe genügend gute Kandidaten. Pelli zeigt kein Verständnis für die Kritik

Egerszegi: Pelli ist zu alt

Auch die Aargauer FDP-Ständerätin Christine Egerszegi ist nicht einverstanden mit dem Weg, den Pelli eingeschlagen hat. «Stellen Sie sich vor, Pelli wäre eine Frau. Dann würde man ihn als wankelmütig bezeichnen», sagt die Ständerätin. Sie ziehe es vor, wenn Leute mit offenen Karten spielen. Schliesslich wisse man, dass Pelli Bundesrat werden wolle.

Der Tessiner war 2003 bereits einmal offizieller Bundesratskandidat, als es um die Nachfolge von Kaspar Villiger ging. Er scheiterte aber bereits an der Fraktion. Nun hält ihn Egerszegi für zu alt. «Er ist 58, und er selber hat gesagt, er wolle, dass sich der Bundesrat verjünge.» Wie Moret findet auch Egerszegi, dass sich zumindest zwei der offiziellen Kandidaten gut als Bundesräte eignen: Pascal Broulis und Didier Burkhalter.

«Ich laviere nicht, meine Botschaft ist klar»

Pelli selbst hält nichts von der internen Kritik:

«Ich laviere nicht, meine Botschaft ist klar. Die Fraktion ist frei, ob sie mich nominieren will oder nicht.»

Kommentar: Parteipräsident Pelli hätte eine Nachhilfestunde in Medienrhetorik nötig. Er macht den klassischen Fehler, dass er in seiner Replik den Vorwurf LAVIEREN wiederholt und zusätzlich festigt. Wenn einem Lehrer vorgeworfen wird, er sei Ferientechniker, so dürfte er diese Anschuldigung auch nicht wiederholten. Der Lehrer müsste sagen:

"Ueberhaupt nicht! Wussten Sie, dass ich während der letzten Sommerferien zwei Tage bei den Schweizerischen Lehrerfortbildungskursen in Frauenfeld intensiv gearbeitet habe?"

Wenn Pelli den Vorwurf wiederholt, wenngleich negierend: Ich LAVIERE nicht! So wird damit das Wort LAVIEREN wiederholt und zusätzlich gefestigt. Kommt dazu, dass nachgeweisen werden kann, dass Pelli tatsächlich LAVIERT und man bei ihm das LAVIEREN konkret nachweisen kann. (Zickzackkurs, Hin und her, Einmal: "Ich kandidiere", dann: "Ich kandiere doch, wenn.." usw.) ---> Siehe Pressespiegel

FAZIT:

Die Verwirrung und Irritationen rund um das Theater mit der Kandiatur Pellis kann nachgewiesen werden. Zu lange sagte Pelli zu wenige deutlich Nein. Jüngst liess er verlauten, er kandidiere nicht. Dann liess er die Medien doch wissen, er kandidiere, falls er von der FDP Fraktion vorgeschlagen werde. Eine Bundesratskandidatur halte er zwar nach wie vor nicht für notwendig. Wenn ihn die Fraktion vorschlage, werde er jedoch nicht Nein sagen.

Seine Formulierungen, wie bei dieser doppelten Verneinung sind so umständlich und irrtierend wie Pellis Verhalten. Statt "nicht Nein zu sagen", wäre auch die eindeutige Formulierung möglich gewesen: "Ich werde zusagen". In einem NZZ Interview wurde Pelli konkret gefragt:

Hand aufs Herz: Möchten Sie nun Bundesrat werden oder nicht? Pelli antwortet ebenfalls mit einer doppelten Verneinung:

"Es ist nicht so, dass ich nicht am Bundesratsamt interessiert wäre."

Flavio Pelli liebt den vagen Konjunktiv. Dazu noch ein Beispiel:

Auf die Frage, ob Pelli den Entscheid vom CVP Kandidat abhängig machen wolle, antwortete er im Fernsehen wortwörtlich: "Ich würde NEIN antworten." Diese Antwort mit dem Konjunktiv "würde" veranschaulicht, dass Pelli lieber unklar und vage kommuniziert als eindeutig.

Ich vermisste bei ihm bereits bei älteren Analysen - die Eindeutigkeit. Die Echos in den Medien waren denn auch entsprechend schlecht! Es ist zwar denkbar, dass Pellis Eiertanzverhalten am Schluss doch noch Erfolg hat. Politologin Regula Stämpfli sagte zu Pellis politischen Spielchen in 20 Minuten vom 11. August:

"Im Tollhaus des momentanen Bundeshauses scheint je länger je mehr nur noch solches Vorgehen auch erfolgreich zu sein. Peinlich, aber sehr politpraktisch." Diesen klaren Worten ist nichts zuzufügen.

Nachtrag Blick (Pressechos - Pelli scheinen die Felle davonzuschwimmen):

  • Die FDP: Fraktionschefin Gabi Huber sagte in der «NZZ am Sonntag»: «Mein persönlicher Wunsch ist, dass Fulvio Pelli Parteipräsident bleibt». Sie macht deutlich, dass die FDP unter den offiziellen Kandidaten Didier Burkhalter, Pascal Broulis, Martine Brunschwig Graf und Christian Lüscher Leute hat, die den Sitz erobern können.
  • Die SP: Vize-Fraktionschef Andy Tschümperlin sagte in der «Zentralschweiz am Sonntag», Pelli sei für viele SPler nicht wählbar. Weil aber die SP den FDP-Anspruch anerkenne, wäre Pellis Kandidatur «eine echte Gefahr für den zweiten FDP-Sitz». Will heissen, CVP-Kandidat Urs Schwaller würde erben.
  • Die SVP: Noch am Freitag sagte SVP-Vize Christoph Blocher in seinem Internet­sender: «Wir müssen mit Pelli leben». Aber in der SVP haben jetzt andere das Sagen. Nach der Parteileitungssitzung Ende Woche rapportierte Blocher: «Namhafte Vertreter unserer Partei sind der Ansicht, dass wir einen eigenen Kandidaten nominieren sollen», sagte Blocher dem SonntagsBlick. Im Vordergrund steht der Freiburger Jean-François Rime.
  • Die NZZ: Auch FDP-nahe Medien gehen auf Distanz. «Klug wäre, wenn die freisinnig-liberale Fraktion Pellis Bundesratsambitionen hintanstellen würde», schrieb die «NZZ». «Der Freisinn muss Pelli eine goldene Brücke zum Rückzug bauen», forderte «NZZ am Sonntag».
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